Abtretungsverbot: Kaum bemerkt - aber wichtig

Alle reden über die natürlich wichtigen Änderungen seit 01.01.2022 im Gewährleistungsrecht. Es gab jedoch bereits zuvor im Vertragsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) - zu wenig beachtete - Änderungen, dies unter anderem eben betreffend die Möglichkeit des Verbots von Abtretungen. Das BGB lässt es grundsätzlich zu, Rechte (Forderungen) aus einem Vertrag auf jemand anderen zu übertragen, sprich: abzutreten, § 398 BGB. Beim Kfz-Handel hat der Händler jedoch regelmäßig ein Interesse daran, einen Kaufvertrag ausschließlich mit seinem Kunden abzuwickeln. Würde beispielsweise das Recht auf Lieferung (nebst Zahlungspflicht) auf jemand anderen übertragen, könnte das nicht nur den Abrechnungsverkehr durcheinanderbringen, sondern dem Händler würde dann quasi plötzlich ein neuer, ihm unbekannter "Kunde" aufgezwungen werden, dessen insbesondere Bonität er nicht prüfen konnte. Auch könnte z. B., wenn ein seltenes Fahrzeug an einen "Promi" verkauft wurde, durch Abtretung des Rechts auf Auslieferung ein vom Händler mit der "feierlichen Übergabe" für sich geplanter Werbeeffekt vereitelt oder generell durch pfiffige Kunden quasi ein "ungewollter Handel" mit Verträgen über schwer zu beschaffende Fahrzeuge ermöglicht werden. Ferner könnte ein Kunde, wenn er das Fahrzeug noch innerhalb der Gewährleistungsfrist weiterverkauft, auch seine eventuellen Sachmängelhaftungsansprüche gegenüber dem Händler an seinen Abkäufer abtreten. Entgegen einer häufig anzutreffenden Fehlvorstellung ist es nämlich so, dass beim Weiterverkauf eines Fahrzeugs eventuelle Sachmängelhaftungsansprüche nicht automatisch auf den Käufer übergehen. Grundsätzlich muss dieser Käufer sich also mit seinen eigenen kaufrechtlichen Sachmängelhaftungsansprüchen direkt an seinen (sei es auch privaten) Verkäufer wenden. Der kann als ursprünglicher Kunde des Händlers dann die entsprechenden Rechte aus seinem seinerzeitigen Kaufvertrag mit dem Händler gegen diesen geltend machen. Für manche erstaunlich bleibt also grundsätzlich der ursprüngliche Kunde des Händlers im Besitz eventueller Sachmängelhaftungsrechte, auch wenn er das Auto weiterverkauft und das Eigentum daran auf jemand anderen übertragen hat. Er benötigt diese Rechte dann ja eben, wenn gegebenenfalls sein Abkäufer aus dem Kaufvertrag mit ihm Sachmängelhaftungsrechte gegen ihn geltend macht, für den Rückgriff auf den Händler. Auch im Gewährleistungsfall hat es also der Händler grundsätzlich weiterhin mit seinem ursprünglichen Kunden zu tun, wenn dieser das Fahrzeug innerhalb der Gewährleistungsfrist weiterverkauft und übereignet hat. Ansonsten müssten im Rahmen des Weiterverkaufs zusätzlich auch die eventuellen Sachmängelhaftungsansprüche auf den Abkäufer übertragen, also abgetreten, werden. Nur dann hat es der Händler im Gewährleistungsfall mit einem Fremden und nicht seinem ursprünglichen Kunden zu tun, was, wie dargelegt, regelmäßig nicht in seinem Interesse liegt. Bisherige Rechtspraxis Aus diesem Grunde haben die bisherigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im Autohandel sowohl im Neuwagen- als auch im Gebrauchtwagenbereich üblicherweise sogenannte "abgeschwächte" Abtretungsverbote - nämlich mit Zustimmungsvorbehalt - vorgesehen, nach dem Motto, dass Übertragungen von Rechten und Pflichten des Käufers aus dem Kaufvertrag der schriftlichen Zustimmung des Verkäufers bedürfen. Die Rechtsprechung hatte solche Abtretungsverbote toleriert und die Grenze nur da gezogen, wo Händler entgegen dem Grundsatz von "Treu und Glauben" im Einzelfall wirklich rechtsmissbräuchlich die Zustimmung zu einer Abtretung verweigerten, was dann allerdings der Kunde zu beweisen hatte. Das waren z. B. Fälle, in denen der Käufer bei längeren Lieferfristen erkrankte und fahruntauglich wurde oder seine finanziellen Verhältnisse sich dramatisch verschlechterten. Neue Rechtslage Gemäß dem