Ausgabe 23-24/2008: Autohaus 23-24/2008

Autohaus 23-24/2008Integration neuer Mitarbeiter / Sie muss Chefsache sein. Sonst sind gute Leute oft schnell wieder weg.Abwanderungsstoppvon Winrich Widera und Katrin Schillinger*Horst Bergmann (Name geändert) ist ratlos. Innerhalb von zwei Jahren hat der Autohausinhaber vier Verkäufer kurz nach ihrem Einstieg ins Unternehmen wieder verloren. Natürlich möchte er wissen, warum seine "Neuen" so schnell wieder das Weite suchen. Sie hatten nach einer kurzen Einarbeitungsphase bereits sehr gute Ergebnisse erzielt und überdurchschnittlich verdient.Diese Geschichte ist kein Einzelfall. Weshalb es mit der Zusammenarbeit nicht klappt, ist häufig keinem der beiden Vertragspartner so richtig klar. Es gibt plausible Gründe, seinen Job als Verkäufer an den Nagel zu hängen. Umgekehrt gibt es auch Verkäufer, die in Ermangelung verkäuferischer Kompetenzen nach Ablauf der Garantieprovision das Autohaus wechseln – die klassischen "Jobhopper".Integrationsmanagement In den meisten Fällen fehlt die Erkenntnis, dass neue Mitarbeiter systematisch in das Unternehmen integriert werden müssen. Ein Schlüssel bei überdurchschnittlich hoher Personalfluktuation heißt Integrationsmanagement. Die Erkenntnis, dass es sich dabei um eine Prozessaufgabe handelt, die von der Geschäftsführung als Chefsache behandelt werden muss, beginnt sich langsam durchzusetzen.Ursachen für mitarbeiterseitige Kündigungen gibt es einige. Abtrünnige Verkäufer beklagen das angeblich schlechte Produktportfolio des Herstellers, erlittene Provisionseinbußen oder allgemeine Unzufriedenheit mit dem Betriebsklima. Auch Veränderungen bei der Karriereplanung werden genannt. Aber das sind höfliche Ausreden. Dahinter steckt häufig, dass es keine Passung zwischen Betrieb und Mitarbeiter gab. Das wäre bei genauer Analyse schon vor der Einstellung erkennbar gewesen. Ebenso können persönliche Missempfindungen von strukturellen Organisationsproblemen abgegrenzt werden.Personalfluktuation auf ein akzeptables Niveau zu minimieren, ist das Ziel strategischer Personalentwicklung. Doch die Eingliederung neuer Mitarbeiter wird – gerade in mittelständischen Betrieben – zuweilen nahezu sträflich vernachlässigt. So endet die Personalentwicklung häufig mit der Entscheidung für den Bewerber.Verdeckte UnzufriedenheitDie anfänglichen Erfolge sind oft trügerisch und kaschieren aufkommende Unzufriedenheit. Ein Verkäufer muss mit allen Abteilungen kommunizieren, mit der Disposition wie mit der Werkstatt, mit Teiledienst und Buchhaltung. Für neue Mitarbeiter ist ein nicht unterstützter Integrationsprozess häufig mit einem Spießrutenlauf vergleichbar. Gerade der Verkäufer, der an schnellem Erfolg – sichtbar durch verkaufte Einheiten – gemessen wird, ist auf eine reibungslose Zusammenarbeit angewiesen. Hierfür muss er die Regeln und Prozesse kennen.Da es einen Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und unternehmerischem Erfolg gibt, ist das Ziel der Integration, die Potenziale des einzelnen Mitarbeiters kontinuierlich in die Unternehmensziele einzubinden und auszuschöpfen. Die Integration ist nämlich das entscheidende Bindeglied zwischen der Personalsuche und -auswahl auf der einen Seite und Personalentwicklung auf der anderen Seite. Alle Elemente der strategischen Personalentwicklung sind miteinander verlinkt und müssen auf die Unternehmensziele abgestimmt sein (siehe Grafik). Suche und AuswahlEin neu gewonnener Mitarbeiter kann sein Potenzial also schlichtweg