China kann anstrengend sein – Rupert Stadler kann ein Lied davon singen. Nachdem er gerade erst in dem Land zu Besuch gewesen war, um den Verkaufsrekord von einer Million Audis seit 1988 zu feiern, landete der Chef des Autobauers am vergangenen Samstagmorgen schon wieder in Schanghai. Er gab auf einer Pressekonferenz die engere Zusammenarbeit Audis mit der Tongji Universität bekannt, führte an Ort und Stelle ein längeres Vier-Augen-Gespräch mit Chinas Wissenschaftsminister Wan Gang, nur um am Samstagabend wieder zurück nach Deutschland zu jetten.
Vergnügungsreisen sehen anders aus, nötig sind solche Trips trotzdem. China hat höchste strategische Bedeutung für Stadler, denn es ist Audis wichtigster Absatzmarkt. Per Oktober wurden dort mit rund 190.000 Einheiten mehr Neuwagen verkauft als im gesamten Krisenjahr 2009 (159.000). Zum Vergleich: BMW und Mercedes-Benz kamen zusammen von Januar bis September 2010 auf gut 212.000 verkaufte Neuwagen in China. Das Riesenreich ist Audis "zweiter Heimatmarkt", sagt Stadler – und schon heute wichtiger als der erste, könnte man hinzufügen. In Deutschland wurden in 2010 bislang 183.300 Audis neu zugelassen, 6,7 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum.
China liefert also erfreuliche Nachrichten, die in Ingolstadt und Wolfsburg gerne gehört werden. Andererseits sind sie gewünscht, geplant und gefordert. Nirgendwo sonst verkauft die VW-Tochter so viele so gewinnträchtige Autos. Audi ist der Goldesel des Wolfsburger Konglomerats; ohne ihn könnte der Konzern nicht annähernd so funkelnde Erfolgsmeldungen verkünden. Und in Zukunft hätte er unlösbare Probleme, seine ehrgeizigen Wachstumsziele bis zum Jahr 2018 zu erreichen. Also muss es stramm weiter aufwärts gehen: Audi will im Gesamtjahr 2010 deutlich mehr als 200.000 Einheiten in China verkaufen. In den kommenden drei Jahren sollen es eine Million sein.
Förderung von lokalen Mitarbeitern und Studenten
Dafür wiederum braucht es Know-how und immer mehr und besser ausgebildete lokale Mitarbeiter. Dieser Anforderung (und dem Wunsch der chinesischen Regierung, doch endlich einmal etwas Greifbares in Sachen Elektromobilität auf die Beine zu stellen) trug Stadler mit der Verkündigung einer vertieften Kooperation zwischen Audi und der Tongji Universität Rechnung. Die Studenten arbeiten künftig gemeinsam mit dem Automobilhersteller an verschiedenen technischen Projekten im Rahmen ihrer Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten. Projekte im Bereich Vertrieb und Marketing sollen folgen, ein intensiverer Studentenaustausch zwischen China und Deutschland ebenfalls.