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HB ohne Filter vom 6. März 2015

Prof. Hannes Brachat
Prof. Hannes Brachat
© Foto: AUTOHAUS

Auf der Messe in Genf erleben die erwarteten 700.000 Besucher eine PS-Party im Wahnsinn. Selbstbewusstsein und Status sind da in.

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Datum:
06.03.2015

8 Kommentare

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Heute: Genfer Impressionen, Musterkostenrechnung Neuwagen, Frühjahr mit Rabatt-Offensive, Klimaschutz und Gebäudesanierung.

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Genfer Impressionen

Wer die Ergebnisse der maßgeblichen Automobilhersteller für 2014 vor sich sieht, sollte meinen, dass die Autokapitäne in Genf bester Laune sind. Umsatz-, Absatz- und Gewinnrekorde. Die Pferde saufen, was will man mehr? VW erwirtschaftete elf Milliarde Euro Gewinn. Toyota bei vergleichbarer Stückzahl von zehn Millionen Einheiten 20 Milliarden Euro. Die Gewinne bei Volkswagen kommen von Audi und Porsche. Bitte, Skoda marschierte erstmals über die Eine-Million-Marke. Wer hätte das gedacht? Der BMW-Mann Diess wird in Wolfsburg bereits im Juli seine Kostenkillertätigkeit aufnehmen. Und wenn Porsche-Chef Müller in den VW-Vorstand nach Wolfsburg aufrückt, geht es letztlich auch um die Nachfolgeregelung für Martin Winterkorn. Komisch, auch BMW vermeldet Rekordzahlen, redet von höchster Kostendisziplin und stellt geleichzeitig 8.000 zusätzliche Mitarbeiter an. In München! Ja, die EU-Sanktionen zeigen nicht nur bei Renault und BMW Spuren.

2007 wurden in Europa noch 14,8 Millionen Einheiten verkauft, 2014 waren es 12,3 Millionen. Und Marken wie Opel, die nun die Kleinwagenklasse um Adam und Corsa mit dem neuen Karl (Charly!) – so hieß der Sohn von Adam Opel – vervollständigt hat, sprich einen starken Kleinwagen-Auftritt vorlegt, brauchen noch mehr an Verkaufsmenge. Und der Wundermarkt China wird ruhiger. Der Benzinpreis ist mit 39,50 Euro pro Barrel Rohöl (158,98 l) der niedrigste in diesem Jahrhundert. 2008 lag der noch bei 135 Euro. Und siehe da, auf der Messe in Genf erleben die erwarteten 700.000 Besucher eine PS-Party im Wahnsinn. Selbstbewusstsein und Status sind da in. Die Gemüter werden mit dem Trend zum zweiten Tankdeckel beruhigt, also groß, schön und sparsam. Und doch steht im Überbau die Forderung: 95 Gramm Kohlendioxid pro km Flottenverbrauch in 2021. Man muss sich immer fragen, wie das exakt gemessen wird, nachdem die offiziellen Verbrauchsangaben der Hersteller wirklich nicht dem tatsächlichen Spritverbrauch entsprechen. Ein Hoch dem ökologischen Feigenblatt.

Die amerikanischen Götter der Neuzeit namens Google und Apple tauchen in Genf als Schreckgespenst auf. Von Google ist seit drei Jahren bekannt, dass an einem autonomen Fahrzeug gearbeitet wird, das 2018 Realität werden soll. Apple Engagement im E-Sektor wird behauptet. Bestätigt ist da noch nichts. Tatsache aber ist, dass Apple auffällig viele Automobilmanager abwirbt. Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, muss Tesla erfahren. Im vergangen Jahr wurden ganze 33.000 Fahrzeuge verkauft. Den Verlust des Ganzen sollte man besser nicht beziffern. Wie viele chinesische Marken sind dabei, sich zu etablieren. Bislang ist da auf dem Weltmarkt wenig zu sehen. Gut ist, dass diese Marken Feuer legen. Aber primär sind sie doch an den Daten interessiert und legen über diese Schiene ihr Drohpotenzial. Sie wollen bei der automobilen Vernetzung dabei sein. Das Auto als rollendes iPhone hat gerade in der jungen Generation hohe Akzeptanz und wird die Emotionen für das Automobil hochhalten. Noch ist keine Fabrik bekannt, wo Google und Apple Autos produzieren wollen. Von der Komplexität eines Automobils ganz zu schweigen. Doch nach iPhone und iPad wird iCar für die iCar-Generation kommen. Möglicherweise in China produziert und zu einem Preisniveau, das den Anbietern der Überpreise die Systemführerschaft aus den Händen zieht. In Genf war von Apple und Google auf alle Fälle nichts zu sehen, nur zu hören. Bis später in Las Vegas!

