DIQ-Symposium: Ein Blick aufs Autoleben

Erst vor wenigen Wochen, während der Pariser Automesse, waren sie wieder auf allen Kanälen zu sehen: Konzeptfahrzeuge, mit denen die Autohersteller auf Automessen ihre Visionen zum autonomen Auto der Zukunft vorstellen. Wer diese Fahrzeuge betrachtet und gleichzeitig die herumwabernden, recht vollmundigen Ankündigungen und Pläne für bare Münze nimmt, kann schnell zu dem Schluss kommen: Der Durchbruch autonomer Fahrzeuge steht bald bevor. Und etliche Autos können ja in der Tat schon längst selbstständig einparken oder durch den Stau navigieren. Doch wie realistisch sind diese Zukunftsszenarien wirklich und was, wenn im vollautomatischen Auto ein Sensor plötzlich ausfällt und der Mensch übernehmen muss? Was, wenn trotz aller Assistenzsysteme ein Unfall passiert? Können moderne Fahrzeuge dann überhaupt noch sachgemäß repariert werden? Diese Fragen standen unter dem Motto "Sicherheit ein Autoleben lang" auf dem 8. jährlichen Symposium des Deutschen Instituts für Qualitätsförderung e.V. (DIQ) in Potsdam im Fokus. "Wir wollen von der Fahrzeugentwicklung bis zum Recycling einen ganzheitlichen Überblick zum Thema Sicherheit im Auto geben, die Augen öffnen und Denkanstöße liefern", erklärt Thomas Koch, Geschäftsführer des DIQ. Dafür luden das DIQ und Symposiumsleiter Prof. Harald Bachem von der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Wolfsburg Referenten aus Wissenschaft und Wirtschaft ein. Den Auftakt machte nach einer kurzen Einführung durch DIQ-Präsident Peter Schuler Kristian Seidel von der Forschungsgesellschaft für Kraftfahrwesen in Aachen mit einem Ausblick auf die Entwicklung von Gesamtfahrzeug und Karosserie in modernen Fahrzeugen. Demzufolge geht der Trend bei der Automobilentwicklung eindeutig in Richtung Elektromobilität, da die Batteriepreise immer weiter sinken, während die Kapazitäten immer weiter steigen. Um dabei Sicherheit zu gewährleisten, seien jedoch unbedingt neue Testmethoden für Batterien nötig. In einem Ausblick auf die mögliche autonome Mobilität der Zukunft wies er zudem auf damit einhergehende neue Anforderungen an das Interieur und die Fahrzeugsicherheit hin. Beispielsweise müssten Autos auch dann sicher sein, wenn Passagiere während der Fahrt seitlich zur Fahrtrichtung sitzen oder gar liegen. Verkehr ohne Unfälle: eine Illusion Das autonome Fahren hatte kurz darauf auch der Vortrag von Matthias Kühn von der Unfallforschung der Versicherer in Berlin zum Thema. Seine These: Die Annahme, es werde durch autonome Systeme künftig keine Unfälle mehr geben, ist eine Illusion. Gleichwohl erhöhen Assistenzsysteme wie der Notbremsassistent schon jetzt deutlich messbar die Verkehrssicherheit. Komme es dennoch zu Schäden, seien die Schadensummen jedoch ungleich höher als früher. Kühn wies zudem auf die Grenzen der Automatisierung hin. So muss der Mensch zu jedem Zeitpunkt die Gewalt über das Fahrzeug übernehmen können. In Experimenten konnten die Unfallforscher jedoch nachweisen, dass es 12 bis 15 Sekunden dauere, bis ein stark abgelenkter Fahrer das Steuer übernommen und die Fahrsituation völlig erfasst habe. Zudem würden Personen, die automatisiert unterwegs sind, sehr viel schneller einen wesentlich höheren Müdigkeitslevel erreichen als manuell