Löhr-Gruppe kauft Autohaus Kempen: Außergewöhnliches Geschäft in außergewöhnlicher Situation

Manchmal muss man einfach nur Glück haben. Andere sagen: "Das Glück ist mit den Tüchtigen." Beim Verkauf des Meckenheimer Autohauses Kempen an die Koblenzer Löhr-Gruppe muss wohl das abgegriffene Wort der Win-Win-Situation bemüht werden. Denn Verkäufer Ralph Kempen, Geschäftsführer des gleichnamigen Betriebes, spricht von "einem außergewöhnlichen Geschäft in einer außergewöhnlichen Situation". Käufer Hans-Jürgen Persy, Vorstandsvorsitzender der Löhr & Becker AG, von einer "guten Investition", denn schließlich habe der Betrieb jahrelang eine solide Rendite gebracht. Anfang 2016 wechselte das Meckenheimer Autohaus Kempen in den Besitz der Löhr-Gruppe. Damit wurde aus dem inhabergeführten Familienbetrieb ein Teil einer der größten Automobil-Handelsgruppen Deutschlands. Das Koblenzer Unternehmen ist mit derzeit 32 Autohäusern der Marken Volkswagen, VW Nutzfahrzeuge, Audi, Porsche, koda, Seat und Toyota an 13 Standorten in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen und zirka 30.000 Neu- und Gebrauchtwagenverkäufen unter den Top 10 in der Branche. Die Übernahme war "Großes Tennis" Die Übernahme war auch für die Löhr-Gruppe "großes Tennis", denn wer Kempen kennt, weiß, dass das kein übliches Autohaus, sondern eine imposante Automeile mit diversen marken- und funktionsspezifischen Immobilien für VW, Audi, Skoda und Seat und vor allem enormen Aftersales-Kapazitäten ist. "So etwas bei laufendem Geschäft zu intergrieren, ist eine Herausforderung der Extraklasse", fasste Persy zusammen. Für beide hat es sich aber gelohnt: Kempen erhielt einen nicht genau bezifferten Millionenbetrag für das Autohaus und bleibt weiterhin Vermieter der Immobilie. Die Löhr-Gruppe erhält ein weiteres starkes und erfolgreiches Unternehmen, auf dessen bemerkenswerte Entwicklung sie schon seit längerem mit Interesse blickte, und rundet ihr Gebiet im Nord-Westen ab. Denn die Koblenzer betreiben schon seit Jahrzehnten ein VW und Audi Autohaus in Bad Neuenahr, nur neun Kilometer vom Kempen-Standort entfernt. Der Betrieb stieß mittlerweile immobilien- und standardseitig an seine Grenzen und konnte die Kunden- und Herstellererwartungen auf Sicht nicht mehr erfüllen, erläutert Persy: "Seit geraumer Zeit kündigten sich erhebliche Investitionen an und die Frage war, macht das - in einer prominenten Innenstadtlage und auf Basis einer Pachtvertragslösung - für uns wirtschaftlichen Sinn, diese dort umzusetzen?" Der eine hat, was der andere braucht Auf der anderen Seite standen die Überlegungen des Meckenheimer Familienbetriebs: Das Unternehmen war wirtschaftlich gesund. Der Verkauf an Neu- und Gebrauchtwagen lag jährlich bei jeweils 2.000 Stück, der Umsatz bei etwa 97 Millionen Euro. Seit Jahren zählte das Autohaus im 'VW Forum der Besten' zu den Gewinnern. Aber, so erläuterte der 72-jährige Firmengründer Matthias Kempen, der mehr Zeit für sich und seine Familie haben wollte: "Wir waren einerseits zu klein für Kettenbetriebe, andererseits zu groß für einen Kleinbetrieb." Im Hinblick auf die langfristige Sicherung und den Erhalt der Arbeitsplätze in Meckenheim habe man sich deshalb nach einem starken Interessenten umgesehen, so Ralph Kempen, der seit 1999 gemeinsam mit seinem Vater das Unternehmen leitete. Durch einen persönlichen Kontakt von Rainer Blessgen, Vorstandsmitglied bei Löhr mit Ralph und Matthias Kempen, ergab sich dann die Chance, eine für beide Parteien zufrieden stellende Lösung zu finden. Wie bei jedem Unternehmenserwerb spielten