Mich stimmt mehr nachdenklich, dass jeder Automobilhersteller dasselbe produziert und versucht, die Nische auf, neben und unter der Nische zu besetzen. Wo bleibt das Auto für alleinstehende Senioren und Seniorinnen. Ein Einsitzer auf zwei Räder. Als Elektroauto. Wir haben in Deutschland 15 Millionen Single-Haushalte. Ein Drittel davon sind engagierte Radfahrer. Wo bleibt das Auto, bei dem ich die Heckklappe öffnen und mein Fahrrad einfach hineinschieben kann? Wo bleibt das echte Taxi, als Kontrapunkt zu Uber? Wo bleibt das selbstfahrende Automobil auf Elektrobasis für den Briefträger? Wo bleibt das 1-Liter-Auto für 6.000 Euro als Studentenauto? Vornehmlich Einheitsbrei. Das ist die "heilsame Seite" an Google und Apple. Es fehlt an Differenzierung, an Individualisierung. Ist das der Preis des Kapitalismus? Jegliche Mehrmenge muss aus dem modularen Querbaukasten (MQB) kommen. Es wird an der letzten Schraube gedreht. Überdreht?

Es ist mir ein besonderes Anliegen, an dieser Stelle an den großen Verleger Helmuth H. Lederer zu erinnern, der vor einem Jahr auf dem Genfer Automobilsalon tot zusammenbrach.

Viele Infos und Bilder aus Genf gibt es unter: www.autohaus.de/themenspecials/autosalon-genf-924876.html

Musterkostenrechnung Neuwagen

Im Auftrag des Österreichischen Bundesgremium des Fahrzeughandels und der Bundesinnung des Kraftfahrzeughandwerks hat die KMU Forschung Austria aktuell eine Musterkostenrechnung für Neuwagen vorgelegt. Das Ergebnis lässt sich durchaus mit den deutschen Relationen vergleichen und kommt zur zentralen Aussage: Die Vollkosten können beim Neuwagenverkauf nicht durch den realisierten Bruttogewinn gedeckt werden! Nach Abzug des Wareneinsatzes von den realisierten Netto-Verkaufserlösen (nach Rabatten) errechnet sich ein durchschnittlicher Bruttogewinn von 6,83 Prozent (in Prozent der Verkaufserlöse). Die nachstehende Abbildung zeigt die diversen Kostenarten auf. Direkte Betriebskosten sind Instandhaltung Immobilie, Fuhrpark, Werbung. Indirekte Betriebskosten sind IT, Versicherungen, Beratung. Im Endergebnis: Der Kfz-Händler macht im Durchschnitt einen Verlust in Höhe von 2,80 Prozent des Verkaufserlöses.

Die zentralen Entwicklungen sind in zunehmendem Wettbewerb durch Internet, höhere Kosten, vor allem auch im Bereich der vorgegebenen Markenstandards und geringen Bruttoerträgen beim Neuwagenverkauf zu sehen. Margen verändern sich via variabler Margenanteile und sind an Zielerreichung, Schulungen, Kundenzufriedenheit u.a. gekoppelt. Sie sind vorab nicht klar berechenbar. Von der zeitversetzten monetären Vergütung ganz zu schweigen. Wollen morgen Hersteller und Importeure ein flächendeckendes Netz mit gesunden Händler haben, muss zwischen Leistung und Gegenleistung ein neues Gleichgewicht gefunden werden. Und das kann im Klartext nur heißen: Kasse öffnen!

© Foto: KMU Forschung Austria

Musterkostenrechnung

Frühjahr mit Rabatt-Offensive

Es lenzt! Auch bei den Preisen, und zwar quer über alle Marken. Gleich in den ersten zwei Monaten des Jahres wurden 4,6 Prozent mehr Neuwagen zugelassen. Es klingt so frühlingshaft wohlig, wenn man all die neuen Modellnamen hört, A1 und A1 Sportback, das neue Golf Cabriolet oder gar das neue Beetle Cabriolet.

