Ausgabe 20/2012: Auslaufmodell

AuslaufmodellBruttoertragsprovision – Angesichts der angespannten Lage im Fahrzeugverkauf muss die Bezahlung der Verkäufer auf Provisionsbasis überdacht werden. Die Hersteller sind gefordert. Von Volker WitzlebenHohe Fluktuationsraten, schlechte Stimmung und wenig Resonanz auf Stellenanzeigen sind im Automobilhandel keine Seltenheit mehr. Was sind die daraus resultierenden Gefahren und wie sollte die Branche dem Trend entgegenwirken?Die AusgangssituationIn der Branche bevorzugen herstellereigene Betriebe eine umsatzorientierte Provision – zum Teil kombiniert mit anderen leistungsrelevanten Bausteinen. Bei Vertretungen und Vertragswerkstätten wird die Provision in der Regel nach dem Bruttoertrag berechnet. Eine bis dato kluge Lösung. Denn der Verkäufer profitiert von guten Geschäften und versucht den Nachlass gering zu halten. Je höher der Ertrag für das Unternehmen, desto höher der Ertrag für den Verkäufer: eine klassische Win-Win-Situation. Das traditionell geringe Fixum konnte durch viele ertragreiche Geschäfte kompensiert werden.Veränderte RahmenbedingungenDurch den hohen Wettbewerbsdruck im deutschen Markt hat sich das Nachlassver-halten der Händler deutlich verändert. Vertragspartner gehen dazu über, Geschäfte zu realisieren, die für den Verkaufsbereich keine Geschäfte mehr sind. Die vom Hersteller zur Verfügung gestellte Marge wird zum erheblichen Teil in den Nachlass gesteckt, um an die vom Hersteller ausgelobten Zielerreichungsprämien zu gelangen und um die eigene Werkstatt auszulasten. Dadurch sind die Bruttoerträge im Verkauf deutlich gesunken und nur die wenigsten Händler arbeiten in diesem Geschäftsfeld profitabel.Die Auswirkungen auf die Verkäuferprovision sind ebenso fatal. Da es kaum noch gute Geschäfte mit hohen Bruttoerträgen gibt, finden kaum noch Kompensationsgeschäfte statt, und die „Mischkalkulation“ hat ausgedient. Der Aufwand für den Verkauf eines Kleinwagens ist oft größer als der für eine Luxuslimousine. Der Lohn ist mager: für die Kundengespräche mit teils zähen Verhandlungen, Gebrauchtwagenbewertung, Probefahrten, Leasing- und Finanzierungsangeboten inklusive einer aufwendigen Abwicklung, Fahrzeugauslieferung und Nachkaufbetreuung erhält der Verkäufer nicht selten weniger als 100 Euro, brutto wohlgemerkt. Zahlreiche Verkäufer leben deshalb vom Garantiegehalt, welches sich bei den meisten Händlern im Bereich von 2.000 bis 2.500 Euro inklusive Fixum bewegt. Hohe FluktuationsratenFür den Automobilverkäufer hat sich die Arbeitswelt in den vergangenen Jahren erheblich verschlechtert: hoher Aufwand, wenig Ertrag! Deshalb hat sich der Anreiz, Automobilverkäufer zu sein, in den vergangenen Jahren deutlich reduziert. Verkäufer wechseln in der Regel nicht den Beruf, vorausgesetzt sie sind Verkäufer „aus Fleisch und Blut“. Der Reiz, die Branche zu wechseln, ist größer denn je. Während im Lkw- und Transporterbereich noch ordentliches Geld zu verdienen ist, wird es im Pkw-Geschäft immer schwieriger, Gehälter jenseits der 4.000- Euro-Marke zu erzielen. Ich selbst habe als Verkaufsleiter gute und sehr gute Verkäufer erlebt, die aus finanziellen Gründen der Automobilbranche den Rücken gekehrt haben. In der Pharma-, Finanz-, Sportartikel- oder Lebensmittelbranche werden häufig höhere Gehälter und Provisionen gezahlt und bessere Arbeitsbedingungen geboten. Insbesondere bei Außendienst-Verkäufern kostet ein Wechsel den Händler und den Hersteller