Fahrende. Vollautomatisiert zu fahren sei daher nur 15 bis 20 Minuten lang empfehlenswert. Reparaturen immer komplexer Ist ein modernes Fahrzeug trotz aller Sicherheitsmaßnahmen in einen Unfall verwickelt, stellt die Reparatur der Fahrzeuge die Betriebe vor immer größere Herausforderungen. Das machte Kurt Gilch vom Reparatur-Training-Anbieter KTD aus Calw in seinem Symposiums-Beitrag deutlich. Er zeigte anhand praktischer Beispiele, wo in der Karosserie Materialien wie ultrahochfeste Stähle, Aluminium, Magnesium oder Kohlefaser-Verbundwerkstoffe zum Einsatz kommen und unter welchen Bedingungen sie repariert werden können. Das sei entgegen der Erwartungen oft möglich. Die Anforderungen an die Werkstätten für diese hochkomplizierten Reparaturen seien jedoch zum Teil exorbitant hoch. So koste allein ein Aluminiumarbeitsplatz schon 50.000 Euro. Daneben werde es auch für Gutachter immer schwieriger festzustellen, ob eine Reparatur fachgerecht durchgeführt wurde. Trotz aller Reparaturen geht jedes Fahrzeugleben im Schnitt nach 25 Jahren zu Ende. Wie es dann weitergeht, schilderte Professor Achim Schmiemann von der Ostfalia Hochschule in Wolfsburg. Der Experte zeichnete beispielsweise den Weg der deutschen Altfahrzeuge nach, von denen 2015 1,5 Millionen ins Ausland kamen und nur 470.000 in Deutschland verblieben. Zudem schilderte Schmiemann die unterschiedlichen Belastungen, die moderne Autos für die Umwelt darstellen, und machte auch auf zulässige "Recyclingsszenarien" wie Verbrennen oder das Einlagern in alten Bergwerken aufmerksam. Zum Abschluss des Symposiums dankte Thomas Koch allen Referenten und Teilnehmern und lud zur neunten Auflage des Symposiums im Jahr 2019 nach Magdeburg ein. Kurzfassung Zentrale Erkenntnisse des Symposiums waren unter anderem, dass sich der Trend bei der Automobilentwicklung hin zum elektrifizierten und autonomen Fahren bewegt. Das bedinge jedoch zahlreiche neue Anforderungen an die Sicherheit. Zudem stehe das autonome Fahren nicht unmittelbar bevor und berge auch einige Risiken, etwa bei der Frage nach der Kontrollübernahme durch den Menschen. Über das DIQ Das Deutsche Institut für Qualitätsförderung ist ein Verein mit dem Ziel "konkrete Konzepte und Strategien zur angewandten Qualitätsförderung und Qualitätssicherung" zu entwickeln und praxisnah umzusetzen. Unter den Mitgliedern ist neben der Prüforganisation KÜS auch die DIQ Zert GmbH, die von der Deutschen Akkreditierungsstelle DAkkS als Zertifizierungsstelle für Qualitätsmanagementsysteme und als Kalibrierlabor akkreditiert wurde. Als solche kalibriert sie deutschlandweit in Werkstätten und Prüfstellen Bremsprüfstände, Scheinwerfereinstellplätze und Scheinwerfereinstellprüfgeräte. In Kürze sollen auch noch Abgasmessgeräte hinzukommen, für die ab dem 01. Januar 2019 neue Kalibriervorschriften gelten. Derzeit steht die Akkreditierung dafür aber noch aus. Diese soll noch bis Ende des Jahres folgen, so die Hoffnung. "Das Einzige, das fehlt, ist die Urkunde. Wir könnten jederzeit loslegen", sagt DIQ-Zert Geschäftsführer Thomas Koch. Jetzt stehe die DIQ Zert - wie andere Kalibrierlabore auch - wahrscheinlich vor dem Problem, in kürzester Zeit tausende AU-Geräte kalibrieren zu müssen.

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