Die Staatsanwaltschaft Hannover hat ihre Ermittlungen wegen einer möglicher Verstrickung früherer Spitzenmanager von Continental in den VW-Abgas-Skandal noch einmal ausgeweitet. Inzwischen richteten sich die Untersuchungen gegen vier ehemalige Top-Führungskräfte des Autozulieferers, hieß es am Mittwoch bei den Strafverfolgern. In der vergangenen Woche war zunächst von drei zusätzlichen Verfahren zu diesem Thema die Rede gewesen.
"Es geht unter anderem um den Verdacht der Beihilfe zum Betrug", sagte ein Ermittler. Man vermute, dass Conti mit dem Wissen der betreffenden Manager Motorsteuergeräte mit einer Eignung für illegale Abschalteinrichtungen an Volkswagen lieferte. Die Affäre um die Manipulation von Diesel-Abgaswerten durch eine Täuschungs-Software war im September 2015 bei VW aufgeflogen, sie reicht aber bis weit in die 2.000er Jahre zurück. Verdachtsmomente gegen sieben Ingenieure und zwei Projektleiter hatten bereits zu Razzien bei Continental geführt.
Manager könnten sich der Untreue schuldig gemacht haben
Außerdem gehen die Staatsanwälte Hinweisen nach, die Manager könnten sich der Untreue schuldig gemacht haben. Dies bezieht sich auf den Verdacht, sie hätten eine eigene Untersuchung "bewusst unzureichend geführt, so dass möglicherweise auch Schadenersatzansprüche nicht geltend gemacht wurden", wie die Behörde erklärte. Über die jetzt erweiterten Prüfungen hatte zuvor die 'Wirtschaftswoche' berichtet.
Conti hatte nach den Durchsuchungen im Fall der neun anderen Personen betont, mit der Staatsanwaltschaft eng zusammenarbeiten zu wollen. Zum Inhalt der jüngsten Ermittlungen äußerte sich der Dax-Konzern aus Hannover nicht - ebenso wie die Beschuldigten oder deren Anwälte.
Der langjährige Continental-Finanzvorstand Wolfgang Schäfer musste kürzlich abtreten, weil sich dem Unternehmen zufolge "Defizite bei der andauernden Aufklärung" in der intern angestoßenen Untersuchung zu den Dieselvorwürfen ergeben hatten. Zudem waren Unterlagen in der beauftragten Wirtschaftskanzlei in Frankfurt sichergestellt worden.
Mögliche vorsätzliche Aufsichtspflichtverletzung
Im Augenmerk der Justiz ist dabei auch eine mögliche vorsätzliche Aufsichtspflichtverletzung, wie in der vorigen Woche bekannt geworden war. Davor hatte es neue Durchsuchungen in der Compliance-Abteilung von Conti sowie in der privaten Wohnung eines Mitarbeiters gegeben.
Die Frage, ob auch Zulieferer von Volkswagen etwas von der Absicht des Dieselbetrugs gewusst haben könnten, steht bereits seit Jahren im Raum. Die Trennung von Schäfer kam jedoch überraschend. Conti-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle erklärte, die Kontrolleure hätten in einer Sondersitzung zugestimmt, dass der 62-Jährige sein Vorstandsmandat mit sofortiger Wirkung niederlege. Schäfer hatte seit 2010 in der Führungsetage gesessen. Er war dort zuletzt auch für Controlling und die Einhaltung rechtlicher Standards zuständig.
Gegen Rivale Bosch liefen desgleichen "Dieselgate"-Untersuchungen. Im Fall von Continental lautete ein Verdacht, dass frühere und teils noch aktive Beschäftigte der einstigen Siemens-Autotechnik-Tochter VDO - 2007 für einen zweistelligen Milliardenbetrag übernommen - in die Affäre um millionenfach gefälschte Abgasdaten verwickelt sein könnten. Sie sollen demnach womöglich den Auftrag für die Steuerung der 1,6-Liter-Ausgabe des späteren Skandalmotors EA 189 angenommen haben, obwohl sie wussten, dass VW betrügerische Motive haben könnte. Continental wies eine Beteiligung an illegalem Tun mehrfach zurück.