Ausgabe 09/2009: Bezahlen oder zu Fuß gehen

Bezahlen oder zu Fuß gehenForderungseinzug E Zurückbehaltungsrecht und Unternehmerpfandrecht als probate Mittel Autohaus Juristen Rechtsanwälte G. Haug & PartnerEs dürfte kaum einen Kfz-Reparaturbetrieb geben, der es noch nicht bereuen musste, ein Kundenfahrzeug nach durchgeführter Inspektion oder Reparatur ohne Bezahlung herausgegeben zu haben. Das Risiko, Rechnungsbeträge aufwändig eintreiben oder gar den Forderungsausfall hinnehmen zu müssen, lässt sich bei konsequentem Gebrauch der Möglichkeiten des Unternehmerpfandrechtes oder auch nur des Zurückbehaltungsrechtes in der Praxis aber weitgehend ausschließen. Gerade im Zeitalter der Kartenzahlung sind keine Gründe ersichtlich, auf eine sofortige Bezahlung der Werkstattrechnung zu verzichten. Auch Barzahler sind in der Regel über unerwartet hohen Reparaturbedarf und zusätzliche Kosten durch telefonische Auftragserweiterung rechtzeitig informiert und können sich darauf einstellen. Spitze Waffe … Im Idealfall wurde der Kunde bereits bei Auftragserteilung darauf hingewiesen, dass er sein Fahrzeug nur gegen Bezahlung in bar oder mittels EC- bzw. Kreditkarte abholen kann. Will der Kunde das Fahrzeug ohne Bezahlung haben, weil er beispielsweise „nicht mehr zur Bank gekommen ist“, sollte der Betrieb hart bleiben. Es reicht, den Kunden unmissverständlich um Verständnis zu bitten, dass Fahrzeuge generell nicht ohne erfolgte Bezahlung den Hof verlassen dürfen. Der Betrieb braucht sich hierbei noch nicht festzulegen, ob er von einem einfachen Zurückbehaltungsrecht oder bereits vom Unternehmerpfandrecht Gebrauch macht.In fast allen Fällen reicht die Verweigerung der Fahrzeugherausgabe, um den Kunden – wenn auch manchmal lamentierend – zur zeitnahen Zahlung zumindest unter Vorbehalt der Rückforderung zu bewegen. Auto und Mobilität sind eben wichtige Werte. Ist das Geld erst einmal in der Kasse, muss der renitente Kunde seinerseits auf Rückforderung klagen.In den seltenen Fällen, in denen der Kunde sein Auto nicht zeitnah auslöst, kann sich die Werkstatt unabhängig von Umfang und Wert der erbrachten Leistung auf das Unternehmerpfandrecht berufen, also beispielsweise auch wegen der Kosten eines Ölwechsels bei wertvollen Fahrzeugen. Das Pfandrecht erstreckt sich nicht nur auf das reparierte bzw. gewartete Fahrzeug selbst, sondern auch auf das Fahrzeugzubehör wie beispielsweise Autotelefon oder Navigationssystem. Der Pfandgegenstand haftet für alle finanziellen Forderungen aus dem Werkstattauftrag, also nicht alleine nur für den Werklohn, sondern beispielsweise auch für Entschädigungsansprüche bei vorzeitiger Beendigung des Auftrages, für Schadenersatzansprüche, Verwendungsersatz, Kosten der Aufbewahrung, Zinsen und Verfahrenskosten. In dieser Haftung liegt der Vorzug des Unternehmerpfandrechtes gegenüber dem daneben bestehenden Zurückbehaltungsrecht. Möglich ist die Verwertung des Kundenfahrzeuges und die Verwendung des Erlöses auf die gesamte bis dahin aufgelaufene Forderung, ohne dass es eines Prozessverfahrens bedarf. Die Verwertung ist unter Beachtung zahlreicher Formalitäten ausschließlich über den Gerichtsvollzieher vorzunehmen durch Versteigerung oder freihändigen Verkauf zum Marktwert. Gegebenenfalls müsste der Kunde gegen die Verwertung des Fahrzeuges klagen. Während der Verfahrensdauer bleibt aber erst einmal alles beim Alten, insbesondere das Fahrzeug bei der