Ausgabe 12/2013: Freie Werkstatt neuen Typs

Die "freie Werkstatt" verknüpfte man bis vor kurzem noch mit Begriffen wie Hinterhof, Improvisation, Semi-Professionalität. Das scheint sich derzeit bei der Innovations-Elite dieses Betriebsformats rasch zu ändern, nicht zuletzt vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung von GVO und Internet. Ein Beispiel für eine solche freie Werkstatt neuen Typs ist das Autohaus Dellel in München-Aubing, dessen Inhaber Peter Plendl am 20. April mit sechs Mitarbeitern und zahlreichen Kunden seinen Neubau in der Kronwinkler Str. 28 einweihen konnte.Opel-Autohaus als StartrampePeter Plendl hatte 1989 den Kfz-Meisterbrief erworben und war dann in einem Renault-Markenbetrieb als Werkstatt- und dann als Betriebsleiter aktiv gewesen. "Ich hatte und habe bis heute ein gutes Verhältnis zu diesem Autohaus", erzählt Plendl, "aber irgendwann wollte ich einfach meine eigenen Ideen umsetzen, mein eigener Herr sein. Deshalb habe ich 2003 das Autohaus Dellel in Aubing übernommen, einen alteingesessenen Opel-Betrieb."Obwohl der Betrieb zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre stillgelegt war, gelang es Plendl und seinem Team, einen Großteil der alten Kundenschaft zurück- und Neukunden hinzuzugewinnen. Dazu trug bei, dass neben dem Opel-Kundenstamm mit der Hinzunahme der Trost-Werkstattmarke "Auto-Netto" eine neutrale Serviceplattform für alle Marken geschaffen und so neue Zielgruppen angesprochen werden konnten. Nach wenigen Jahren bereits war die Betriebsfläche in der Altostraße dramatisch zu klein. "Bei der Suche nach einem neuen Standort wollten wir dem dörflich strukturierten Aubing treu bleiben", erläutert Plendl, in der Kronwinkler Straße fand er schließlich - nach einem Kundentipp! - in einem neuen Gewerbegebiet seinen 2.000 m² großen Neustandort.Auch seinen Baupartner fand Plendl durch sein bestehendes Netzwerk, und zwar mit der Prämisse, es müsse unbedingt ein Autohaus-Spezialist sein: "Es war dann eine Empfehlung der Firma Trost, die uns zum Schneider Planungsbüro führte, und die ersten Konzeptgespräche mit Architekt Markus Rickerl haben mich fachlich und menschlich überzeugt, so dass er den GU-Auftrag bekam."Ultrakompakte BauweiseDie Wertschätzung muss wechselseitig gewesen sein, wie Markus Rickerl resümiert: "Herr Plendl hatte ganz klar strukturierte Vorstellungen, vom Budget bis hin zum Baukonzept im Boxenprinzip und der Unterflur-Hebetechnik. Wir waren hier sozusagen die Geburtshelfer der Ideen, die der Bauherr bereits hatte." Das Ergebnis: Ein schwarzer Kubus mit fünf Werkstattarbeitsplätzen im platzsparenden Boxenprinzip, einer davon als Prüfstraße und Direktannahme ausgelegt. Hinter einer Glastür gleich daneben mit Kundentheke und Wartezone das Foyer, das der Besucher vom Parkplatz aus mit wenigen Schritten erreicht. Die Büroräume im OG, hochwertig gestaltete Sozialräume, eine offene Empore in der Werkstatt für die Kundenrädereinlagerung sowie ein - dank ausgefeilter Logistik - sehr klein dimensioniertes Teilelager runden das Raumprogramm ab. 530 m² Nutzfläche wurden hier auf einer kompakt bebauten Grundfläche von 360 m² geschaffen. "Eine größere Grundstücksfläche wäre sicher nicht schlecht gewesen", sagt Plendl, "aber bei den Münchner Bodenpreisen - in meinem Fall 300 Euro/m² - haben wir darauf verzichtet, denn das hätte mein oberstes Ziel konterkariert: die Wirtschaftlichkeit meines Autohauses."Dass aber für den Bauherrn "wirtschaftlich" nicht einfach "billig" heißt, zeigt seine Investitionsbereitschaft in Qualität, Funktionalität und Nachhaltigkeit. Nur einige Beispiele dafür: Hochwertige Unterflur-Hebetechnik erlaubt in der Werkstatt ergonomisches und sicheres Arbeiten; das berührungslose Achsmess-System (HawkEye Elite von Hunter) kostet mit knapp 