richtig Geld. Denn es erfordert ein hohes Maß an Zeit, Geld und Geduld, bis sich der neue Automobilverkäufer im Gebiet eingearbeitet hat und neue Kunden dauerhaft erfolgreich akquiriert. Während früher auf Stellenanzeigen zahlreiche qualifizierte Bewerbungen eingingen, wird die Resonanz immer geringer: quantitativ und qualitativ. Und die, die sich für den Beruf des Automobilverkäufers entscheiden, werden nicht selten enttäuscht. Die in Aussicht gestellten Verdienstmöglichkeiten werden nur selten erreicht. Es besteht die große Gefahr, dass der Automobilbranche die qualifizierten Verkäufer ausgehen. Mögliche AnsätzeUm Verkäufer im Unternehmen zu halten, gehen manche Händler dazu über, Festgehälter zu zahlen. Die Frage sei erlaubt: Fördert diese Art der Bezahlung den aktiven Verkauf? Oder ist der Verkäufer nicht eher geneigt, nur die angenehmen und unproblematischen Kunden zu bedienen? Nach meiner festen Überzeugung ist eine leistungsorientierte Bezahlung im Verkauf zwingend erforderlich. Deshalb scheidet diese Option aus.Da sich der Aufwand für Verkäufer in vielen Bereichen zum Teil drastisch erhöht hat, ist eine Anhebung des Fixums sicherlich gerechtfertigt. Die Erhöhung geht zu Lasten des Händlers, erhöht die Kosten und schmälert nochmals den viel zu geringen Ertrag. Ein Teufelskreis! Eine Anhebung der Garantieprovision verspricht langfristig keine Verbesserung. Es ist zu befürchten, dass Verkäufer kaum Chancen sehen, über die garantierte Provision hinauszukommen. Und dann wirkt sich dies bei der Mehrzahl der Verkäufer wie ein Festgehalt aus. Eine umsatzorientierte Provision kann der Handel allein nicht stemmen. Während der Verkäufer bei teuren Fahrzeugen gut verdienen würde, ginge der Händler leer aus. Eine weitere Schwächung des Betriebsergebnisses im Pkw-Verkauf wäre die Folge. Eine Kombination aus mehreren Parametern erscheint zu aufwendig.Sind hier die Hersteller gefordert? Nach meiner Einschätzung: ja. Denn jeder Hersteller hat das primäre Interesse an mehr Marktanteil und erzielt die mit Abstand größten Deckungsbeiträge beim Verkauf des Fahrzeugs. Und jeder Hersteller hat ein Grundinteresse an einem funktionierenden und finanziell gesunden Vertriebsnetz. Eine Erhöhung der Marge ist sicherlich keine wirksame Lösung. Denn die Gefahr, dass die höhere Marge in den Nachlass fließt, wäre viel zu hoch. Denkbar sind Prämien, die mittels Verkäufernummer direkt zugeordnet werden können. Der Händler müsste sich für die ordnungsgemäße Weitergabe an den Verkäufer verpflichten. Feste Prämien in Euro pro Fahrzeug würden die Umsetzung im Handel und die Akzeptanz bei den Verkäufern erleichtern. ■Lesen SIe hier...... welche Konsequenzen drohen, wenn Ihre Verkäufer auf Grund der Bruttoertragsprovision zu wenig verdienen.KurzfassungDie im Automobilhandel gängige Bruttoertragsprovision hat Konsequenzen auf die mittel- und langfristige Qualität der Verkäufer. Da für zahlreiche Verkäufer der finanzielle Anreiz fehlt, sind folgende Auswirkungen zu befürchten:■ Die Fluktuationsrate steigt weiter.■ Die Attraktivität des Berufsbildes „Automobilverkäufer“ sinkt.■ Kostensteigerung durch mehrfache Ausbildung.■ Kaum noch qualifizierte Verkäufer in der Automobilbranche.■ Weniger Umsatz bei Neu- und Gebrauchtwagen.■ Nachlassende Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität.■ Fehlende Umätze und Erträge für den Verkaufs- und Servicebereich.

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