Ist der mühselige Streit mit den Betriebsprüfern über eine nicht vollständige Rechnung endlich vorbei? Bisher vertritt die deutsche Finanzverwaltung den Standpunkt, dass eine nicht vollständige Rechnung zwar prinzipiell auch später noch ergänzt werden kann, diese Ergänzung wirkt jedoch erst ab dem Korrekturzeitpunkt. Stellt jetzt also der Betriebsprüfer während einer Außenprüfung im Jahr 2016 fest, dass der Steuerpflichtige im Jahr 2012 die Vorsteuer aus einer fehlerhaften Rechnung (z.B. fehlende Steuernummer) gezogen hat und berichtigt der Steuerpflichtige die Rechnung während der Betriebsprüfung, dann ist der Vorsteuerabzug auch erst im Jahr 2016 zulässig. Für die vergangenen Jahre fallen dann Nachzahlungszinsen in Höhe von sechs Prozent p.a. an und das kann teuer werden.
Nun hat aber der Europäische Gerichtshof (EuGH) dieser Verwaltungsauffassung endlich einen Riegel vorgeschoben! Nach Auffassung des EuGH wirkt die Rechnungsberichtigung zurück. Für den obigen Fall bedeutet das, dass der Vorsteuerabzug von Anfang an, also bereits im Jahr 2012 zulässig war und nicht erst nach Korrektur der Rechnung im Jahr 2016. Und diese Rechtsprechung ist auch für die deutsche Finanzverwaltung bindend!
Beachten Sie aber, dass der EuGH nochmals betont hat, dass die erstmalige Vorlage einer Rechnung keinen rückwirkenden Vorsteuerabzug auf den Leistungszeitpunkt begründet.
Weiterhin hat der EuGH es leider offen gelassen bis zu welchem Zeitpunkt die korrigierte Rechnung vorgelegt werden muss. In dem zu entscheidenden Fall wurde die Rechnung während der laufenden Betriebsprüfung vorgelegt. Dies war für den EuGH auf jeden Fall noch rechtzeitig. Die Frage, ob eine Vorlage im Einspruchsverfahren oder gar im Klageverfahren auch noch rechtzeitig wäre, wurde leider nicht beantwortet. Daher ist für die Praxis zu raten, dass die berichtigte Rechnung so früh wie möglich vorgelegt wird.
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass das Urteil bezüglich sogenannten Nebenbedingungen einer Rechnung, hier Steuernummer, erging. Ob die Grundsätze des Urteils auch auf wesentliche Bestandteile einer Rechnung, wie etwa den zutreffenden Leistungsempfänger angewendet werden kann, ist jedoch fraglich.
Insgesamt ist diese Rechtsprechung für jeden Unternehmer nur begrüßenswert, am sichersten ist es aber trotzdem immer noch, die Rechnung sofort bei Erhalt auf ihre Vollständigkeit hin zu überprüfen.
Hinweis:
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