Rechtliche Basis, um vor allem Unfallopfer besser zu schützen, ist die Neufassung des § 201a Strafgesetzbuch durch die Bundesregierung. In der Überarbeitung sind härtere Maßnahmen gegen Schaulustige verankert worden. Damit droht seit Jahresbeginn für das Anfertigen von Fotos oder Filmen von Unfallopfern, die verstorben sind, nun auch Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe.
Verkehrsbehinderung erschwert schnelle Rettung
ür Einsatz- und Rettungskräfte bedeutet das weit verbreitete Gaffertum nach Ansicht des Goslar Instituts eine echte Herausforderung: "Nicht nur, dass sensationsgierige Autofahrer im Schritttempo an Unfallstellen vorbeikriechen, um auch ja nichts von dem aufregenden Geschehen dort zu verpassen, und so häufig auf der Gegenspur völlig unnötig Staus, zähfließenden Verkehr und Gefahrensituationen verursachen. Vielfach wird Rettern sogar der Zugang zu Verletzten durch Schaulustige erschwert, die unbedingt von den verunfallten Personen mit dem Smartphone ein Video drehen oder ein ,Beweisfoto' schießen müssen."
Dabei scheine es für die Gaffer nicht zu zählen, dass in solchen Situationen Sekunden über Wohl und Wehe der Unfallopfer, ja sogar über deren Leben entscheiden können. Deshalb könne es im wahrsten Wortsinn lebenswichtig sein, dass Rettungskräften ungestörtes Arbeiten möglich ist und sie daran nicht von Gaffern gehindert werden. Zudem können Schaulustige sich selbst und das Rettungspersonal am Unfallort in Gefahr bringen.
"Es fehlt an jeglichem Gespür"
Inzwischen sind die guten Sitten an Unfallstellen so verwildert, dass Helfern vielfach offen Aggression entgegenschlägt, wenn sie Gaffer auffordern, den Unfallort frei zu machen und ihre Handys wegzustecken. Hierzu wissen die Besatzungen von Rettungsfahrzeugen, aber auch Polizisten immer öfter von abenteuerlichen Erlebnissen zu berichten. Psychologen erklären die Unverfrorenheit der Gaffer damit, dass diesen offenbar jegliches Verständnis für die Notsituation, in der sich die Unfallopfer befinden, sowie für den Stress und die Verantwortung der handelnden Einsatzkräfte fehlt. Die Schaulustigen wollen vielmehr ihren kostenlosen Platz in der ersten Reihe bei einem aufsehenerregenden Geschehen verteidigen und fühlen sich dabei auch noch vollkommen im Recht. Zur Entschuldigung heißt es dann oft lapidar: "Ich gucke doch nur."
Sanktionen unausweichlich
Dabei sollte die Verpflichtung von Menschen, die an einem Unfallort eintreffen, darin bestehen, mit anzupacken, um ihren verunglückten Mitmenschen zu helfen und die Einsatzkräfte bei ihren Hilfsmaßnahmen zu unterstützen. Und dies wohlgemerkt nicht nur, weil es der Gesetzgeber fordert, sondern auch aus einem ethischen Anspruch heraus.
Fakt aber ist, dass die Gaffer sowie die verkannten Foto- und Videokünstler an Unfallorten eine überaus ärgerliche, jedoch nicht zu negierende alltägliche Realität sind. Deshalb hat sich der Gesetzgeber genötigt gesehen, zu versuchen, dem immer weiter ausufernden Treiben der Schaulustigen an Unfallstellen mit strengeren Strafen entgegenzuwirken. So kam es zur Neufassung des § 201a StGB. Er regelt die "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen".
Der neue Strafrahmen im Detail
Konkret droht der § 201a StGB nun jedem eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe an, der 1. von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, der 2. eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt, sowie 3. eine Bildaufnahme, die in grob anstößiger Weise eine verstorbene Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt. Die Unterpunkte 2 und 3 treffen auf viele Gaffer an Unfallorten zu.
Bis zu 1.000 Euro alleine fürs Gaffen
Schaulustige an Unfallstellen können darüber hinaus gegebenenfalls wegen unterlassener Hilfeleistung zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie Menschen in Not nicht beistehen. Dafür sieht der Gesetzgeber eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor. Zur besseren Einordnung: Allein das Gaffen kann als Ordnungswidrigkeit bis zu 1.000 Euro kosten. (kaf)