nicht optimal entwickeln und gewinnbringend für das Unternehmen einsetzen, wenn kein professionelles Integrationsmanagement betrieben wird. Natürlich muss er auch die erforderlichen Kompetenzen mitbringen. Für die Rekrutierung neuer Mitarbeiter bedeutet das: Eine Zeitungsanzeige zu schalten und den besten Kandidaten einstellen reicht nicht mehr aus. Der "Goldfisch" muss auch im Unternehmen gehalten werden. Dafür hält die Personalpsychologie inzwischen eine Vielzahl von Instrumenten bereit, von denen zu selten Gebrauch gemacht wird. Assessment Center und eignungsdiagnostische Verfahren sollten in allen Branchen und Betriebsgrößen gang und gäbe sein. Ähnlich ist es in der subjektbezogenen Personalentwicklung. Mitarbeitergespräche, Qualifizierungen oder auch Coachings sollen die Potenziale des einzelnen Mitarbeiters ausbauen und erweitern.Von allen drei Säulen der strategischen Personalentwicklung besteht der größte Nachholbedarf beim Integrationsmanagement. Was kann zum Beispiel passieren, wenn der in der Region bekannte Top-Verkäufer zum Team stößt? Bei einigen Kollegen sackt die Motivation in den Keller. Ihre Lust, den Neuen beim Heimischwerden zu unterstützen, hält sich in Grenzen. Es braucht ein Konzept, diese Bereitschaft zumindest auf der Basis einer ökonomischen Vernunft zu fördern. Von erfolgreicher Arbeit profitieren auf Dauer alle.Chef muss sich kümmernDas klassische Bewerbungsgespräch ermöglicht einen Überblick über den Ausbildungs- und Erfahrungsstand des Bewerbers. Noch wichtiger ist das für einen erfolgreichen Integrationsprozess erforderliche Entwicklungspotenzial. Dabei geht es um langfristige Prozesse, die das Erreichen der Unternehmensziele insgesamt sicherstellen. Und das ist Chefsache.Das bedeutet, dass die Geschäftsführung den Einarbeitungsprozess der Mitarbeiter im Unternehmen persönlich begleiten sollte. Dass in einem Autohaus die Verkäufer zu diesem Kreis gehören, steht außer Zweifel. Darüber hinaus ist es wichtig, dass diese Gespräche nicht zwischen Tür und Angel geführt werden, sondern regelmäßig in Form strukturierter Entwicklungsgespräche. Folgende Punkte sind hierbei von Bedeutung: gleiches Verständnis des angestrebten Entwicklungswegs, konzentrierte Orientierung an gemeinsam entwickelten Erwartungen und Zielen, gezielte Vermittlung von firmentypischen Abläufen und Werten, gemeinsame Planung, Entwicklung und Umsetzung von konkreten Maßnahmen, Aufdeckung von vorhandenen und möglichen Stolpersteinen und bestehendem Unterstützungsbedarf.Die einzelnen Aspekte machen deutlich, wie wichtig ein guter Kontakt zwischen dem neuen Mitarbeiter und dem Unternehmen sowie eine intensive Betreuung insbesondere in der Startphase sind. Ziel dieses Prozesses ist ein zufriedener und in das Unternehmen integrierter Mitarbeiter, der das Unternehmen nicht gleich wieder verlässt, wenn die eine oder andere organisatorische Rahmenbedingung oder ein Detail der Karriereentwicklung nicht stimmen. Selbst die eine oder andere persönliche Unverträglichkeit innerhalb des Teams lässt sich mit einem aktiv gesteuerten Integrationsmanagement in den Griff bekommen. Das allerdings erfordert viel Zeit und noch viel mehr Führungskompetenz in der Geschäftsführung. * Winrich Widera und Katrin Schillinger arbeiten bei artop GmbH – Institut an der Humboldt-Universität zu Berlin.Strategische Personalentwicklung

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Abwanderungsstopp

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