Ausgabe 07/2014: Leidenschaft fürs Auto

Lebenswege verlaufen nur selten planmäßig. Auch im Beruf sind die Zeiten geradliniger Laufbahnen vorbei: Kaum ein Arbeitnehmer verlässt heute noch den Betrieb in Richtung Ruhestand, in dem er seinen Werdegang als junger Mensch begann. Und dass sich Menschen beruflich noch einmal ganz neu orientieren und eine zweite Ausbildung oder ein weiteres Studium beginnen, ist ebenfalls keineswegs mehr ungewöhnlich. Erachtete man derartige Brüche im Lebenslauf vor noch gar nicht langer Zeit noch als Makel auf der weißen Bewerberweste, erkennen heute viele Unternehmen die Chancen, die sich hinter diesen Neuorientierungen oft verbergen.Auch das Solinger Autohaus Nouvertné, Vertragspartner der Marken Volkswagen, Audi, Seat und Skoda, zeigt sich mit Blick auf die Lebensläufe junger Menschen offen. Schon generell messen die Nordrhein-Westfalen der Ausbildung junger Menschen eine hohe Bedeutung bei. "Wir fahren seit jeher das Konzept, unsere Fachkräfte selbst auszubilden", erklärt Sebastian Schwarz, Assistent der Geschäftsführung bei Nouvertné. Mittlerweile sei das sogar quasi überlebenswichtig: "Der Fachkräftemangel geht auch an uns nicht vorbei." Kein Wunder, dass Nouvertné seinen in der Regel 25 bis 30 technischen und kaufmännischen Auszubildenden wenn möglich eine langfristige Perspektive bietet: "Wir haben eine sehr hohe Übernahmequote und mittlerweile in jeder Abteilung unserer beiden Standorte ehemalige Auszubildende." 2014 werden voraussichtlich drei der vier kaufmännischen Auszubildenden ein Jobangebot erhalten, die vierte wird das Unternehmen freiwillig verlassen, um im elterlichen Autohaus mitzuarbeiten.Neustart im AutohausBereits im letzten Jahr erhielt Skoda-Verkäufer Marius Thomas Klänhardt seinen festen Arbeitsvertrag nach der Ausbildung. Er ist mit einem Gesamtprüfungsergebnis von 98 Prozent nicht nur der beste von mehr als 1.700 frischgebackenen Automobilkaufleuten des Abschlussjahres 2013. Er bringt auch eine ganz individuelle Biografie mit: Klänhardt, heute 28 Jahre alt, startete seine Ausbildung nicht direkt nach Abitur und Zivildienst, sondern begann zunächst ein BWL-Studium an der Rheinischen Fachhochschule Köln.Zwar hatte Klänhardt schon direkt nach der Schule darüber nachgedacht, eine Ausbildung zu beginnen, überlegte es sich aber zunächst anders: "Ich hatte das Abi frisch in der Tasche und habe gedacht, jetzt schaust du dir das auf jeden Fall einmal an und schnupperst da rein." Dass das Studium so ganz und gar nicht sein Ding war, merkte er dann aber ziemlich schnell: "Für mich passte das alles nicht." Dazu kamen einige geschobene Klausuren und der Wunsch, Geld zu verdienen. Im dritten Semester zog er die Reißleine: "Da habe ich mich entschlossen, mir einen Ausbildungsplatz zu suchen." Dass es der kaufmännische Bereich werden sollte, stand für Klänhardt von vornherein fest, die Branche jedoch nicht: "Den Beruf des Automobilkaufmanns kannte ich zu dem Zeitpunkt nicht." Deshalb peilte Klänhardt zunächst eine Ausbildung als Industrie- oder Bankkaufmann an - bis er eine Stellenanzeige des Autohauses Nouvertné entdeckte, das Ausbildungsangebot zum Automobilkaufmann.Mehr oder weniger zufällig machte Klänhardt ein Hobby zum Beruf. Denn für Autos interessierte er sich schon immer. Nicht nur, dass er seinen Vater regelmäßig in die Werkstatt begleitete oder die neuesten Modelle inspizierte: "Ich habe schon als Kind meine Modellautos zum Gebrauchtwagenverkauf aufgestellt und mit Preisschildern beklebt." Für ihn ist diese Leidenschaft auch ein Grund für seinen erfolgreichen Abschluss: "Man strengt