Scherer-Gruppe: Erfolgreicher Sanierer

Die Scherer-Gruppe in Simmern/Hunsrück wurde 1937 von Ernst Friedrich Scherer gegründet und hat sich zunächst auf den Transportbereich konzentriert. Später kamen der Abbau von Lava-Gestein in der Eifel und der Baubereich dazu. 1958 stieg man mit Volkswagen, Deutz-Traktoren und ab 1968 bei der Auto Union als Händler und Servicebetrieb ins Fahrzeuggeschäft ein. Die unterschiedlichen Wirtschaftszweige hat der Firmengründer parallel betrieben. Ende der 90er Jahre verfügte man über drei Autohäuser und stand vor einem Scheideweg. Enkel Christian Scherer spricht von einer Delle im Autohaus-Geschäft mit ziemlich dünnen Renditen. Die gebotene Chance im Familienbetrieb hat er aber dennoch genutzt: "Meine Ausbildung habe ich im Baustoffbereich gemacht, da ich mich aber während des Studiums bereits um Projekte rund um den Autohandel gekümmert habe, war der Zug auf dem Gleis. Wenn ich anfange, gibt es kein Zurück", sagt der Unternehmer zu seiner Motivation, Dinge zu verändern. Da noch kein Meister von Himmel gefallen ist, hat sich Scherer zunächst bei erfolgreichen Händlern deren Geschäft angeschaut und dann die entsprechenden Konsequenzen daheim in Simmern gezogen. "Es ging um Kostenmanagement, Kommunikation im Betrieb, Transparenz und natürlich um das Steigern des Verkaufsvolumens. Ich hatte ja nichts zu verlieren und konnte also eine Schablone entwickeln, die dann auch bei den weiteren Übernahmen sehr gut funktioniert hat", erzählt der geschäftsführende Gesellschafter. Wachstumsphase Nach zwei Jahren war der Familienbetrieb saniert. Die Renditen im Handel sind dann insgesamt gestiegen und der Automobilbereich der Scherer-Gruppe startete mit Zukäufen in Form einer beispiellosen Wachstumsphase durch. Aktuell verfügt die Autohaus-Gruppe über 37 Betriebe an 23 Standorten in sechs Bundesländern mit 2.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und kümmert sich um die Marken Audi, VW, VW Nutzfahrzeuge, Porsche, Seat, Cupra, Skoda, Ducati, Ineos und MAN. Im IfA-Ranking der Top-Händlergruppen 2024 belegt das Hunsrücker Unternehmen mit einem Absatz von rund 33.250 Fahrzeugen Position 10. Mit einem Umsatz von 1.449 Millionen Euro in 2023 hat man Platz 7 erreicht. Die Dynamik, die Scherer entwickelt hat, lässt sich aus dem Zuwachs der vergangenen 14 Jahre ablesen. In dieser Zeit ist man um fast 120 Prozent gewachsen (Platz 4). "Ich habe bei meinen Zukäufen mit einer Ausnahme (Porsche-Zentrum in Dresden) eine lokale Strategie verfolgt. Wir haben ausschließlich unser Einzugsgebiet Schritt für Schritt erweitert und die übernommenen Betriebe saniert", erklärt der Händler. Durch diese Arrondierung könne man bei Bedarf immer Mitarbeiter, Fahrzeuge und Teile zwischen den Unternehmensteilen austauschen. Bekanntlich lasse sich vieles im Autohaus nicht digitalisieren. Steuerung der Gruppe Die erworbenen Betriebe unter anderem in Aschaffenburg, Mainz, Wiesbaden, Mannheim, Ludwigshafen, Bingen, Saarbrücken wurden an die Scherer-Automobil Holding, die von drei Geschäftsführern verantwortet wird, angeschlossen. Christian Scherer setzt nach eigenen Angaben einerseits stark auf Zentralisierung, Unabhängigkeit von Systemen der Hersteller und die Steuerung der Gruppe vom Headquarter in Simmern aus. Beispielsweise werden in der IT-Abteilung über 30 Leute beschäftigt. Als einer der ersten Händler-Gruppen wurde so die Neuwagendisposition für alle Betriebe zusammengefasst. Andererseits gelinge es auch gut, den Führungskräften und Mitarbeitern ihre Eigenständigkeit zu lassen. Als Beispiel nennt Scherer