Ausgabe 16/2011: Es kommt darauf an...

Es kommt darauf an...Rücktrittsrecht E Reparaturversuche der mangelhaften Kaufsache bei einer Drittfirma schließen den Rücktritt nicht aus.Von Autohaus-Juristen Rechtsanwälte G. Haug & PartnerDie Resonanz auf das in AUTOHAUS-Online vor sechs Wochen veröffentlichte Urteil des OLG Schleswig vom 22. 2. 2011 war gleichermaßen vielfältig wie uneinheitlich. Es kann doch nicht sein, dass irgendeine Hinterhofwerkstatt an dem Fahrzeug herumdoktert und – nachdem sie das Handtuch wirft – der Verkäufer gleichwohl zur Nachbesserung verpflichtet sein soll. Auf der anderen Seite gab es nicht wenige Stimmen, die das Urteil mit der gebotenen Aufmerksamkeit gelesen haben und zu dem Ergebnis gekommen sind, dass die Entscheidung richtig ist. „Reparaturversuche der mangelhaften Kaufsache bei einer Drittfirma schließen den Rücktritt nicht aus“, hat das OLG Schleswig entschieden (abgedruckt in NJW-RR 2011, S. 993 ff.).Wie nachfolgend aufgezeigt wird, rechtfertigt dieser Tenor nicht die Schlussfolgerung, dass ein Verkäufer im Rahmen der Nachbesserung verpflichtet wäre, den von einer Drittfirma angerichteten Schaden zu beheben. StreitfallAn einem Gebrauchtwagen trat innerhalb der Gewährleistungsfrist ein Leistungsabfall verbunden mit außergewöhnlichen Motorgeräuschen auf. Nachdem der Käufer dies auf Verschleißerscheinungen zurückführte, erteilte er seinem Händler einen Reparaturauftrag für den Turbolader, den er auch bezahlte. Die Motorprobleme konnten damit allerdings nicht abgestellt werden und es war deshalb eine weitere Reparatur erforderlich, die der Käufer bei einer freien Werkstätte in Auftrag gegeben hat. Diese Drittfirma war allerdings trotz mehrerer Reparaturversuche nicht in der Lage, die Leistungsstörung zu beheben. Der Käufer wandte sich daraufhin wieder an seinen Verkaufshändler und forderte diesen zur Nachbesserung seines mangelhaften Fahrzeugs auf. Die Antwort kam postwendend: Eine Verpflichtung zur Nachbesserung bestehe zum einen nicht, weil es sich um keinen Mangel, sondern eine bloße Verschleißerscheinung handle, und zum anderen müsse sich der Käufer selbst zuschreiben lassen, wenn er eine freie Werkstatt erfolglos mit der Behebung des Mangels beauftrage. Der Käufer hat daraufhin ein selbstständiges Beweisverfahren mit dem Ziel durchgeführt, die Ursache für den Leistungsabfall zu klären. Im Zuge dessen hat der Sachverständige festgestellt, dass es sich hierbei um keine Verschleißerscheinung, sondern um Ölverharzungen des Ventils im Bereich der Abstellklappe handelte. Die vorgefundenen Verharzungen seien weit fortgeschritten bzw. „hart wie Teer“ gewesen und der Bindedraht, mit dem die Abstellklappe fixiert worden ist, war stark korrodiert. Dieses Erscheinungsbild lässt die Schlussfolgerung zu, dass der mangelbegründende Zustand weit über ein Jahr vorgelegen haben muss. Damit war auch klar, dass es sich um keine dem Fahrzeughalter entsprechende Verschleißerscheinung, sondern um einen Mangel zum Zeitpunkt der Fahrzeugübergabe gehandelt hat. Der Käufer hat daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und seinen Händler darüber hinaus auf Zahlung der – vergeblich aufgewendeten – Reparaturkosten der Drittfirma in Anspruch genommen. Das in erster Instanz befasste Landgericht ist dem gefolgt und hat den Händler nicht nur zur Rückabwicklung, sondern auch zum Ersatz der vergeblich aufgewendeten Reparaturkosten verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung des Händlers hatte teilweise Erfolg. DifferenzDas OLG Schleswig hat demgegenüber einen differenzierten Standpunkt eingenommen.Was den Rücktritt vom Kaufvertrag anbelangt, so sei das erstinstanzliche Urteil nicht zu beanstanden. Insbeson-dere stehe es einem wirksamen Rücktritt nicht entgegen, dass die Drittfirma die Mangelursache nicht klären und beheben konnte. Dem Sachverständigen offenbarte sich der Mangel erst im Rahmen einer mehrtägigen Untersuchung, mit der er die Ursachen der Geräuschentwicklung und des Leistungsabfalls ermitteln wollte. Demgegenüber hat der Sachverständige das Vorgehen in der alltäglichen Praxis