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Symposium: Möglichkeiten, Grenzen und Perspektiven des automatisierten Fahrens

30.11.2022 21:49 Uhr | Lesezeit: 7 min
Symposium: Möglichkeiten, Grenzen und Perspektiven des automatisierten Fahrens
Die Referenten des jüngsten DIQ-Symposiums
© Foto: DIQ

Was sind die Chancen von Automatisiertem Fahren, wo liegen die Grenzen? Mit diesen Fragen befaßte sich das jüngste Symposium des Deutschen Instituts für Qualitätsförderung e. V. (DIQ) in Rostock-Warnemünde.

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Automatisiertes Fahren – Fluch oder Segen? statt. Das DIQ wählte diesen provokanten Titel, da das Thema selbst ebenfalls polarisierende. Für die einen sind Assistenzsysteme der beste Weg zur "Vision Zero", andere sehen eher eine Entmündigung des Autofahrenden.

Der Einladung des DIQ waren Experten aus Theorie und Praxis gefolgt. Nach dem Debüt des Livestream-Angebots im Vorjahr konnte das Symposium 2022 alternativ zur persönlichen Präsenz erneut auch online verfolgt werden.

DIQ-Präsident Dipl.-Ing. Peter Schuler betonte in seiner Einführungsrede die dynamische Entwicklung des Fortschritts beim automatisierten Fahren. Dennoch, so Schuler, erwiesen sich die Systeme im Fahralltag manchmal als noch nicht ausgereift und könnten daher die Aufmerksamkeit des Menschen beim Autofahren keineswegs ersetzen.

Prof. Dr.-Ing. Harald Bachem führte erneut durch das Symposium. Der Leiter des Lehr- und Forschungsgebiets Fahrzeugsicherheit an der Ostfalia Hochschule Wolfsburg und Vorstandsvorsitzende des Wolfsburger Instituts für Forschung, Innovation und Technologietransfer e. V. erinnerte an den Sinn des automatisierten Fahrens. Aufgabe entsprechender Fahrzeuge sei es, den Menschen beim Autofahren zu unterstützen, ihm verschiedene Tätigkeiten abzunehmen. In der Automobilproduktion seien automatisierte Transportsysteme längst selbstverständlich. Vergleichbar seien in manchen Städten heute die "People Mover" auf klar definierten Strecken mit 15 bis 20 km/h ohne klassischen Fahrer in der Personenbeförderung unterwegs. Bachem wies in dem Zusammenhang auf das 2021 verabschiedete Gesetz zum automatisierten Fahren hin. Es setze die technische Aufsicht durch einen Menschen voraus, ebenso eine Haftpflichtversicherung der Insassen und der (ggf. extern) überwachenden Person. Auch betonte Bachem, dass automatisiertes Fahren nicht zwingend unfallfreies Fahren bedeute.

Selbstfahrende Autos – assistiert, automatisiert, autonom? Dieser Frage ging Direktor und Professor Andre Seeck (Abteilungsleiter Fahrzeugtechnik und Vizepräsident der Bundesanstalt für Straßenwesen BASt) in seinem ersten Vortrag nach. Er erläuterte an konkreten Beispielen die unterschiedlichen Formen automatisierten Fahrens. Im assistierten Modus wird der Mensch nur von den Assistenzsystemen unterstützt, er ist vollverantwortlich als Fahrer*in. Im automatisierten Modus fahre das Fahrzeug zumindest zeitweise selbst, der Mensch müsse aber in jedem Augenblick übernahmebereit sein. Erst im autonomen Modus sei der Mensch nur noch Passagier. Für die Weiterentwicklung des automatisierten Fahrens werde ein Forschungsschwerpunkt auf der Überwachung des Fahrerzustands liegen – ist er abgelenkt, müde, konzentriert? "Schließlich haben all diese Formen des Fahrens wichtige Rechtsfolgen", die Seeck in seinem zweiten Vortrag konkretisierte.

Er stellte zur Unfallhaftung u. a. verschuldensabhängige und verschuldensunabhängige Unfallformen gegenüber. Deutlich wurde, dass aus rechtlicher Sicht noch viele Fragen offen sind und generell die Verantwortung des Menschen auch beim automatisierten Fahren bestehen bleibt.

