Ausgabe 23-24/2008: Absichern

Zukunft sichern / Wie sich Händler im Falle einer Insolvenz des Herstellers/Importeurs vor größeren Schäden schützen können.AbsichernVon Doris PlateDie Zeitungen sind voll davon: Die Autoindustrie ist in der Krise, Opel bittet die Bundesregierung um staatliche Bürgschaften, die "Big Three" werden in den USA im Kongress vorstellig. Ob das helfen wird, ist noch nicht klar. Es gibt auch Stimmen, die fordern, dass der Markt entscheiden soll. Was bedeutet das für die Händler, die diese Marken vertreten? "Vertraue Allah, aber binde dein Kamel an", ist das Sprichwort, das einem dazu spontan einfällt. Wenn der Hersteller pleitegeht, ist das auch für die Händler dieser Marke ein Desaster. Zuletzt haben das die Rover-Händler leidvoll erlebt. Die Fehler, die damals gemacht wurden, können vermieden werden. Übrigens auch für Händler von Marken, die derzeit nicht bedroht sind, könnte der ein oder andere Tipp hilfreich sein.HändlerverträgeBei Opel gibt es zahlreiche Spekulationen, wie es mit dem Hersteller weitergehen könnte. Wichtig für die Händler ist, dass bei einer Übernahme, zum Beispiel durch die Firma Solarworld oder einen chinesischen Hersteller, die Verträge bestehen bleiben. "Wenn die Firma als Ganzes verkauft wird, bleiben die Händlerverträge gültig", erläutert Robert Glocker von der Münchner Kanzlei Haug und Partner. "Auch Teile des Vertrages können nicht ausgelagert werden ohne Zustimmung des Händlers." Vorsicht bei Neuwagen-lieferungen!Vor allem bei den Neuwagenlieferungen sollte in diesen Zeiten aber Vorsicht geboten sein. Keine Fahrzeuge annehmen, die man nicht bestellt hat! Was eigentlich selbstverständlich klingt, ist es leider oftmals nicht. Immer wieder kommt es vor, dass Hersteller/Importeure Fahrzeuge anliefern und auf Rückfragen erklären, dass diese doch erst mal beim Händler verbleiben könnten und auch nicht bezahlt werden müssten. Im Falle Rover mussten die Händler diese Praxis teuer bezahlen: Da die Fahrzeuge ordnungsgemäß fakturiert waren und es keine anderen schriftlichen Vereinbarungen gab, mussten die Fahrzeuge bei der Insolvenz zu 100 Prozent finanziert werden und Sonderkonditionen gab es auch keine."Wenn keine Bestellung vorliegt, muss der Händler der Lieferung unverzüglich widersprechen und die Fakturierung zurückweisen. Es darf auch keine Finanzierung akzeptiert werden", rät deshalb Rechtsanwalt Glocker. Nur dann kann der Händler sicher sein, dass er nichts bezahlen muss, was er nicht bestellt hat. Mehr und mehr Automobilhändler scheinen in diesem Punkt kritischer zu werden: "Das ist einer der wenigen positiven Effekte der Finanzkrise", meint ZDK-Geschäftsführerin Antje Woltermann, "die Händler gehen inzwischen sehr vorsichtig mit Lagerwagen um."Garantie und GewährleistungGarantie und Gewährleistung sind die leidigsten Themen bei Zahlungsschwierigkeiten des Herstellers. Schon ohne Insolvenzgefahr dauert es bei einigen Herstellern viel zu lange, bis gezahlt wird. Wenn das Geld knapp wird, ist es noch schlimmer. Um die Forderungen so gering wie möglich zu halten, sollten "angemessene" Zahlungsziele gesetzt werden. "Wenn es eng wird, sind vier Wochen angemessen, auch wenn es vorher wesentlich länger gedauert hat, bis bezahlt wurde", erläutert Glocker. Kommt der Hersteller mit "erheblichen" Beträgen in Verzug, kann der Händler sein