17.000 Euro zwar eine Stange Geld, erhöht aber signifikant Produktivität und Profitabilität in diesem Bereich; und die Mehrinvestition in eine Wasser-Wasser-Wärmepumpe sieht Plendl dadurch gerechtfertigt, dass sie sich in überschaubarer Zeit dank geringerer Energiekosten amortisieren wird. "Zudem installieren wir nun auf dem Dach eine 43-kWp-Photovoltaik-Anlage, mit deren Strom auch unsere Wärmepumpe betrieben wird", erläutert der Bauherr. Die erhöhten Investitionen in Qualität und Nachhaltigkeit hatten auch einen ortsspezifischen Grund, wie Markus Rickerl erläutert: "Wir mussten die Anforderungen des 'Ökologischen Kriterienkatalogs' der Stadt München erfüllen, z. B. durften wir kein PVC einsetzen. Und ein Alu-Fensterelement ist nun mal doppelt so teuer wie eines aus Kunststoff, Ähnliches gilt für die Dachabdichtung etc." Das treibe zwar zunächst die Baukosten in die Höhe, zahle sich aber anschließend vielfach auch aus.Alles aus einer HandMit dieser kompakten, effizienten Dienstleistungsmaschine sieht sich Plendl nun gut gerüstet für sein ambitioniertes Konzept, das seinen Betrieb zum Alles-aus-einer-Hand-Partner für den Kunden macht. An erster Stelle steht dabei der markenübergreifende Service: Dank GVO und gutem Support beim Thema Technische Informationen (z. B. via Gutmann, Trost, aber auch durch gute Hersteller-Schnittstellen, z. B. das OSS-System von BMW) ist dieser heute leichter zu ermöglichen als noch vor einigen Jahren; das schwierige Thema Spezialwerkzeuge hat man in der Region durch ein Netzwerk kooperierender Autohäuser in einer Art "Maschinenring" organisiert; und die permanente, überfabrikatliche Qualifikation seines 6-Mann-Teams gelingt auch deshalb so gut, weil hier mit drei Kfz-Meistern personell eine breite, solide Qualitäts-Basis vorhanden ist. Die Direktannahme dient gezielt dem Serviceverkauf via Beratung, als Prüfstraße ausgebaut ist sie aber auch multifunktionaler Arbeitsplatz, v. a. für die HU. Neben Wartung und Reparatur aller Fabrikate werden auch Unfallreparaturen angenommen: kleinere Fälle macht man selbst, bei größeren verbringt man die Fahrzeuge zu einem kooperierenden Spezialisten im regionalen Netzwerk. Auch für die Fahrzeug-Aufbereitung hat man einen externen Spezialisten. Eigentlich gibt es im Autohaus Dellel alles rund um die Automobilität: Transporter, Wohnmobile, Kleinflotten, sogar Oldtimer werden hier gewartet und repariert, vom Reifenservice über Glasreparatur und Car-Hifi bis hin zur Motoreninstandsetzung ist man Ansprechpartner für den Kunden, Werkstatt-Ersatzwagen oder Hol- und Bring-Services sind selbstverständlich usw.Auch seinen Neuwagen kann der Kunde bei Peter Plendl kaufen: "Mit Hilfe von Internetbörsen wie ProNeuwagen.de kann ich heute für jeden Kundenwunsch das individuelle Fahrzeug konfigurieren und zu einem sehr wettbewerbsfähigen Preis anbieten", so Plendl. Rund 30 Neuwagen habe er so 2012 verkauft. Dass es bisher nicht mehr geworden sind, liegt wohl auch daran, dass er von einem klassischen Autohaus-Geschäftsfeld die Finger lässt: "Hereinnahme und Vermarkten von Gebrauchten ist für mich kein Thema, das Risiko Sachmangelhaftung ist zu groß und mein Grundstück zu klein für das flächenintensive GW-Geschäft." Aber angesichts ihres breiten Service-Portfolios wird dieser freien Werkstatt neuen Typs sicher nicht die Arbeit ausgehen.Kenndaten des BetriebsAutohaus Dellel, Kronwinkler Str. 28, 81245 MünchenNEUBAUPlanung und Bauausführung: Schneider Planungsbüro GmbH, MünchenGrundstück 2.000 m²Nettogeschossfläche 530 m²KOSTEN (OHNE MWST.)Grundstück (erschlossen) 600.000 EuroReine Baukosten 506.000 EuroGesamt 1.399.000 EuroKENNDATENMitarbeiter gesamt (davon Azubi) 6 (2)Werkstattarbeitsplätze 5Werkstattdurchgänge/Tag 18

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