Ausgabe 22/2007: Dauertester

Werkstatttests / Ein Gespräch mit Torsten Brämer, Leiter Autohaus- und Fuhrpark-Services bei der TÜV Rheinland Kraftfahrt GmbH.DauertesterVon Thomas SeidenstückerVertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Dieser Leitsatz führte schon vor vielen Jahren zur Einführung von Werkstatttests. Und jedes Jahr aufs Neue sind es vor allem die schlechten Testergebnisse aus ebensolchen Überprüfungen, die – in Publikumszeitschriften veröffentlicht – vielen Autohäusern und Werkstätten einen über Jahre hinweg aufgebauten Ruf über Nacht zerstören. Als Partner von Autohaus, Werkstatt und Fahrzeughersteller sind auch Mitarbeiter des TÜV Rheinland als Werkstatttester unterwegs. Ein Gespräch dazu mit Torsten Brämer, Leiter Autohaus- und Fuhrpark-Services bei der TÜV Rheinland Kraftfahrt GmbH. Mehr weiche FaktorenAH: Herr Brämer, seit wann ist Ihr Unternehmen im Bereich Werkstatttests aktiv?T. Brämer: Bereits seit mindestens 20 Jahren führen wir Tests im Auftrag unserer Autohaus- und Werkstatt-Kunden regional durch. Seit nunmehr 10 Jahren testen wir auch im Auftrag von Automobilherstellern und Importeuren sowie Werkstattsystemen und anderen Service-Netzbetreibern bundes-, europa- und zum Teil weltweit. Insgesamt dürften dies pro Jahr ca. 10.000 Tests weltweit sein.AH: Bei welchen Marken führen Sie die Tests hauptsächlich durch?T. Brämer: In Deutschland arbeiten wir regional mit fast allen Marken zusammen, bundesweit gibt es in den letzten Jahren eine teils langjährige Zusammenarbeit mit den Marken Renault, Toyota und Citroen. Gerade in bestimmten Spezialtests arbeiten wir auch für weitere Hersteller.AH: Wer ist in der Regel der Auftraggeber für den Test?T. Brämer: Das ist unterschiedlich, mal der Hersteller/Importeur, mal der Händler bzw. die Werkstatt selbst.AH: Welche Testarten bieten Sie an? T. Brämer: Da lassen sich eine ganze Reihe nennen: a Beratungs- und Service-Qualität (Einhaltung der Standards...)a Technische Kompetenz (Diagnose- und Reparatur-Kompetenz...)a Verkaufskompetenz (Mystery-Shopping in Vertrieb und Aftersales, Potenzialausschöpfung...) a Prozess-Kompetenz (Garantieabwicklung, Kulanzfälle...) etc.AH: Hat sich die Ausrichtung der Werkstatttests in den letzten Jahren verändert?T. Brämer: Während früher mehr die technische Kompetenz des Werkstattteams im Vordergrund der Tests stand, prüfen wir heute meist mindestens gleichberechtigt so genannte weiche Faktoren wie Freundlichkeit usw. ab. Weitere Rahmenbedingungen, die unmittelbar oder mittelbar auf die Kundenzufriedenheit wirken, werden stärker mitgetestet. Das heißt, der zufriedene Kunde steht mehr und mehr im Mittelpunkt.AH: Finden die Tests inkognito statt?T. Brämer: Es kommt immer darauf an, was wir durch die Tests erheben wollen. Meistens sind die Tests schon verdeckt, damit wir eine ehrliche Situation im Umgang mit dem Kunden erleben. Am Ende des Tests decken wir aber in der Regel auf. Einige Tests werden – ähnlich wie ein Audit – auch von Anfang an offen durchgeführt, da wir spezielle Dinge erfragen oder erkennen wollen. Viele FehlerAH: Wie werden die Tests ausgewertet und wie reagieren die Getesteten darauf?T. Brämer: Da wir die Aufdeckung und das Beratungsgespräch am Ende des Tests mindestens genauso wichtig erachten wie den Test selbst, ist die ausführliche Auswertung vor Ort sehr wichtig. Jemandem zu sagen: "Letzte Woche haben Sie eine schlechte Leistung erbracht" trägt meist nicht dazu bei, dass sich Teams wirklich verbessern können. Das Coaching direkt nach dem Aufdecken des Tests dagegen schon. Schließlich kommt es darauf an, etwas zu verbessern, nicht nur gute oder schlechte