Ausgabe 23-24/2008: Autohaus 23-24/2008

Autohaus 23-24/2008GW-Auktionen / Die Bedeutung des Ver- und Einkaufs von Gebrauchten via Versteigerung wird auch in Deutschland zunehmen.Drei, zwei, gekauft!Von Ralph M. MeunzelGebrauchtwagen-Auktionen haben in Deutschland noch nicht die Bedeutung wie in den USA oder Großbritannien. Die Zahl jener, die ihre Gebrauchten via Versteigerung vermarkten oder einkaufen, steigt jedoch ständig. Mit Manheim ist jetzt das größte Auto-Auktionshaus der Welt im deutschen Markt präsent. Wie man dabei vorgeht, beschreibt der Geschäftsführer von Manheim Deutschland, Alain van Münster, im folgenden Gespräch. Zu Manheim gehört auch das Smart-Repair-Unternehmen Dent Wizard. Inzwischen hat man auch die Mehrheit am Internetsoftwarehaus Modix übernommen.AH: Herr van Münster, mit Manheim kommt ein zweites großes Auktionshaus nach Deutschland. Was hat Sie bewogen, jetzt einzusteigen?A. van Münster: Wir haben uns zunächst um Kooperationen mit Wettbewerbern bemüht, haben dann aber gesehen, dass wir auch in Deutschland eine eigene Organisation benötigen. Nachdem wir zunächst die anderen europäischen Länder erfolgreich entwickelt haben, sind wir jetzt dabei, Manheim in Deutschland aufzubauen. Deutschland ist der schwierigste Markt aufgrund der marktüblichen Qualitätsstandards und wir wollen es gleich richtig machen. Start mit kleinen SchrittenAH: Wie weit sind Sie jetzt?A. van Münster: Wir fangen mit kleinen Schritten an und sind zunächst im rheinischen Düren mit einem kleinen Auktionszentrum mit zwei Straßen gestartet. Sobald wir sehen, dass es gut läuft, machen wir natürlich weiter.AH: Warum sind Sie zunächst in Düren bei Recontec gelandet? Hier ist sicher nicht der Nabel der Automobil-Welt.A. van Münster: In meiner früheren Tätigkeit war ich als Geschäftsführer bei Recontec tätig und habe gesehen, welches Potenzial dieses Fahrzeugcenter bei der Aufbereitung, Reparatur und Bereitstellung hat. Hier laufen p. a. 120.000 Gebrauchtwagen durch. Und das sind natürlich Fahrzeuge, die auch für unsere Auktionen in Frage kommen. Dabei entstehen keine Logistikkosten. Gleichzeitig können wir hier ein gut aufeinander abgestimmtes Dienstleistungskonzept für unsere Kunden anbieten. AH: Welche Kunden hat Manheim als Zielgruppen?A. van Münster: Hier in Düren stehen unter anderem Fahrzeuge der großen Autovermieter, von Automobilbanken, Niederlassungen und von großen Händlern. Das sind genau die Kunden, deren Fahrzeuge wir optimal bei unseren Auktionen vermarkten können. Spätestens nach 90 Standtagen muss sich doch jeder Händler überlegen, was er mit diesem Gebrauchten tut – der Wert eines Autos ist durch längeres Stehen noch nie gestiegen.AH: Wie vollzieht sich der weitere Ausbau?A. van Münster: Wir werden weitere fünf Auktionscenter in den kommenden Jahren in Deutschland errichten. Dabei wollen wir unseren Kunden stets ein Gesamtangebot – allein oder mit Partnern – mit den weiteren Dienstleistungen Aufbereitung und Transport vor Ort anbieten. Pro Tag 12.000 AutosAH: In welcher Form will sich Manheim vom Wettbewerb differenzieren?A. van Münster: Wir sind ein amerikanisches Unternehmen mit Sitz in Atlanta und handeln mehr als zehn Millionen Fahrzeuge pro Jahr. Pro Tag verkaufen wir auf unseren Auktionen rund 12.000 Autos. Wir haben also eine umfangreiche Erfahrung und werden diese natürlich mit den hohen Qualitätsstandards, die in Deutschland üblich sind, einbringen und uns den lokalen Markterfordernissen anpassen. Ähnlich wie unsere Nachbarn aus Atlanta, Coca Cola und McDonald's werden wir die Grundrezeptur überall beibehalten, uns aber in Varianten dem lokalen Geschmack anpassen. Auch in Deutschland wollen wir demnächst die Finanzdienstleistungen von Manheim Finance anbieten. Damit können unsere Kunden, die Fahrzeuge ersteigern, die Ware unmittelbar vor Ort finanzieren. Außerdem wird es bei uns im