Das betonte auch Dr.-Ing. Erwin Petersen. Er war bei Zulieferer Wabco verantwortlich für die Entwicklung von Assistenzsystemen, etwa Lkw-Notbremsassistenten. Als wesentliches Ziel der Assistenzsysteme nannte er Unfallprävention und erläuterte, dass verschiedene Assistenzsysteme bereits seit 2015 in Lkw gesetzlich vorgeschrieben sind. Weitere kamen 2022 hinzu, 2024 werden nochmals weitere folgen. Anhand von Statistiken aus Niedersachsen, wo er über lange Zeit als Vizepräsident der Landesverkehrswacht wirkte, zeigte er: "Assistenzsysteme können tatsächlich viel dazu beitragen, Unfälle zu verhindern oder deren Folgen zu vermindern – indem sie wertvolle Unterstützung für die Autofahrer*innen leisten."

"Vertrauen ist gut, Kontrolle noch besser"

Wie stehen die Versicherungen zum automatisierten Fahren, das in seinen unterschiedlichen Entwicklungsstufen immer auch versicherungsrechtliche Fragen aufwirft? Diese Frage beantwortete Melanie Kreutner eingangs mit der Redewendung "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser." Die Diplom-Ingenieurin für Fahrzeugtechnik mit den Schwerpunkten Fahrzeugentwicklung und Sachverständigenwesen arbeitet als Sicherheitsforscherin am Allianz-Zentrum für Technik (AZT Automotive). In ihrem Vortrag zeigte sie auf, dass die Versicherung autonom fahrender Autos und ihrer Insassen teilweise schon durch die bestehenden Regularien abgedeckt ist, aber noch großer Handlungsbedarf besteht. Dies betrifft u. a. die Sammlung relevanter Daten, die Frage von Cyberangriffen. Auch fehlen häufig noch klare Definitionen für Ereignisse, die versicherungsrechtliche Aspekte betreffen.

"Quo vadis, automatisiertes Fahren?" Unter diesem Titel stand der Vortrag von Dr.-Ing. Adrian Zlocki. Er ist Leiter des Forschungsbereichs Automatisiertes Fahren bei der Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen Aachen (fka GmbH) und Lehrbeauftragter für die Vorlesungen "Automated Driving" und "Active Vehicle Safety and Driver Assistance Systems" an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. Er betonte, dass nahezu jedes aktuelle Forschungsprojekt zum Automobil das automatisierte Fahren ganz oder teilweise zum Gegenstand hat. Schwerpunkt seines Vortrags war die Sicherheit automatisierter Fahrzeuge. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Forschung mittel- und langfristig ein Höchstmaß an Sicherheit ermöglichen werde. Dass automatisiertes Fahren auch unfallfreies Fahren bedeute, schloss er mit seiner Einschätzung ebenfalls aus. Zunehmende Sicherheit, so Dr. Zlocki, werde aber die Akzeptanz von automatisierten Fahrzeugen bei Autofahrer*innen deutlich erhöhen.

Bevor ein Serienfahrzeug auf den Markt kommt, sind umfangreiche Tests nötig, etwa von Bremsen und Beleuchtung. Vom Fahrzeug mit Verbrennungsmotor ist das bekannt. Aber wie funktioniert das bei der Sensorik in den automatisierten Fahrzeugen vor der Marktreife? Das demonstrierte Dipl.-Ing. (FH) Ahmed Karaduman, Consultant und Projektmanager bei der Paderborner dSPACE GmbH, in seinem Vortrag, den er mit spannenden Videos illustrierte.

In seinem Resümee griff Professor Harald Bachem das Motto des DIQ-Symposiums ("Automatisiertes Fahren – Fluch oder Segen?") nochmals auf. Die Automatisierung von Fahrzeugen werde sich seiner Ansicht nach als Segen in kleinen Schritten durchsetzen. Die Akzeptanz am Markt nannte er als Voraussetzung dafür, ebenso wie das Vertrauen der Autofahrer*innen in den Zugewinn an Sicherheit.

"Wir wollten Ihnen etwas zum Thema automatisiertem Fahren mitgeben. ADAS sind weder Fluch, noch Segen, bieten aber bei einwandfreier Funktion ein Plus an Komfort für den Autofahrenden", fasste Dr. Joachim Rau, der neue Geschäftsführer des DIQ e.V. sowie der DIQ Zert GmbH, zusammen und zeigte sich zufrieden mit dem Verlauf und den Resultaten des 11. DIQ-Symposiums.

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