Leistung zu messen! Unsere Ratschläge und Hinweise werden im Übrigen gerne angenommen, da den Betrieben die Wichtigkeit einer guten Qualität in allen Bereichen des Geschäfts sehr bewusst ist.AH: Was sind nach Ihren Erfahrungen die häufigsten Fehler, die Werkstätten bei den Tests unterlaufen?T. Brämer: Leider gibt es hier eine ganze Reihe aufzulisten: Keine Terminsteuerung / Entzerrung bei der Terminvereinbarung zur Fahrzeugannahme. Das heißt eine Vielzahl der Kunden des Tages stehen innerhalb einer Stunde morgens in der Werkstatt.a Keine Direktannahme durchgeführt. Das heißt Umsatzpotenziale bleiben ungenutzt, Fehler werden nicht gefunden, die Kunden sind unzufriedener.a Keine systematische Abarbeitung von Checklisten oder vorgegebenen Abläufen. Dadurch werden Dinge vergessen oder nicht richtig gemacht.a Keine Überprüfung der Dinge, die der Kunde selbst wahrnimmt und dem Annehmer mitteilt. Zum Beispiel Beleuchtung Innen- oder Kofferraum, lose Schrauben oder Abdeckungen etc. a zu wenig Kommunikation mit dem Kundena keine Steuerung der Fertigstellungsterminea fehlende Endkontrolle des fertig gestellten Fahrzeugs a fehlende Rechnungserläuterunga fehlende Dokumentation kundenspezifischer Angaben zur Reparaturpotenzialermittlung in der Zukunft etc.a fehlendes Service-Marketing und Verkaufsgespräche im AftersalesKeine schwarze ListeAH: Befragen Sie auch Endkunden nach ihren Wünschen und ihrer Gewichtung beim Service, damit sich die Werkstatt besser auf den Kunden einstellen kann? T. Brämer: Solche Analysen führen wir in markenübergreifenden, repräsentativen Studien regelmäßig durch, um unsere Auftraggeber besser beraten zu können und aktuelle Trends frühzeitig zu erkennen. Die letzte Studie ist unser Werkstatt-Monitor 2006, über den AUTOHAUS ausführlich berichtet hat.AH: Der TÜV bringt regelmäßig eine Mängelstatistik für Fahrzeuge heraus. Wäre so etwas nicht auch für die schlechtesten Werkstätten bzw. schlechtesten Marken denkbar? T. Brämer: Unser Hauptziel ist es, Leistungen und Service zu verbessern. Es ist deutlich schwieriger, Dienstleistungen immer – jeden Tag – auf absolut gleichem Niveau zu erbringen, als eine bestimmte Produktqualität zu erreichen. Deshalb halten wir nichts davon, Werkstätten auf eine "schwarze Liste" zu setzen, sondern möchten eher mit den Verantwortlichen ins Gespräch kommen, um die Dinge zu verbessern. Dies gelingt am besten abseits einer großen Öffentlichkeit.AH: Wie haben sich Ihre Ergebnisse in den letzten Jahren verändert?T. Brämer: Alle Hersteller und Importeure schreiben die Kundenorientierung und den Service immer größer. Das bedeutet, diese stehen deutlich stärker im Fokus der Schulungsmaßnahmen und der Tests und verbessern sich somit auch laufend. Die technische Kompetenz der Fehlerfindung dagegen verändert sich über Jahre gesehen leider nicht signifikant.AH: In der Regel kommen die internen Tests der Werkstätten zu einem viel besseren Ergebnis als die von Publikumszeitschriften oder der Stiftung Warentest: Woran liegt das? T. Brämer: Wir testen nicht nur fünf oder 10 Werkstätten innerhalb einer Testserie, wie dies häufig von der Presse oder anderen getan wird, sondern meistens hunderte oder gar tausende Werkstätten eines Herstellers/Importeurs pro Testwelle. Natürlich sind da auch mal ganz schlechte dabei, aber der absolut überwiegende Teil ist i. d. R. gut bis sehr gut. Dies führt dazu, dass die somit repräsentativen Ergebnisse in Summe und im Durchschnitt besser ausfallen, als wenn nur ganz wenige berücksichtigt werden und man somit kein repräsentatives Ergebnis hat.AH: Herr Brämer, herzlichen Dank!

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