Auktionszentrum immer mehrere Auktionsstraßen – so genannte Lanes – gleichzeitig geben. Wir wollen Einkäufer mit unterschiedlichen Profilen nicht blockieren, sondern bieten in unseren Trading Centern auf separaten Lanes beispielsweise Autos ab 25.000 Euro oder Fahrzeuge, die älter als zehn Jahre sind, parallel an. AH: Im Vergleich zu den USA oder GB haben sich Auktionen in Deutschland immer schwer getan. Ist jetzt die Zeit reif, um das Remarketing per Hammerschlag im großen Stil zu betreiben?A. van Münster: Wir stellen fest, dass sich im zweitgrößten GW-Markt der Welt immer mehr Anbieter und Händler für die Auktion entscheiden. Der Auktionsmarkt beläuft sich derzeit auf maximal 250.000 Autos bei mehr als sechs Millionen Besitzumschreibungen insgesamt. Wir sehen also ein sehr großes Wachstumspotenzial und wollen in den kommenden Jahren jährlich mindestens 60.000 Fahrzeuge in unseren sechs Centern versteigern. AH: Man sieht vor allem freie Händler auf den Auktionen. Hält sich der Vertragshandel beim Einkauf eher zurück?A. van Münster: Der Vertragshandel ist sicher stark mit den Aktionen der Hersteller belastet. Deshalb ist man beim Zukauf von Gebrauchtwagen oft zurückhaltender. Kleinere freie Händler sind hier flexibler und leben ausschließlich davon. Für den Einkauf in der Auktion brauchen sie Erfahrung. Diese Chance muss künftig vom Vertragshändler mehr genutzt werden. Dieses Business-Modell hat Zukunft!Integrierte GW-PlattformAH: Auch die Hersteller haben sich mit ihren Angeboten an die Auktion zurückgehalten?A. van Münster: Ich spüre hier ein steigendes Interesse. Die Hersteller führen Gespräche mit uns und sind sehr interessiert an unseren Dienstleistungen.AH: Wie beurteilen Sie die Einstellung des Handels, künftig mehr Fahrzeuge einzustellen?A. van Münster: Dazu gehört zunächst sicher oft Mut, bestehende Prozesse und Geschäftsmodelle zu ändern. Durch unsere Beteiligung an dem Online-GW-Spezialisten Modix verfügen wir aber über eine einzigartige GW-Plattform, die den Vermarktungsprozess von der Inzahlungnahme bis zur Einstellung in die Auktion abwickeln kann.AH: Wie weit sind Sie mit Online-Versteigerungen?A. van Münster: Wir starten im kommenden Jahr mit einer deutschen Marke. Dieser Prozess wird in die weltweite Manheim-Plattform integriert. Damit tragen wir der zunehmenden Akzeptanz von Online-Auktionen Rechnung. Wir kooperieren hier mit unseren Ländergesellschaften in Europa und bieten damit ein großes, grenzüberschreitendes Einkaufsportal. Gemeinsam mit Modix können wir unseren Kunden ein Tool bieten, um genau zu sagen, in welchem Gebiet ein bestimmtes Fahrzeug gerade am stärksten nachgefragt wird. Ab Januar wird es dann mindestens wöchentlich eine offene Online-Auktion bei Manheim geben. Die Basis unseres Geschäftes wird aber immer ein physisches Auktionsnetz sein.AH: Welche Rolle spielt Dent Wizard?A. van Münster: Wir haben 175 Techniker, die tagtäglich mit unseren 10.000 Kunden kommunizieren und die Augen und Ohren unserer Organisation darstellen. Dent Wizard ist außerdem der unangefochtene Marktführer für Smart Repair und das Dellendrücken. Davon versprechen wir uns zahlreiche Synergieeffekte. Inzwischen arbeiten für Manheim in Deutschland also insgesamt mehr als 300 Mitarbeiter. Unser Ziel ist es, den gesamten Gebrauchtwagen-Prozess möglichst vollständig abzubilden und professionell zu begleiten.AH: Was kostet die Auktion bei Manheim?A. van Münster: Der Einkäufer bezahlt zwei Prozent des ersteigerten Fahrzeugs, minimal 170 Euro. Der Einsteller hat Einstellkosten in Höhe von 50 bis 150 Euro – abhängig von den Leistungen, die er in Anspruch nimmt. Beim Verkauf werden dann noch einmal zwei Prozent des Hammerpreises fällig, die mit der Einlieferungsgebühr teilweise verrechnet werden.AH: Herr van Münster, herzlichen Dank für das Gespräch!

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