Ausgabe 19/2011: Indien auf dem Vormarsch

Indien auf dem VormarschSIAM Annual Convention 2011 E Bis zum Jahr 2020 will Indien auf Platz drei im Ranking der Automobilnationen vorrücken. von Prof. Dr. Willi DiezWenn deutsche Automobilhändler nach neuen Marken Ausschau halten, schweift ihr Blick meist nach Osten. So rückten nach japanischen und koreanischen Marken zeitweise chinesische Automobilhersteller ins Blickfeld der Mutigen. Das Scheitern der ersten Welle von Markteintritten der Chinesen, das sich mit Namen wie Brilliance oder Landwind verbindet, hat zwischenzeitlich zu einer gewissen Ernüchterung geführt. Der gute Wille, so die lapidare Erkenntnis aus den chinesischen Versuchen, reicht nicht. Wenn Produkt und Preis nicht stimmen, geht im hart umkämpften deutschen (und europäischen) Markt nichts.Wer dennoch als Händler nicht aufgibt, mit einer neuen und zusätzlichen Marke ein Schnäppchen machen zu wollen, kann jetzt auch Indien ins Blickfeld nehmen. Denn die indischen Automobilhersteller haben große Pläne. Bis zum Jahr 2020 will Indien auf Platz drei im Ranking der Automobilnationen vorrücken – vor Deutschland und Japan und nur noch hinter China und den USA.Der indische Automarkt boomtAngesichts des boomenden indischen Marktes ist das nicht unwahrscheinlich. Wurden in Indien Anfang des letzten Jahrzehnts gerade mal knapp 700.000 Millionen Neuwagen verkauft, so werden es dieses Jahr voraussichtlich 2,8 Millionen. sein. Bis zum Jahr 2020 geht der indische Herstellerverband SIAM (Society of Indian Automobile Manufacturers) von einem Marktvolumen von neun Millionen Einheiten in Indien aus. Das sind imposante Zahlen, die auch erklären, warum sich die deutschen Automobilhersteller immer stärker im indischen Markt engagieren. So sind Audi, BMW, Mercedes und VW mit Montagewerken präsent. Der in Indien produzierte X1 ist mittlerweile das am meisten verkaufte BMW-Modell im Land. Daimler hat für das Lkw-Geschäft sogar eine eigene indische Marke mit dem Namen BharatBenz kreiert. Auch im indischen Markt spielt das Thema Kraftstoffverbrauch und Ökologie eine zunehmend wichtige Rolle. Die Benzinpreise sind in den letzten Monaten sehr stark gestiegen, was zu einer gewissen Verlangsamung des Marktwachstums im Laufe dieses Jahres geführt hat. Im Gegensatz zu den meisten anderen asiatischen Märkten haben die Inder ein eher positives Verhältnis zum Diesel. Die Preisdifferenz zwischen Benzin und Diesel ist nicht zuletzt aufgrund steuerlicher Vorteile zugunsten des Diesel gestiegen, was zu einem Anstieg der Diesel-Verkäufe bei Pkw geführt hat.Es gibt gute Chancen, dass der Diesel in der Strategie der indischen Regierung zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs auch weiterhin eine große Rolle spielt. Allerdings muss dazu die Kraftstoffqualität deutlich verbessert werden, damit die heute üblichen Nachbehandlungssysteme wie Partikelfilter und Selective Catalytic Reduction (SCR) auch funktionieren und von einem wirklichen Clean Diesel gesprochen werden kann.Skepsis gegenüber E-AntriebenAuch der Elektro-Hype hat das Land erreicht. Allerdings befindet man sich hier noch in einer Orientierungsphase, nachdem mittlerweile auch in China das Potenzial für den Elektroantrieb von höchsten staatlichen Stellen eher skeptisch bewertet wird. Die bescheidenen Verkaufserfolge von Elektrofahrzeugen trotz staatlicher Kaufhilfen haben in China zu einem gewissen Umdenken in Sachen konventioneller Antriebe beigetragen: Statt diese zu verdammen, wird man in Zukunft wahrscheinlich wieder verstärkt in die Optimierung des Benzin- und Dieselantriebs investieren. Die Inder haben daraus gelernt und scheinen in eine ähnliche Richtung zu