Wer allerdings die wütenden Rabattwelten in der Werbung anschaut, kriegt starkes Kopfweh. Renault Zschernitz, Karlsruhe macht ganz auf Rabattimage. Ford Kuttendreier in München haut den Ford Nugget, der 38.000 Euro kosten voll mit 14.000 Euro Nachlass raus. Beauty Car in Königsbrunn/Augsburg offeriert Hyundais mit 39 Prozent Sales-Rabatt. Fiat Klos bietet im Saarland die größte 500er-Auswahl mit bis zu 5.500 Euro Preisvorteil.

Zwei Dinge fallen dabei auf. Zum einen handelt es sich bei den größten Rabattschleuderern um große Händler, die sich als Discounter sehen und von den Herstellern/Importeuren gezielt bedient werden. Zum anderen schaue man sich von den genannten Marken die Tageszulassungen an, dann liegt man dort deutlich über 30 Prozent. Und wenn das Audi-Zentrum Potsdam seine Werkswagen mit Preisvorteil von bis zu 35 Prozent anbietet, dann wir auch hier für den Premiumbereich sichtbar, wie die zweite Vertriebsschiene der "jungen Gebrauchtwagen" bedient wird.

Dann beklagen die Offiziellen wie z.B. der VDIK-Präsident Volker Lange, dass der Privatmarkt rückläufig sei. Klar, wenn der zweite Vertriebskanal systematisch erweitert wird und die Preisbewussten dort in der Tat deutlich günstiger einkaufen, als mit der privaten Neuwagenzulassung. Man nehme auch die Offerte zur Kenntnis, dass Volkswagen seine VVD-Versicherungen mit bis zu 50 Prozent Rabatt auf Wartung und Inspektion verkauft. Eine gescheite Provision für das Autohaus und den Verkäufer wären hier wirkungsvoller und wirtschaftlicher.

© Foto: Handel/Hersteller
© Foto: Handel/Hersteller
© Foto: Handel/Hersteller

Klimaschutz und Gebäudesanierung

Es sind ja nicht Autos und Flugzeuge die größten Energieverbraucher, sondern vor allem Gebäude. Der Gebäudebereich ist für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und für rund ein Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich. Die größte positive energetische Wirkung hätten Dach-, Türen-, Fenster- und Heizungssanierungen. Wer da nicht rangeht, wird die Energiewende nicht schaffen. Darüber ist man sich einig.

Der Streitpunkt ist die Gegenfinanzierung für diese Dämmaktionen. Diese soll über die Kappung der steuerlichen Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen erfolgen. Diese sollen zukünftig nur dann von der Steuer absetzbar sein, wenn sie sich auf über 300 Euro summieren. Dagegen wehrt sich der Bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer. Die Handwerkersubvention ist zur Abwehr von Schwarzarbeit eingezogen worden und kostet jährlich rund eine Milliarde Euro.

Es ist ja erstaunlich, was da inzwischen alles abgezogen werden kann, vom Fensterputzer, Parkett abschleifen, Waschmaschine reparieren, Fernseher, Computer, Haushaltsgeräte, der Gärtner, Fußböden legen, Fliesen, Parkett, Montieren von Markise oder Möbeln, sogar der Klavierstimmer kann abgesetzt werden. Und warum gibt es den Handwerkerbonus für Werkstattrechnungen aus dem Autohaus nicht? Weil der ZDK bei der Vorbereitung des Ganzen in Bonn und nicht in Berlin saß.

Spruch der Woche

"Die heile Welt ist eine Welt der Fassaden."

Mit meinen besten Grüßen und Wünschen 

Prof. Hannes Brachat
Herausgeber AUTOHAUS

www.brachat.de

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KOMMENTARE


hajo

06.03.2015 - 14:28 Uhr

Super!... und wieviele Leute hier kommentieren. der Wahn.


Michael Scharfenberg

06.03.2015 - 17:21 Uhr

Kasse öffnen! Ja, sehe ich genau so. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Händler 2% mehr Nachlass gibt, wenn er 2% mehr Marge hat. Das gleiche passiert mit z.B. 1.000,00 € Prämie vom Hersteller. Auch diese wird ganz bestimmt weiter gegeben... Solange der Händler nicht versteht, dass er Geld verdienen muss, um für die Zukunft gut aufgestellt zu sein und Investitionen tätigen zu können, aber auch schlechtere Zeiten zu überstehen, wird man ewig diese Diskussion führen. Dass Ware verschleudert wird liegt nicht allein am Hersteller


heinz

07.03.2015 - 18:17 Uhr

@Musterkostenrechnung.Ein Grund mehr für die Verkäufer einen roten Kopf zu bekommen wennSie Ihre dicken Provisonen kassieren. Den Verlust könnte man doch damit verrechnen. Das wäre doch eine faire Sache. Was läuft in diesem Gewerbe, nicht erst seit heute, schief.


