Von Online-Redakteur Andreas Heise
Bayern hat im Kampf gegen die Corona-Krise weitgehende Maßnahmen beschlossen. Aufgrund des ausgerufenen Katastrophenfalls werden wohl ab Mittwoch nur noch Tankstellen und Kfz-Werkstätten ihren Betrieb fortführen dürfen. Auch wenn es von offizieller Seite noch keine Bestätigung gibt – Verkaufsräume und Showrooms von Autohandelsbetrieben sind wohl von den Schließungen betroffen.
Die Bundesregierung hatte am Montag den Ländern im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus vorgeschlagen, eine Vielzahl von Geschäften zu schließen. Dazu gehören nach Lesart der Leitlinien auch die Verkaufsräume der Autohändler. Mehrere Bundesländer haben bereits reagiert (Mehr Infos finden Sie hier).
Über mögliche Schließungen von Verkäufsräumen sprach AUTOHAUS mit dem CSU-Landtagsabgeordneten Andreas Schalk, Mitglied der Geschäftsleitung bei Auto Gabler, einem Ford-Händler im bayerischen Burgoberbach.
AUTOHAUS: Herr Schalk, dass Verkaufsräume des Autohandels in Bayern schließen müssen, wurde von der Staatsregierung bisher nicht explizit formuliert. Ausnahmeregelungen diesbezüglich sind aber auch nicht bekannt. Wie sehen Sie die Lage?
Andreas Schalk: Am Ende des Tages bleibt es immer eine Frage der Bewertung, die auf juristischem Wege geklärt werden muss. Aber das hilft in dieser Situation keinem. Es gilt, effektiv zu handeln. Juristische Haarspalterei ist hier unangebracht. Das oberste Gebot ist, in Zeiten des Corona-Virus jeden vermeidbaren Kontakt zu vermeiden. Und ein Verkaufsgespräch ist definitiv ein solcher. Und im Moment müssen wohl nur die wenigsten Kunden wirklich ein Auto kaufen. Gleichzeitig sollte notwendige Infrastruktur aufrechterhalten bleiben. Das ist die Intention. Entsprechend kommt man zu dem Ergebnis, dass der Verkauf einzustellen ist. Und dass der Werkstattbetrieb mit entsprechender Vorsicht weiterlaufen kann. Auch um eine gewisse Mobilität zu gewährleisten. Und auch im Blick darauf, dass man aufgrund der Menschenansammlung in den nächsten Wochen den ÖPNV eher meiden sollte. Es mag sein, dass die Ausformulierung gewisse Fragezeichen hinterlässt. Man muss hier aber den zeitlichen Druck sehen. Da war es wohl schwierig, allen Branchen und Fallkonstellationen gerecht zu werden.
Die Betriebe machen sich natürlich Sorgen um ihre Existenz. Können Sie das nachvollziehen?
A. Schalk: Absolut. Uns plagen im Betrieb auch wirtschaftliche Sorgen. Das steht außer Frage. Aus unternehmerischer Sicht sollte es aber auch ein Argument sein, dass die jetzigen Maßnahmen greifen müssen. Wenn sie das nicht tun, werden noch drastischere Maßnahmen ergriffen. Das könnte dann mit den Schließungen noch viel weitergehen, ganz abgesehen von Ausgangssperren. Dann wären die finanziellen Folgen für das Kfz-Gewerbe noch viel heftiger. Je länger sich das hinzieht, desto teurer wird es für eine Volkswirtschaft. Desto weniger wird der Staat die Ausfälle kompensieren können. So sollten die Betriebe, auch wenn sich juristisch darüber streiten ließe, im Sinne aller handeln, die Konsequenzen ziehen und den Geschäftsbetrieb reduzieren.
Gehen Sie davon aus, dass bald in allen Bundesländern nur noch Tankstellen und Werkstätten offen haben werden?
A. Schalk: Nachdem schon mehrmals andere Bundesländer dem Vorbild Bayerns gefolgt sind, gehe ich stark davon aus, dass die Einschränkungen bald bundesweit greifen werden. Dass in Deutschland generell nur noch der Werkstattbetrieb gestattet sein wird, die Verkaufsräume aber geschlossen bleiben müssen. Speziell im Grenzbereich ist das wichtig, weil es natürlich keinen Sinn macht, wenn Kunden über die Grenze ins andere Bundesland fahren, weil dort andere Regelungen gelten. Wie die Einschränkungen genau ausgestaltet werden und ob sie zeitlich parallel in allen Ländern umgesetzt werden, das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nicht sagen.
Wie handhaben Sie die Corona-Krise in ihrem Autohandelsbetrieb?
A. Schalk: Wir haben gestern Mittag bereits beschlossen, den Fahrzeugverkauf einzustellen. Wir haben die praktische Situation, dass der Showroom relativ gut getrennt ist von der Werkstatt. Es sollte aber in jedem Betrieb möglich sein, beide Bereiche voneinander zu trennen und einen Notbetrieb für Reparaturen anzubieten, nicht mehr. Nebenbei haben wir einen Teil des Werkstattpersonals in den Überstundenabbau geschickt. Auch wurden Hygienemaßnahmen eingeführt – Abstand halten oder der Verzicht auf Händeschütteln. Wir versuchen im Betrieb auch zum Beispiel bei den Werkstatt-Ersatzfahrzeugen ein höheres Maß an Hygiene zu erfüllen, in dem wir den Innenraum desinfizieren. Hier sollte sich jeder seiner Verantwortung bewusst sein. Wobei man natürlich nie alle Risiken ausschließen kann. Jeder sollte halt sein Mögliches tun.
Wie vermeiden Sie, dass Ihre Werkstattmitarbeiter sich als "entbehrlich" fühlen könnten? – Immerhin sind sie weiterhin der Gefahr einer Ansteckung ausgesetzt.
A. Schalk: Ich glaube nicht, dass sich Werkstattmitarbeiter in unserem Autohaus als "entbehrlich" fühlen. Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital und das haben wir auch gestern versucht, klar zu machen. Auch deswegen ja das teilweise Herunterfahren unserer Kapazitäten. Allerdings sind gewisse Kapazitäten eben auch systemrelevant. Zum Beispiel hatten wir gestern das Fahrzeug eines Rettungsdienstes bei uns in der Werkstatt. Generell gibt es wahrscheinlich kein Patentrezept in Sachen Hygiene, das auf alle Autohäuser gleichermaßen anwendbar ist. Da muss halt jeder mit gesundem Menschenverstand und Vorsicht rangehen. Wir haben bei uns die Mechaniker und Service-Mitarbeiter beispielsweise in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine arbeitet diese, die andere nächste Woche. Also im Wechsel – um Kontaktpunkte zu reduzieren. Wir haben auch die Hygienemaßnahmen erhöht, wenngleich ich natürlich das Risiko nicht auf null senken kann. Bei Arbeiten unter dem Fahrzeug oder an der Motorhaube sind die Gefahren wohl geringer. Speziell im Fahrzeuginnenraum sollte man aber entsprechende Maßnahmen ergreifen. Das alles ist ein schmaler Grat, ich weiß. Allerdings müssen jetzt eben alle zusammenhelfen, damit der Schaden für Menschen und Unternehmen nicht allzu groß wird.
Herr Schalk, herzlichen Dank für das Gespräch!
Dominik
Annotator
Dieter M. Hölzel
Mr. T
yello001