Ausgabe 17/2010: Extremfall

ExtremfallKündigung nach Werkstatttest E Ein Hersteller kündigt einen Servicepartner fristlos, nachdem dieser von einer Autozeitung schlecht bewertet wurde. Ein Präzedenzfall? von Ralf Padrtka und Doris PlateDas OLG Düsseldorf hat mit einem Aufsehen erregenden Urteil vom 24. 2. 2010 die fristlose Kündigung eines Werkstattvertrags für wirksam erachtet, die der Hersteller aufgrund eines eklatant schlechten Werkstatttests einer Automobilzeitung ausgesprochen hatte. Diese Entscheidung hat für erheblichen Wirbel in der Branche gesorgt. Ob das Urteil verallgemeinerungsfähig ist, haben wir mit Rechtsanwalt Uwe Brossette von der Kanzlei Osborne Clarke in Köln erörtert.AH: Herr Brossette, darf ein Hersteller allein aufgrund eines schlechten Werkstatttests ohne Abmahnung einen Servicevertrag fristlos kündigen?U. Brossette: Die Antwort ist ganz klar nein. Wenn nicht besondere Umstände vorliegen, die die Vertragsfortsetzung unzumutbar machen, ist eine fristlose Kündigung unzulässig. Insbesondere ist bei der Verletzung vertraglicher Pflichten in der Regel zunächst eine Abmahnung auszusprechen.AH: Warum hat das OLG dann gleichwohl in dem entschiedenen Fall die Kündigung für wirksam erachtet?U. Brossette: Der Werkstattpartner hat sowohl in seinem Betrieb als auch bei seiner Verteidigung mehrere Fehler gemacht, die ihm schließlich zum Verhängnis wurden. Ohne zu wissen, ob das Testauto tatsächlich wie behauptet präpariert wurde, hat er sich beim Hersteller für das Testergebnis entschuldigt und erklärt, dass der für die Inspektion verantwortliche Monteur zwischenzeitlich das Unternehmen verlassen habe. Er hat nie in Abrede gestellt, dass die Fehler vorlagen. Das war ein fataler Fehler. Das Gericht sieht darin ein Anerkenntnis der präparierten Mängel mit der Folge, dass im Prozess nicht mehr bestritten werden konnte, dass die Fehler von der Dekra tatsächlich auch eingebaut waren. Hinzukommt, dass im Verfahren nicht anwaltlich vorgetragen wurde, wie die Geschäftsleitung die Arbeitsleistung des Monteurs durch den Meister stichprobenartig überprüft hat. Das wäre deshalb wichtig gewesen, da der beauftragte Mechaniker nur im Rahmen eines betrieblichen Praktikums gerade für einige wenige Tage im Betrieb zur Probe gearbeitet hat.Stichwort OrganisationsverschuldenAH: Wog das Organisationsverschulden des Betriebs in dem Einzelfall deshalb so schwer? U. Brossette: Genau. Laut Gericht verbot es sich geradezu, „gerade diesen Monteur eigenverantwortlich und ohne umfassende Nachkontrolle durch den Werkstattleiter anzuordnen mit der Inspektion des Test-Pkw zu betrauen“. Wenn im Verfahren dieser Punkt angesprochen und ausgeräumt worden wäre, wäre mit einem anderen Ergebnis zu rechnen gewesen.Kein StandardfallAH: Berechtigt allein das Fehlverhalten eines Mitarbeiters eine Kündigung?U. Brossette: In dem entschiedenen Fall ja, da den Servicepartner nach Ansicht des Gerichts ein hohes Organisationsverschulden trifft. Das ist aber nicht der Standardfall. Das Gericht hat ausdrücklich offen gelassen, ob die Kündigung auch wirksam wäre, wenn nur dem Mitarbeiter, nicht aber dem Werkstattinhaber ein Vorwurf gemacht werden kann. Daraus lässt sich ableiten, dass dann, wenn dem Unternehmer kein Vorwurf gemacht werden kann, das Verschulden eines einzelnen Mitarbeiters regelmäßig nicht ausreicht, ohne Abmahnung fristlos zu kündigen.AH: Wie seriös müssen Werkstatttests sein? Gibt es „objektive“ Voraussetzungen, etwa dass die eingebauten Defekte über die Wartungslisten des Herstellers gefunden werden können? U. Brossette: Sie müssen in allen Punkten nachvollziehbar und am Wartungsplan ausgerichtet sein. Keine Verbraucherzeitung kann von einer Werkstatt mehr verlangen, als es der Hersteller oder Importeur im Hinblick auf seine Fahrzeuge tut.Laien dürfen keine Autos präparierenAH: Reicht es aus, wenn Redakteure oder gar Volontäre die Fahrzeuge selbst präparieren oder muss das eine Prüforganisation vornehmen? Schließlich entscheidet ein (schlechter) Test nicht nur über das Wohl und Wehe eines Betriebs, sondern führt auch zu einem Vertrauensverlust der Kunden in die ganze Service-Organisation. U. Brossette: Wenn bei einem Werkstatttest nicht Fachleute, sondern Laien Hand an das Testfahrzeug legen und daraus schlechte Testergebnisse herleiten, sind die veröffentlichten Testergebnisse unter Umständen eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung oder eine Kreditgefährdung. Zudem kommen Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht in Betracht. In allen Fällen bestehen Schadenersatz-, Unterlassungs- und Berichtigungsansprüche der Betroffenen.So kann sich ein Unternehmen wehrenAH: Wie kann ein Kfz-Betrieb gegen schlecht durchgeführte Tests vorgehen und die Prüfmethoden in Zweifel ziehen? U. Brossette: Zunächst ist wichtig, zu bestreiten, dass die präparierten Mängel vorgelegen haben. Sodann sollten die Monteure dezidiert nach dem Fahrzeug befragt und schriftlich festgehalten werden, was im Einzelnen an Arbeiten erledigt und was festgestellt wurde. Der Abnahmeprozess durch den Meister ist ebenfalls schriftlich festzuhalten. Die beteiligten Mitarbeiter sollten die Protokolle an Eides statt versichern und eigenhändig unterzeichnen. Damit sollten sowohl die Zeitung als auch der Hersteller konfrontiert werden. In einem solchen Fall frühzeitig rechtliche Beratung einzuholen ist meines Erachtens unerlässlich.AH: Herr Brossette, vielen Dank für das Gespräch!Lesen SIe hier...... wie es dazu kommen konnte, dass einem Servicepartner nach einem negativen Werkstatttest in der Presse fristlos gekündigt und warum diese Kündigung wirksam wurde.KurzfassungIm vorliegenden Fall war die fristlose Kündigung eines Servicepartners durch den Hersteller wirksam, weil1. der Werkstattpartner in seinem Betrieb Fehler gemacht hat,2. der Werkstattpartner bei seiner Verteidigung Fehler gemacht hat,3. er nicht bestritten hat, dass das Fahrzeug präpariert war,4. der Betrieb einen Monteur mit der Aufgabe betraut hat, der wenige Tage im Betrieb zur Probe gearbeitet hatte,5. nicht dargestellt wurde, wie die Geschäftsleitung die Arbeitsleistung des Monteurs durch den Meister stichprobenartig überprüft hat,6. das Gericht ein hohes Organisationsverschulden des Betriebs sah.Handel

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