Ausgabe 14-15/2007: Basisarbeit

ZDK / Antje Woltermann formulierte die deutsche Antwort auf die Fragen der EU-Kommission zur GVO. Hier erläutert sie die wichtigsten Themen im Gespräch.BasisarbeitVon Doris PlateZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann hat im Auftrag der Fachgruppe Fabrikatsvereinigungen die gemeinsame Antwort aller deutschen Fabrikate auf das Auskunftsersuchen der EU-Kommission zur derzeit gültigen GVO formuliert. Auf 111 Seiten plus zirka 400 Seiten Anlagen stellte sie den derzeitigen Zustand des Kfz-Handels in Deutschland dar. AUTOHAUS-Redakteurin Doris Plate fragte nach.AH: Frau Woltermann, unter welchem Motto stand Ihre Ausarbeitung?A. Woltermann: Die EU-Kommission hat uns förmlich darum gebeten, ihr zu ermöglichen "in voller Kenntnis der Sachlage und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Auswirkungen der GVO auf den Wettbewerb zu prüfen". Dazu wollten wir gerne beitragen, indem wir ausgeführt haben, was sich warum in unserer Branche verändert hat und welche Auswirkungen diese Entwicklungen auf den Wettbewerb hatten. AH: Zusätzlich zu den allgemeinen Ausführungen wurde der Fragebogen aus Sicht des Volkswagen- und Audi-Händlerverbandes beantwortet. Was sollte damit bezweckt werden?A. Woltermann: Die EU-Kommission hatte bei einigen Fragen um Beispiele aus einzelnen Fabrikaten gebeten. Diese haben wir gegeben. Außerdem waren wir der Ansicht, dass es auch Sinn macht, einen Händlerverband alle Fragen beantworten zu lassen, und der Volkswagen-/Audi-Händlerverband ist nun einmal der größte in Deutschland. AH: Die jeweiligen Themen sind sehr komplex und haben viele Facetten. Könnten Sie bitte trotzdem in wenigen Sätzen die jeweils zentralen Botschaften zu den wichtigsten Themen zusammenfassen? Direktverkäufe A. Woltermann: Die Direktverkäufe haben in den letzten Jahren zugenommen. Dazu zählen nach unserer Definition solche vom Hersteller an Werksangehörige, solche an Großabnehmer und Leasinggesellschaften und Verkäufe über eigene Niederlassungen. Wir halten Direktverkäufe für problematisch. Sie wirken sich auch auf den Verbraucher negativ aus. Dieser kann nämlich nicht nachvollziehen, weshalb er auf der einen Seite für sein Auto beim Händler zwölf Prozent Rabatt bekommt, auf der anderen Seite aber für ein drei Monate altes Fahrzeug, das im Rahmen eines Direktverkaufs bereits zugelassen war, 30 Prozent. Das gibt dem Kunden das Gefühl, vom Händler betrogen worden zu sein. Kein Verbraucher wird glauben, dass Händler weniger Rabatt von ihrem Hersteller bekommen als irgendwelche Sonderkunden. Zwischen Niederlassungen und Händlern herrscht aufgrund unterschiedlicher Bedingungen kein fairer Wettbewerb. Das führt dazu, dass Händler im Umfeld von Niederlassungen mittelfristig nicht überleben können. Händlernetzentwicklung A. Woltermann: Die Ursache für die Händlernetz-Neustrukturierung liegt nicht in der GVO. Andererseits konnte aber so manche kleine Importmarke (wie zum Beispiel Hyundai und Kia) ihr Netz umstrukturieren, weil der Mehrmarkenhandel erleichtert worden ist. Außerdem haben wir dargestellt, dass wir der Überzeugung sind, dass der Konzentrationsprozess weiter gehen wird, weil kleinere Händler nicht mehr in der Lage sind, die Verpflichtungen wie Lager- oder Vorführwagenhaltung zu schultern. MehrmarkenhandelA. Woltermann: Da sieht man die positiven Effekte der GVO sehr deutlich. Der Mehrmarkenhandel hat stark zugenommen. Ein typisches Mehrmarkenhandelskonzept in Deutschland gibt es aber nicht. Es gibt große Händlergruppen, die an unterschiedlichen Standorten unterschiedliche Marken vertreten, ebenso wie mittlere Händler, die zwei Marken in einem Ausstellungsraum haben, oder Mehrmarkenhandelszentren mit sechs Marken unter einem Dach. Aus unserer Sicht ist es positiv, dass der Unternehmer vor Ort die Bedürfnisse seiner Kunden analysieren und daraus sein Konzept entwickeln kann. Diese Regelung sollte nach 2010 erhalten bleiben.Verkaufs- und AuslieferungsstellenA. Woltermann: Die Regelung ist noch zu frisch, um abschließend dazu Stellung zu nehmen. Wir schätzen, dass der Anteil der Händler, die Verkaufs- und Auslieferungsstellen errichtet haben, bisher bei unter fünf Prozent liegt. Überwiegend wurden von deutschen Händlern auch nur Auslieferungsstellen in Deutschland