bereits zum 01.10.2021 neu gefassten § 308 Nr. 9 BGB ist es nunmehr dem Händler - allerdings nur wenn sein Kunde Verbraucher ist - verwehrt, in seinen AGB die Abtretbarkeit von auf Geld gerichteten Ansprüchen des Vertragspartners auszuschließen. Dies gilt zusätzlich auch für die Abtretung anderer Rechte des Verbraucherkunden gegen den Händler, hier allerdings mit der Einschränkung, dass beim Händler kein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss bestehen darf oder zumindest berechtigte Belange des Kunden an der Abtretbarkeit dieses schützenswerte Interesse des Händlers überwiegen müssen. Für Unternehmerkunden hingegen bleibt alles beim Alten, das bedeutet, dass ein Abtretungsverbot weiterhin nicht nur per Individualvereinbarung, sondern auch per AGB erfolgen darf. Was ist zu tun? Zum einen natürlich wie immer: Aktuelle Formulare benutzen! Beispielsweise sind die Neu- und Gebrauchtwagenverkaufsbedingungen nach der Empfehlung des VDA, VDIK und ZDK im Stand 01/22 an die aktuelle Rechtslage angepasst, indem sie zwar grundsätzlich nach wie vor die Zustimmungspflichtigkeit der Übertragung von Rechten und Pflichten des Käufers aus dem Kaufvertrag postulieren, was ja gegenüber Unternehmerkunden uneingeschränkt auch per AGB möglich ist. Es folgen dann allerdings die vorgenannten Einschränkungen gegenüber Verbraucherkunden, wozu mehr oder weniger der Gesetzeswortlaut der entsprechenden Neufassung zitiert wird. Wichtig ist natürlich, dass ein Zustimmungsvorbehalt zur Abtretung vertraglicher Rechte auch gegenüber Verbrauchern grundsätzlich uneingeschränkt zulässig ist, wenn er individualvertraglich und nicht per AGB vereinbart wird. Wenn also einmal ein Anlass für den Händler im Einzelfall gegeben ist, sollte diese Möglichkeit genutzt werden. Grenze wäre dann eben nur die Frage von "Treu und Glauben", wie eingangs im Rahmen der Darstellung der früheren Rechtslage geschildert. Fazit Die Rechtspraxis der Verträge mit Verbrauchern sieht also aktuell weitestgehend so aus, dass die Kunden ihre Rechte aus dem Kaufvertrag frei weiterübertragen können. Wichtig zu wissen ist daher, dass man dann zum einen zwar mit dem "aufgenötigten" Anspruchsteller zu kooperieren hat, zum anderen jedoch der ursprüngliche Kunde auch nicht mehr Rechte auf diesen übertragen konnte, als er selbst hatte. So wird beispielsweise bei der Frage, inwieweit der Händler im Sachmängelhaftungsfall auch die Transportkosten zur Verbringung des mangelhaften Fahrzeugs zu ihm zwecks Prüfung und Mangelbeseitigung zu zahlen hat (und aktuell gesetzlich geregelt sogar einen entsprechenden Transportkostenvorschuss) danach zu bewerten sein, wo sich das Fahrzeug gemäß dem Kaufvertrag mit dem ursprünglichen Kunden vertraglich aufhalten sollte und nicht etwa, wo der Abtretungsempfänger seinen Sitz hat. Zudem kann natürlich der Händler sämtliche Einwendungen gegenüber dem ursprünglichen Kunden auch dem Abtretungsempfänger gegenüber geltend machen, § 404 BGB. . Gut zu Wissen "Will der Händler bei Kaufverträgen mit Verbrauchern sicherstellen, dass er es bei der gesamten Vertragsabwicklung ausschließlich mit seinem ursprünglichen Kunden zu tun hat, funktioniert dies nach aktuellem Recht grundsätzlich nur noch mit einer Individualvereinbarung!" Rechtsanwalt K. Martin Hake K. Martin Hake Rechtsanwalt, der sich seit bald 30 Jahren schwerpunktmäßig den Gebieten des Autoverkaufs-, Reparatur- und Unfallschadensrechts sowie dem Handelsrecht und auch Verkehrsstraf- und Bußgeldsachen, ferner dem Recht des Forderungsmanagements im Kfz-Bereich widmet. Gemeinsam mit den Anwälten in seiner Kanzlei "Hake Rechtsanwälte" (kontakt@hake-rechtsanwaelte.de) ist er deutschlandweit bei der Beratung sowie außergerichtlichen und gerichtlichen Vertretung insbesondere von Kfz-Händlern und Werkstätten sowie Herstellern und Importeuren im Einsatz.www.hake-rechtsanwaelte.de

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