dabei der Kaufpreis und die Bewertungskriterien die zentrale Rolle. Aber auch Verhandlungen mit den Herstellern waren nötig. Dafür, dass sowohl die Bewertungen als auch die rechtlichen Themen sauber und zur Zufriedenheit beider Parteien abgewickelt werden konnten, sorgten auf beiden Seiten Profis: Kempen hatte die Kölner Kanzlei Osborne Clarke engagiert. Deren M&A-Spezialist (Mergers & Akquisitions, also Unternehmensfusionen und -käufe) Dr. Björn Hürten sowie Rechtsanwalt Uwe Brossette verfügen über viel Erfahrung beim Kauf und Verkauf von Autohäusern. Auf Seiten der Löhr-Gruppe verhandelte deren Vorsitzender des Aufsichtsrats, der ebenfalls in der Branche bestens bekannte Anwalt Dr. Günther Falkenstein. Neue Führung Die grundsätzliche Einigung über den Verkauf kam innerhalb von wenigen Monaten bis zum 30. Juni 2015 zustande. Die Übergabe der Bestände erfolgte dann zum Inventurzeitpunkt 31.12.2015. Die letzten Details wurden in den ersten Monaten 2016 abgewickelt. In dieser Zeit stellte Geschäftsführer Ralph Kempen, der sich zunächst entschieden hatte, trotz des Verkaufs im Unternehmen zu bleiben, fest, dass es einen Unterschied macht, ob man "Chef" eines Familienunternehmens oder Geschäftsführer eines Betriebes einer großen Gruppe ist. Der Sohn des Gründers entschied sich deshalb am Ende des ersten Quartals 2016 "in enger Abstimmung und im Einvernehmen mit den neuen Inhabern" das Unternehmen zu verlassen. Ralph Kempen wird in Zukunft mehr Zeit für seine Familie haben, sich aber auch weiterhin um den Immobilienbestand der Familie kümmern, zu dem auch die Autohäuser weiter zählen. Löhr berief zum 1. April neben Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Rainer Blessgen den seit langem in leitender Position im Autohaus Kempen tätigen Stephan Esser in das neue Geschäftsführerteam. Flankiert wird die neue Spitze von Holger Schmalbruch, Vertriebsleiter Gebrauchtwagen der Löhr-Gruppe, der als Prokurist zusammen mit seinen Kollegen tätig sein wird. Erweiterung der Kapazität Derzeit werden die Kapazitäten in Meckenheim spürbar erweitert, eine zusätzliche, große Immobilie wurde angeschafft und befindet sich bereits im Umbau. Denn zum 30. April wird der Betrieb im etwa neun Kilometer entfernten Bad Neuenahr geschlossen. Der Fahrzeugvertrieb für alle Marken wird dann komplett aus Meckenheim abgewickelt. In Bad Neuenahr wird im dritten Quartal ein neuer Betrieb mit VW Economy Service unter der Führung des Autohauses Kempen eröffnet. Einfachere Reparaturen können dort ausgeführt werden. Andere Kunden können ihr Fahrzeug dort abgeben oder ins nahe gelegene Meckenheim fahren. "Wir gehen davon aus, dass unsere zufriedenen Kunden uns folgen", so Persy. Ende April ist ein "Tag der offenen Tür" in Meckenheim geplant, zu dem alle Bad Neuenahrer Kunden eingeladen werden, um ihr neues Autohaus kennenzulernen und ihre gewohnten Ansprechpartner dort wieder zu treffen. In Meckenheim soll dann zu den gut 4.000 Autos und 55.000 Servicestunden, die das Autohaus Kempen bisher verkaufte, möglichst das Volumen hinzukommen, das in Bad Neuenahr steckt und von Löhr dort Jahrzehnte lang erfolgreich erschlossen und bearbeitet wurde. Die Mitarbeiter werden also alle gebraucht und wurden auch übernommen. Eine Win-Win-Situation eben. Kurzfassung Die einen wollen aussteigen, die anderen sich verändern. Selten passen die Anforderungen von Käufer und Verkäufer so gut wie in diesem Fall. Wenn dann noch Profis über Kaufpreis und Beständebewertung verhandeln, kann es schnell gehen.

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