Zurückbehaltungsrecht ausüben und erklären, dass er keine Garantiearbeiten mehr für den Hersteller ausführt. Er kann sogar den Vertrag außerordentlich kündigen, wenn trotz Mahnung keine Zahlung erfolgt. Wie gesagt: Das ist die rechtliche Seite. Das vor Kunden zu vertreten, dürfte schwierig sein.Ist das Insolvenzverfahren des Herstellers eröffnet, muss der Händler aber ohnehin keine Garantiearbeiten mehr ausführen. "Geschäftsbesorgungsverträge, und ein solcher ist die Ausführung von Garantiearbeiten für den Hersteller, erlöschen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens", weiß der Anwalt.Aus der gesetzlichen Gewährleistung für selbst verkaufte Fahrzeuge kommt der Händler aber nicht heraus. Gegenüber dem Kunden ist er der Vertragspartner und muss die Reparatur ausführen, wenn es sich um einen Sachmangel handelt. Was der Kunde noch willNeuwagen, die bei einer Insolvenz noch auf dem Hof stehen, dürfen aber verkauft werden – wenn sie noch einer will. Ohne Garantieabsicherung wird so mancher Kunde zurückschrecken. Deshalb sollte auch im Falle einer Insolvenz nach Absprache mit dem Kunden der Hersteller mit Fristsetzung aufgefordert werden, zu erklären, ob er zum Beispiel bestellte Neuwagen noch liefern wird. Wenn der Hersteller sich innerhalb der Frist nicht erklärt, müssen die Fahrzeuge nicht mehr abgenommen werden. Das sollte vorher mit dem Kunden abgesprochen werden, denn sonst hat er Schadenersatzansprüche. Oftmals will der Kunde das Fahrzeuge aber gar nicht mehr haben."Wenn ein Händler auch in dieser Situation noch Neuwagen verkauft oder Garantiearbeiten ausführt, sollte er auf jeden Fall schriftlich vermerken, dass er dies ohne Anerkennung einer Rechtspflicht tut, damit kein neuer Vertrag begründet wird", rät Glocker.ErsatzteileDie Ersatzeilbelieferung ist heute überwiegend gesichert. Da viele Teile ohnehin nicht mehr vom Hersteller, sondern vom Zulieferer kommen und es einige Alternativen gibt, dürfte es hier keine Schwierigkeiten geben. Ausnahme: Karosserieteile. Ein Insolvenzverwalter wird jedoch bestrebt sein, vorhandene Teile zu verkaufen.ForderungsmanagementWas bereits im Abschnitt "Garantie und Gewährleistung" steht, gilt auch für Boni und Prämien: Für Forderungen sollten Zahlungsfristen vorgegeben werden. Das beschleunigt unter Umständen die Insolvenz, könnte aber auch das Leiden verkürzen. Kommt die Insolvenz, sollte auf jeden Fall nichts mehr an den Hersteller bezahlt werden, wenn der Händler noch offene Forderungen hat. Zwar gelten in den Geschäftsbeziehungen zwischen Händler/Werkstatt und Hersteller/Importeur oftmals Aufrechnungsverbote. "Im Insolvenzfall sind diese als AGB unwirksam, da sie eine unangemessene Benachteiligung bedeuten würden", ist der Rechtsrat. Also Zahlungsaufforderungen ignorieren und drauf ankommen lassen. Was ist zu tun?Neuwagend Unbestellten Lieferungen sofort widersprechend Fakturierung zurückweisend keine Finanzierung akzeptierenGarantie und Gewährleistungd Angemessene Zahlungsziele setzend bei erheblichem Verzug keine Garantiearbeiten mehr ausführend nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens müssen keine Garantiearbeiten mehr ausgeführt werdenForderungsmanagementd Zahlungsfristen vorgebend bei Insolvenz keine Zahlungen mehr leisten, wenn noch offene Forderungen da sind

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