Michael Kühn

09.03.2015 - 12:02 Uhr

Ich kann die vorherigen Kommentare nicht einmal ansatzweise nachvollziehen ..., in einer Gesellschaft, die teilweise das Thema "Geiz ist geil" leben muß, wird auf die überhöhte Auswahl von Jahreswagen, Tageszulassungen etc. vorzugsweise geachtet. und wer drückt diese Autos als direkte Konkurenz zu den Neuwagen in den Markt ?? Die Händler etwa, die ihre Jahreszielvorgaben erfüllen müssen ?? - Haben die Händler etwa das Überangebot produziert ?? - MITNICHTEN - Hat irgendein Vertragshändler vielleicht derartige Gewinne wie z.B. die Hersteller/Importeure vorzuweisen ?? - Hat das etwa alles mit den "Unzulänglichkeiten" der Händler zu zu tun ?? - Ich denke, eher N E I N !!! (Logisches Denken kann dazu führen, dass man einige Dinge in Ihren AUSWIRKUNGEN begreift.) mfg. MK


Kurt Nürnberg

09.03.2015 - 13:12 Uhr

Der Verkäufer ist der der in den Allerwertesten gekniffen wird. Es gibt bei der Rabattschleuderei nur Verlierer im Handel.Früher war man Stolz Automobilverkäufer zu sein. Einsatz wurde durch Leistung bezahlt. Heute hat eine Menge Einsatz, Stunden und vor allen Dingen Papierkram der unerträglich ist, gegen Mindesprovisionen . Den Traumberuf Automobilverkäufer den gibt es nicht mehr.


Frank

13.03.2015 - 15:00 Uhr

hallo Heinz, gerne können wir unseren Job für eine Weile tauschen. Möglicherweise sind Sie ein Mitarbeiter eines großen Chemiekonzerns der vor lauter Sonderzahlungen nicht mehr weiß, wohin mit dem ganzen Geld. Ich kann mich nicht daran erinnern so fette Provisionen erhalten zu haben, dass ich einen Grund zum schämen hätte. Schließlich langt jeder Kunde in meine Geldbörse. Aber warum mache ich mir Gedanken über Unwissende, die meist fett verdienen und anderen Ihr Gehalt nicht gönnen. Jeder hatte die gleiche Chance...Übrigens, Erlös ist nicht Umsatz! Die Kosten für den Verkauf sind sämtliche Kosten die durch den Verkauf entstehen, auch der Kaffee den Sie als Kunde geschenkt bekommen und die Probefahrten und der Schlüsselanhänger...


Andra

15.03.2015 - 17:03 Uhr

Jeder Persoalsuchende weiß, wie schwer es in den vergangenen Jahren geworden ist, qualifizierte und motivierte Verkäufer zu finden. Das liegt eben nicht daran, dass überbordende Provision für überschaubare Leistung gezahlt wird,sondern umgekehrt überschaubare Provision bei überbordender Typen- und Aussattungsvielfalt, ausufernden Marketingprogrammen, einer immer weiter aufgeblähte Bürokratie (CSI, Datenschutz usw.)langen Arbeitszeiten und immer höherem Druck. Es gibt natürlich "solche und solche Verkäufer", genauso wie auf allen anderen Positionen im Retail menschelt es auch dort. Nach meiner Einschätzung als langjährige Führungskraft sind Verkäufer aber tendentiell nicht "Täter" sondern eines der Opfer eines immer absurderen Systems.


William Helfer

19.03.2015 - 09:56 Uhr

Zum Rückzug voln GM/OPEL aus RusslandDiese Entscheidung ist umsichtig, als auch weitsichtig, denn mit den mehr oder weniger wirksamen Sanktionen gegen Russland hat Putin noch ein ganz großes Ass in der Hand und das ist die Enteignung/Rauswurf z.B. der deutschen Beteiligungen an diversen Werken die westliche Autohersteller dort in deren Gier blauäugig schnell errichtet haben. Es bedarf nur eines Handstreiches um die westlichen Investoren raus zuwerfen. Mit einer Rechtssicherheit ist es bis heute in Russland noch nicht weit her, Putin ist letztenendes das Recht.William


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