in der Weise beschrieben, als dass zur Fehlerursache diverse Maßnahmen, wie der Austausch des Zahnriemens, der Umlenkrollen und der Wasserpumpe, erforderlich sei und es der Drittfirma deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, wenn ihre Reparaturversuche erfolglos geblieben sind. Der Beweiswürdigung des Landgerichts lässt sich auch nicht entgegenhalten, dass die Reparaturversuche bei der Drittfirma zu Schäden bei dem Motor geführt haben könnten, wenngleich diese Möglichkeit besteht. Der Sachverständige konnte die für die Geräuschentwicklung entscheidenden Ursachen indes auf Umstände zurückführen, die zweifelsfrei schon bei Gefahrübergang vorgelegen haben müssen. Damit ist der Beweis eines gewährleistungspflichtigen Mangels geführt. Von daher kann es dahin stehen, ob die Reparaturversuche bei der Drittfirma fehlerhaft waren oder nicht. Entscheidend ist allein, dass der Beklagten durch diese Reparaturversuche kein Nachteil entstanden ist. Teilweise KostenerstattungMit Erfolg macht die Berufung jedoch geltend, dass die vom Erstgericht zugebilligten Reparaturkosten der Drittfirma nicht dem Händler angelastet werden können. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Käufer diese Aufwendungen zum Erhalt der Sache macht oder wenn sie zur Ermöglichung ihrer vertragsgemäßen Nutzung notwendig sind. Nicht notwendige Aufwendungen sind dem Käufer zu erstatten, soweit der Verkäufer bei Rückerhalt der Kaufsache noch durch sie bereichert wird. Bei den Kosten der fehlgeschlagenen Mängelbeseitigungsversuche kann es sich demgegenüber von vornherein nicht um hiernach erstattungsfähige Kosten handeln. Die Aufwendungen haben, eben weil die Reparaturversuche erfolglos blieben, dem Erhalt der Sache nicht gedient und haben auch nicht zu einer der Beklagten jetzt zugute kommenden Wertsteigerung des Fahrzeugs geführt. Anders stellt sich die Situation bei den Kosten für die Reparatur des Turboladers dar. Diese Aufwendungen sind nicht durch Reparaturen bei einer Drittfirma angefallen, sondern durch eine Reparatur bei der Verkäuferin des Fahrzeugs, zu der sie jedoch im Rahmen ihrer Nachbesserungspflicht gehalten war. Nachdem ihr von daher kein Anspruch auf Werklohn zustand, wurde sie zur Rückerstattung verurteilt jRechtsanwalt Walter SattlerKanzlei@rahaug-partner.deKurzfassung1. Reparaturversuche der mangelhaften Kaufsache bei einer Drittfirma schließen den Rücktritt nicht aus. 2. Der bei einer Drittfirma angefallene Reparaturaufwand ist nur dann vom Verkäufer zu erstatten, wenn sie zur vertragsgemäßen Nutzung notwendig sind oder der Verkäufer bei Rückerhalt der Kaufsache durch sie bereichert wird. 3. Bei der Verkäuferfirma angefallene Reparaturkosten sind demgegenüber an den Kunden zurückzuerstatten, wenn sich nachträglich herausstellt, dass diese zur Mängelbeseitigung verpflichtet gewesen wäre. Kommentar< Das nebenstehend besprochene OLG-Urteil belegt eindrucksvoll, dass ein konsequentes Arbeiten mit dem Gesetz auch ein sachgerechtes Urteil hervorbringt. Die Voraussetzungen für einen Rücktritt lagen in diesem speziellen Fall vor, weil der klagende Käufer trotz und nach den erfolglosen Reparaturversuchen der Drittfirma beweisen konnte, dass für die Funktionsstörung ein bereits bei der Fahrzeugüberhabe vorhandener Mangel ursächlich war. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass es nicht zu Lasten des Verkäufers geht, wenn sich diese Frage aufgrund unsachgemäßer Reparaturversuche einer anderen Werkstätte nicht mehr klären lässt. Konsequent und richtig hat das OLG Schleswig auch die (erfolglosen) Reparaturaufwendungen differenziert beurteilt. Der vom Verkäufer vereinnahmte Werklohn war zurückzuerstatten, weil es sich von der Sache her lediglich um Nachbesserungsarbeiten gehandelt hat. Demgegenüber besteht kein Erstattungsanspruch für die bei der Drittfirma angefallenen Kosten, weil deren erfolglose Reparaturversuche zu keiner Wertverbesserung des Fahrzeugs geführt haben und die Beklagte insoweit nicht im Vorfeld zur Nachbesserung aufgefordert worden ist. >

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