gehen. Klarer Marktführer in Indien ist nach wie vor Maruti-Suzuki mit einem Marktanteil von knapp 40 Prozent. Es folgen – mit deutlichem Abstand – Hyundai und Tata. Die deutschen Hersteller haben eine gewohnt starke Position im – allerdings noch kleinen – Premiumsegment. VW will mit dem Up, der von seiner preislichen Positionierung eher geeignet ist, größere Käuferschichten anzusprechen als der Polo und der Golf, künftig zusätzliche Kunden gewinnen.Stärkerer Export geplantTrotz des mittel- und längerfristig starken Marktwachstums in Indien will das Land künftig auch mehr exportieren. So soll der Pkw-Export von heute rund 450.000 Fahrzeugen auf 1,3 Millionen Einheiten im Jahr 2017 gesteigert werden. Dabei wird man seine Fühler sicher auch in Richtung Europa und Deutschland ausstrecken. Allerdings muss man klar feststellen, dass indische Fahrzeuge noch nicht den Ansprüchen gerecht werden, und ein niedriger Preis allein funktioniert auch nicht. Dennoch ist unverkennbar, dass die indischen Hersteller mit ihren neuen Modellen deutliche Fortschritte in Richtung Wettbewerbsfähigkeit machen – nicht zuletzt auch mit dem Know-how deutscher Automobilzulieferer. Verpasst haben deutsche Händler in Sachen Indien-Autos also noch nichts. Dennoch sollte man dieses aufstrebende Automobilland, das etwas im Schatten des übermächtig erscheinenden Chinas steht, im Auge behalten. Neben den auch in Deutschland bekannten Namen wie Tata und Mahindra&Mahindra engagieren sich mittlerweile auch andere Unternehmen im Geschäft mit Pkw und leichten Nutzfahrzeugen. So hat zum Beispiel Force Motors einen durchaus respektablen SUV im indischen Markt vorgestellt. zLesen SIe hier...... worüber beim indischen Automobilherstellerverband SIAM (Society of Indian Automobile Manufacturers) bei der 51. Jahrestagung am 7. September 2011 in Neu-Delhi diskutiert wurde und was die Autonation Indien vor hat. SIAM Annual Convention 2011Auf Einladung des indischen Automobilherstellerverbandes SIAM war Professor Dr. Willi Diez Gastredner bei der 51. Jahrestagung des Verbandes am 7. September 2011 in Neu-Delhi. Die Veranstaltung, die in diesem Jahr unter dem Motto „Reinventing Mobility: Vision 2020“ stand, wurde von mehr als 1.000 Teilnehmern besucht und ist der mit Abstand wichtigste Automobilkongress in Indien. Professor Diez referierte über alternative Antriebstechnologien und deren Marktchancen. Sein Vortrag (in englischer Sprache) steht auf der Website des IFA-Institutes zum Download zur Verfügung (www.ifa-info.de). Weitere Informationen zum indischen Markt findet man auf der Website von SIAM (www.siam.in). Der Indische AutoMarktIn Indien gibt es rund 7.000 vertragsgebundene Automobilhändler und eine unbekannte Zahl von Werkstätten und Servicestützpunkten. Das mit Abstand größte Händlernetz hat der Marktführer Maruti-Suzuki mit über 500 Vertragspartnern. In den Großstädten entsprechen die Händlerbetriebe qualitativ dem Niveau in Europa. Auch in Indien setzen die Hersteller auf den markenexklusiven Vertrieb. So hat erst in diesen Tagen Fiat, deren Absatz in Indien entgegen dem Markttrend deutlich zurückgegangen ist, erklärt, in den TOP 20 in Indien exklusive Händlerbetriebe aufzubauen. Bislang wurden Fiat-Fahrzeuge im Rahmen einer Kooperation ausschließlich über das Tata-Vertriebsnetz verkauft. Grund für den zusätzlichen Aufbau eigener Händlerbetriebe: Die Tata-Händler hätten sich zu wenig für den Verkauf von Fiat-Fahrzeugen engagiert. Dennoch will man an der Kooperation festhalten. Nach Meldungen der indischen Presse war auch EX-Tata-Chef Carl-Peter Forster mit dem Fiat-Geschäft nicht zufrieden.

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