sich mehr an, wenn einen ein Thema interessiert und wenn einem dieses Thema auch liegt."Richtiger WegSo zeigt sich Klänhardt mit seiner Ausbildung sehr zufrieden: "Weil mein Betrieb die Ausbildung wirklich wichtig nimmt, weil wir Auszubildenden gefördert wurden und in allen Bereichen arbeiten konnten." Und zwar richtig arbeiten, wie Klänhardt betont: "Im Kundendienst richtiger Kundenkontakt, in der Buchhaltung richtige Buchungen, und in der Disposition richtige Bestellungen." In seinen fünf Wochen in der hauseigenen Autovermietung übernahm er unter anderem die Urlaubsvertretung des regulär verantwortlichen Mitarbeiters. Alle Bereiche kennenzulernen war für Klänhardt auch aus einem anderen Grund wichtig: "Man findet die Antwort auf die Frage: 'Ist das etwas für später oder nicht?'" So lernte er auch sein jetziges Tätigkeitsfeld, den Verkauf, bereits aktiv während der Ausbildung kennen.In der Berufsschule noch einmal die Schulbank drücken zu müssen, war für Marius Klänhardt zwar kein Problem, er sagt aber: "Eine Umstellung war es schon." Das abgebrochene Studium und auch sein im Klassenschnitt etwas höheres Alter brachten da aus seiner Sicht aber einige Vorteile mit sich. Weniger aus fachlicher Sicht - Klänhardt absolvierte sein Abitur schließlich an einem Wirtschaftsgymnasium und war mit den ökonomischen Zusammenhängen so auch schon vor dem Studium bestens vertraut -, sondern vielmehr mit Blick auf seine Einstellung: "Dass die Lehrer einen nicht ärgern, sondern nur die Relevanz des Stoffs für den Berufsweg verdeutlichen wollen, sehen jüngere Schüler oft nicht."Reifere BewerberGenau diese Reife bewegt Sebastian Schwarz dazu, immer wieder Studienabbrecher zu Vorstellungsgesprächen für Ausbildungsstellen einzuladen. Sie zeigten oftmals mehr Ernsthaftigkeit als Auszubildende, die direkt nach der Schule in den Beruf starten: "In der Berufsschule haben die Schüler den Ernst des Lebens oft noch nicht erkannt. Die Notwendigkeit, sich zu engagieren." Schwarz glaubt, dass jemand, der die schwierige Entscheidung eines Studienabbruchs trifft, anschließend weiß, was er wirklich tun möchte: "Ich habe fast immer die Erfahrung gemacht, dass jemand die Gründe für diesen Schritt reflektiert." Pauschalisieren möchte Schwarz aber auf keinen Fall: "Es kommt immer auf die Persönlichkeit des Einzelnen an."Bei Marius Klänhardt hat es auf jeden Fall gepasst. Er möchte jetzt zwar erst einmal weitere Verkaufserfahrung sammeln, hat mit der Zertifizierung zum Geprüften Automobilverkäufer Ende Februar aber zugleich den nächsten Schritt in seine berufliche Zukunft getan. Wohin es dann geht, wird die Zeit zeigen. "Auch wenn das viele denken: Die Ausbildung ist ja nicht nur darauf ausgelegt, Verkäufer zu werden", ist sich Klänhardt bewusst. Mit der Arbeit als Verkaufsberater sei das Ende der Fahnenstange keinesfalls erreicht.Kurzfassung1. Marius Thomas Klänhardt, Skoda-Verkäufer im Solinger Autohaus Nouvertné, ist der beste Automobilkaufmann 2013.2. Klänhardt studierte nach dem Abitur zunächst drei Semester BWL. Mit der Ausbildung machte er sein Hobby zum Beruf.3. Für das Autohaus Nouvertné bringen Studienabbrecher den Vorteil mit, dass sie sich bereits genaue Gedanken über ihre berufliche Zukunft gemacht haben.Automobilkaufmann/-frau. Ausbildungsdauer: Drei Jahre. Zu vermittelnde Fertigkeiten und Kenntnisse:- Ausbildungsbetrieb- Arbeitsorganisation, Information und Kommunikation- Kaufmännische Steuerung und Kontrolle- Markt und Vertrieb- Finanzdienstleistungen- Serviceleistungen- Betriebsspezifische Dienstleistungen

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