Werkstätte. … sticht aber nicht immerDas gesetzliche Pfandrecht am Fahrzeug kann nur entstehen, wenn der Auftraggeber auch Eigentümer ist. In den zahlreichen Fällen geleaster oder unter Eigentumsvorbehalt finanzierter Fahrzeuge kann es nicht helfen. Es empfiehlt sich nicht nur deshalb, den Kunden einen Reparaturauftrag mit Geltung der vom ZDK empfohlenen Reparaturbedingungen oder gleichwertiger Regelungen unterzeichnen zu lassen. Diese enthalten zusätzlich auch die Vereinbarung eines erweiterten vertraglichen Pfandrechts u. a. auch für Forderungen aus früher durchgeführten Re-paraturen, Ersatzteillieferungen und sonstigen Forderungen, wenn sie mit dem konkreten Fahrzeug in Zusammenhang stehen. Nur das vertragliche Pfandrecht kann von der Werkstätte gutgläubig erworben werden, d. h. auch für Fahrzeuge, die nicht Eigentum des Auftraggebers sind. Voraussetzung ist jedoch, dass der Werkstätte bei Auftragserteilung die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse nicht bekannt waren oder bekannt sein mussten. Gutgläubiger Erwerb scheidet also aus, wenn der Betrieb Finanzierung oder Leasing des Neufahrzeuges selbst vermittelt hat. Einem Herausgabeverlangen des Kunden selbst kann die Werkstätte gleichwohl auch in diesen Fällen ein Zurückbehaltungsrecht entgegensetzen und das Fahrzeug bis zur Bezahlung der Rechnung ohne Verwertung einbehalten. Verlangt die Leasinggesellschaft oder die Bank die Herausgabe des Fahrzeuges, weil sie den Vertrag mit dem Werkstattkunden gekündigt hat, können angefallene Reparaturkosten regelmäßig als Verwendungsersatz oder unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereiche-rung dort geltend gemacht werden. In der Praxis werden diese Forderungen meist nach kurzem Widerstand in voller Höhe ausgeglichen, damit die Bank oder Leasinggesellschaft das Fahrzeug ohne großen Zeit- und Wertverlust erhält.Rechtsanwalt Robert Glockerkanzlei@raehaug-partner.deKurzfassung1. Die Herausgabe reparierter Fahrzeuge sollte ausnahmslos von der Bezahlung der Rechnung abhängig gemacht werden. 2. Wird nicht bezahlt, gilt das gesetzliche Unternehmerpfandrecht ausschließlich für den konkreten Reparaturauftrag und nur dann, wenn der Werkstattkunde auch Eigentümer des Fahrzeuges ist.3. Das vertraglich erweiterte Pfandrecht bedarf der Vereinbarung mit dem Reparaturauftrag. Es kann gutgläubig erworben werden, auch wenn der Kunde nicht Fahrzeugeigentümer ist.4. Die Pfandrechte lassen über das gesetzliche Zurückbehaltungsrecht hinaus die Verwertung des Fahrzeuges zum Ausgleich der offenen Forderungen zu, ohne dass es einer gerichtlichen Titulierung bedarf. Kommentar< Mit der aktuellen Wirtschaftslage ist die Zahlungsmoral der Werkstattkunden nicht besser geworden und die Werkstattbetriebe sind mehr denn je auf Liquidität angewiesen. Die Kreditierung von Rechnungen für bereits erbrachte Leistungen ist schon lange kein adäquates Mittel der Kundenbindung mehr. Auch der Werkstattkunde ist es längst gewohnt, bereits bei Auftragserteilung darauf hingewiesen zu werden, dass er sein Fahrzeug nur bei unmittelbarer Bezahlung der Rechnung in bar oder mittels EC- oder Kreditkarte wieder ausgehändigt erhält.Abweichende Handhabungen empfehlen sich nicht, denn Vertrauen in Zahlungs-zusagen wird heutzutage mehr denn je mit der Notwendigkeit von Mahnschreiben, Inkasso- und Anwaltsbeauftragung quittiert. >Recht + Steuern

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