errichtet, da es für grenzübergreifende Aktivitäten immer noch Barrieren gibt: Man kennt sich in dem anderen Land nicht aus, das fängt bei der Sprache an und hört beim Umgang mit den Behörden nicht auf. Das braucht Zeit. Bei diesem Thema haben wir auch auf die Besonderheit im Mercedes Benz-Netz hingewiesen. Hier gibt es Interesse an Verkaufsstellen. Die Daimler AG vertritt aber die Auffassung, dass die GVO keine Anwendung findet.Autorisierte Werkstätten A. Woltermann: Von der Autorisierungsmöglichkeit wurde rege Gebrauch macht – je nach Marke unterschiedlich. Im Gegensatz zu London Economics haben wir festgestellt, dass der Wettbewerb dadurch zugenommen hat. London Economics hat ausgeführt, dass der Wettbewerb sich nicht verändert hätte, weil die, die sich autorisieren lassen, schon vorher tätig waren. Das sehen wir anders. Da das Kundendienstvolumen rückläufig ist, ist es logisch, dass der Wettbewerb zunimmt, wenn mehrere dazukommen. Wir haben aber auch aufgezeigt, dass es jetzt die ersten Servicepartner gibt, die ihre Verträge zurückgeben, weil sie festgestellt haben, dass sich das nicht rechnet, weil es zu wenig Kunden und/oder zu hohe Kosten gibt. Auch das ist Wettbewerb. Auswirkungen auf Freie WerkstättenA. Woltermann: Nicht sehr viele Freie Werkstätten haben sich autorisieren lassen, das war aus unserer Sicht aber auch nicht zu erwarten. Anhand von Marktanteilszahlen und -entwicklungen haben wir aber verdeutlicht, dass der Wettbewerb im Sinne der GVO funktioniert. Ersatzteil-VertriebA. Woltermann: Hier haben sich die Regelungen der GVO noch nicht so ausgewirkt wie erwartet. Es braucht Zeit, bis sich die langjährigen Gewohnheiten der Servicepartner und Händler ändern. Viele Hersteller haben aber auch unter dem Wettbewerbsdruck ihre Bonussysteme geändert. Wenn Händler sich dazu entschließen, ihre Ersatzteile beim Hersteller zu bestellen, weil die Konditionen besser sind, ist das nicht negativ. Die Preispolitik von Herstellern für Original-Ersatzteile hat sich aber auch verändert. Die Teile, die wettbewerbsgefährdet sind, wurden günstiger, die anderen teurer. Beispiel Scheibe und Rahmen. Weil die Scheibe überall erhältlich ist, ist diese günstiger geworden. Der Rahmen ist aber nicht überall erhältlich und darum teurer geworden. Wie sich das für den Verbraucher auswirkt, müsste noch untersucht werden. Vier Extra-PunkteAH: Zum Schluss wurden Sie von der EU-Kommission nach anderen Ihnen wichtig erscheinenden Punkten befragt. Welche haben Sie da genannt?A. Woltermann: 1. Verkauf von Händlerverträgen an Mitglieder des Netzes. Die Regelung ist gut, in der Praxis gibt es aber Probleme, weil zum Beispiel der jeweilige Hersteller seine Missbilligung gegenüber dem Kaufinteressenten äußerte und dieser daraufhin zurückzog. 2. Einvernehmliche Vereinbarung von Jahreszielen. Diese Regelung wird mehr und mehr ausgehöhlt, dadurch, dass es ein zweites Ziel gibt: Bei vielen Marken werden Prämien auf Basis von Quartals- oder Monatszielen berechnet. Diese Ziele werden nicht einvernehmlich festgelegt. 3. Garantievergütung. Hier gibt es Tendenzen, die Garantievergütung immer weiter zu kürzen. Unseres Erachtens muss sie so bemessen sein, dass nicht nur die Kosten gedeckt werden, sondern auch ein angemessener Gewinn erzielt werden kann. Inzwischen ist es so, dass nicht einmal die Kosten gedeckt werden. Das dürfte die Kommission interessieren, weil sich das auch auf den Verbraucher auswirkt. Denn auf Dauer muss der Kunde mit anderen Aufträgen die Aktivitäten des Herstellers subventionieren, damit die Werkstatt nicht pleite geht. 4. Technische Informationen. Die Zurverfügungstellung funktioniert immer noch nicht reibungslos. AusblickAH: Wie geht es jetzt weiter?A. Woltermann: Jetzt sammelt die EU-Kommission sämtliche Unterlagen. Dann wird ausgewertet. Es könnte noch Rückfragen geben. Dann wird zusammengetragen. Auf der Basis dieser Ausführungen wird der Bericht im Frühjahr 2008 veröffentlicht. Wir erwarten, dass die Kommission dann auch Szenarien für den Vertrieb und Service nach 2010 entwickelt. Zu diesem Bericht können dann wieder alle Marktteilnehmer Stellungnahmen abgeben. Nach deren Auswertung fällt die Entscheidung über die Zukunft der Kfz-GVO Ende 2009, Anfang 2010.

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