Bei der Sanierung des defizitären Autoherstellers Opel-Vauxhall wird der französische PSA-Konzern nach Einschätzung eines Branchenexperten sehr zügig vorgehen. Er halte es nicht für realistisch, dass allein das Opel-Management den Umbau gestalten werde, sagte der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) in Geislingen, Willi Diez, der Deutschen Presse-Agentur. "Das hat noch bei keiner Übernahme funktioniert", sagte er unter Hinweis auf die schmerzlichen Erfahrungen des Daimler-Konzerns bei der längst wieder rückabgewickelten Übernahme des US-Herstellers Chrysler.
Nach seiner Überzeugung habe PSA-Chef Carlos Tavares ein klares Konzept, wie Opel bis 2020 wieder in die Gewinnzone zu bringen ist. "Die Franzosen werden sehr schnell vorgehen. Tavares hat PSA in den vergangenen Jahren zügig saniert und wird auch Opel schnell auf eine 'schwarze Null' steuern." Das sei absehbar mit klaren Direktiven aus Paris und dem Einsatz französischer Manager bei Opel verbunden. "Die müssen genau wissen, wie PSA tickt."
Inhaltlich werde es vor allem darum gehen, die gesamte Modellpalette der verschiedenen Konzernmarken Peugeot, Citroën, DS und Opel schnell auf einheitliche Plattformen zu stellen und mit möglichst vielen identischen Bauteilen, sogenannten Gleichteilen, auszustatten. Damit erreiche man hohe Skaleneffekte bei Einkauf und Produktion.
Schwieriges Auslandsgeschäft
Skeptisch zeigte sich der Autoexperte zu Erwartungen, dass Opel-Autos schnell auf bislang versperrten Auslandsmärkten verkauft werden könnten. "Opel ist eine sehr deutsche und europäische Marke, die in China oder den USA kaum jemand kennt." Es sei auf diesen hart umkämpften Märkten sehr schwierig und kostspielig, eine neue Marke zu etablieren. Die Kosten dafür würden häufig unterschätzt. Opel solle sich daher zunächst auf europäische Teil-Märkte konzentrieren, die man bislang noch nicht ausreichend bearbeitet habe. Auch Russland werde sich in naher Zukunft positiv entwickeln, meinte Diez.
Dem Opel-Entwicklungszentrum mit fast 8.000 Ingenieuren in Rüsselsheim werde PSA wie schon unter der Mutter General Motors die Verantwortung für einzelne Baureihen übertragen, sagte der Experte. Es sei aber klar, dass zwischen 30 und 50 Prozent der Entwicklungsleistung eingespart werden können, wenn man ein neues Auto nicht von Grund auf, sondern von einer vorgegebenen Plattform aus entwirft. Auch der Einkauf könne zentral erledigt werden, wenn man über einheitliche Produkte verfüge.
Sicher werde PSA beim Personalabbau die natürliche Fluktuation nutzen, und auch Abfindungsprogramme halte er nicht für ausgeschlossen, sagte Diez. Die Opel-Beschäftigten sind noch bis Ende 2018 tariflich vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt.
"Rüsselsheim ist gesetzt"
Die Zukunft der deutschen Opel-Werke sehe er nicht so schwarz, sagte der Wissenschaftler. "Rüsselsheim ist sicherlich gesetzt, und Eisenach gehört zu den produktivsten Opel-Werken." Zum Komponentenwerk Kaiserslautern äußerte sich Diez nicht. Der Konzern müsse sicher einen Standort zum Zentrum für die Zukunftstechnologie der Elektroantriebe machen.
PSA hatte vor einer Woche die Übernahme der bisherigen GM-Tochter Opel für 1,3 Milliarden Euro bekanntgegeben. Für die GM-Europa-Finanztochter werden weitere 900 Millionen Euro fällig. Das Geschäft soll bis zum Jahresende abgeschlossen sein. Opel beschäftigt mit seiner britischen Schwestermarke Vauxhall in sieben europäischen Ländern mehr als 38.000 Mitarbeiter, davon rund die Hälfte in Deutschland. (dpa)
TME