den Gebrauchtwagenbereich. Hier müssten die Verantwortlichen selbst entscheiden, welche Fahrzeuge sie auf den Hof stellen. Es würde zwar gemeinsam eingekauft, welches Fahrzeug allerdings von wem vermarktet wird, obliege den zuständigen Abteilungen. Matrix-Struktur Um die Leute einzubinden, hat man außerdem eine Matrix-Struktur geschaffen. Den Führungskräften werden Zusatzfunktionen anvertraut und die Entscheidungen werden in Fachgruppen getroffen, die mit Geschäftsführern und Abteilungsleitern besetzt sind. "Die Leute stehen dann auch nachhaltiger hinter den Entscheidungen." Christian Scherer ist trotz der Größe der Gruppe nah am Geschäft: "Zu meinen Aufgaben zählen die Bereiche Personal, Strategie, Immobilien und der Vertrieb von Porsche und Audi", sagt der Unternehmer. Die weiteren Aufgaben für das Aftersales-Geschäft und den Vertrieb obliegen den weiteren Geschäftsführern Volkmar Elß und Enrico Scherer. Damit sich die einzelnen Unternehmungen nicht verzetteln und strukturiert geführt werden können, hat man von Beginn an auf die Zentralisierung der einzelnen Themenfelder gesetzt. Aus der "Scherer Verwaltung" wurde schließlich 2008 die Scherer-Holding mit inzwischen 150 Leuten. "Wir hatten damals 18 Betriebe und es war klar, dass wir die Bereiche IT, Personal, Controlling, Marketing und Vertriebssteuerung stärker zentralisieren müssen", erklärt der Unternehmer. Fairness und Gleichbehandlung Zu seiner Führungsphilosophie sagt Scherer: "Wir haben überall die gleichen Strukturen geschaffen und machen auch in der gleichen Behandlung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine Ausnahmen. Die Scherer-Gruppe setzt auf Fairness und Gleichbehandlung und die Menschen stehen im Vordergrund. Jeder weiß, dass sich Stimmung und Spaß an der Arbeit auf die Zufriedenheit, die Fluktuation und letztlich auf das Betriebsergebnis auswirken. Man kann sich nicht alles kaufen und deshalb muss man als Unternehmer mit gutem Beispiel vorangehen", umschreibt der Boss der Automobilgruppe seinen Führungsstil. Beim Recruiting werde deshalb auch genau hingeschaut, ob zum Beispiel die Führungskraft ins Unternehmen passe. "Ich lasse nicht jeden auf meine Leute los", sagt der Unternehmer. Agentur, E-Mobilität, Digitalisierung Als wichtigste und größte Aufgabe sieht der Unternehmer neben dem Personalmanagement, die zunehmende Komplexität des schwerer werdenden Geschäfts zu managen. Man müsse vor allem die richtigen Prioritäten setzen, da man nicht alles gleichzeitig machen könne. Zu den Herausforderungen zählt der Unternehmer unter anderem die Agentur, deren Erfolg entscheidend davon abhängt, wie diese vom Hersteller gestaltet wird. Preise würden sich damit allerdings nicht stabilisieren lassen: "Wir sind kein Apple Store." Die E-Mobilität, die jetzt sicher mehr Zeit zur Etablierung benötigt, wird den Handel, der auf die Entwicklung keinen Einfluss hat, definitiv Geld kosten. Bei der Digitalisierung, die das Geschäft sicher nicht billiger macht, sei es notwendig zu differenzieren und nicht immer als einer der Allerersten bei jeder neuen Entwicklung dabei zu sein. Was das künftige Wachstum der Gruppe betrifft, soll zunächst das Potenzial in den vorhandenen Betrieben ausgeschöpft werden. Sofern es interessante Angebote gibt, werde man sich aber damit beschäftigen. Auch mit der Aufnahme von neuen Marken beschäftigt man sich bei Scherer. Hier gehe es aber vor allem um Beständigkeit und nicht um Eintagsfliegen. Da sollte man also zunächst genau hinschauen, bevor man sich entscheidet.

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