Noch vor gar nicht allzu langer Zeit schienen die Zukunftsaussichten der Service Partner Netzwerk GmbH, kurz SPN, nicht besonders rosig: Mit dem Ausstieg der Allianz als größtem Steuerungskunden verlor man auf einen Schlag ein Großteil des Auftragsvolumens – nicht wenige Branchenbeobachter rechneten mit dem Aus für die Schadenexperten mit Sitz in München.
Hört man sich inzwischen in Gesellschafterkreisen und anderenorts um, scheint sich der Wind erneut gedreht zu haben: Mit der Arbeit der seit Mai 2022 aktiven Geschäftsführerin Dimitra Theocharidou-Sohns ist man bei ADAC und Konzern Versicherungskammer mehr als zufrieden, mit Bavaria Direkt und ERGO konnten zudem weitere Gesellschaften als Großauftraggeber gewonnen werden. Kein Wunder also, dass sich die SPN-Chefin im AUTOHAUS-Interview gelassen bis selbstbewusst gibt, wenn es um die Chancen ihres Unternehmens im Schadensteuerungsmarkt 2025 und darüber hinaus geht.
Mit neuen Kunden zu alter Stärke
AH: Frau Theocharidou-Sohns, im Jahr 2023 hatten die SPN-Partner rund 90.000 Schadenfälle bearbeitet, im aktuell laufenden Jahr werden Sie sehr wahrscheinlich bei knapp über der Hälfte dieses Volumens landen. Wie lautet Ihr Plan für 2025?
D. Theocharidou-Sohns: Unser Ziel ist es und wir halten dies für realistisch, Ende kommenden Jahres auf das Niveau zu kommen, welches wir in 2023 abgewickelt haben. Aktuell können wir zwei neue Netzkunden begrüßen und befinden uns mit weiteren Gesellschaften in sehr vielversprechenden Gesprächen. Das Volumen allein wird unsere Wettbewerbsfähigkeit nicht entscheiden. Was wir und die ganze Branche brauchen, sind Lösungen und eine neue Haltung in der Denkweise, was die aktuellen Herausforderungen angeht. Das ist wichtiger als 80.000 oder 100.000 gelenkte Schadenfälle.
An welche Herausforderungen denken Sie im Speziellen?
D. Theocharidou-Sohns: Wir befinden uns bereits seit einiger Zeit in einer exponentiellen Kurve, was Veränderungsgeschwindigkeit betrifft, und das wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen. Wir kommen aus einem Lebensrhythmus, wo wir Veränderung als Wachstum empfunden haben. Aktuell bewegen wir uns von „Wow, das fühlt sich anders an“ zu „Wie halte ich noch mit?“ Umso wichtiger ist es, dass wir als Schadensteuerer unsere Hausaufgaben machen und unsere Werkstätten in die Lage versetzen, das zu tun, was sie können und wir nicht – Unfallschäden reparieren. Auf der Podiumsdiskussion des BVdP wurde ich gefragt, ob und wofür es ein Unternehmen wie SPN heutzutage noch braucht. Mehr als je zuvor braucht es die SPN als Befähiger auf dem Weg zur Digitalität.
Digitalisierung unerlässlich
Warum ist das aus Ihrer Sicht so?
D. Theocharidou-Sohns: Als ich in der Branche angefangen habe, konnte man sich den Erfolg vielleicht noch eher selbst gestalten. Inzwischen braucht es digitale Prozesse, Standards und Richtlinien sind einzuhalten, Versicherer handeln deutlich öfter überregional. All diese Dinge müssen kanalisiert werden, es braucht Verschlankung in den Prozessen, in der Verwaltung, in der Logistik. Erst wenn wir das zusammenführen, den ökonomischen, ökologischen und auch den sozialen Teil, dann haben wir mit der Schadensteuerung ein echtes Premiumprodukt.
Um Ihren Auftraggebern ein solches anbieten zu können, benötigen Sie ein Top-Werkstattnetz. Wie stellen Sie dieses sicher?
D. Theocharidou-Sohns: Das SPN-Partnernetz ist bereits seit Jahren mehr als konkurrenzfähig. Karin Brandl, Bereichsleiterin Komposit Schaden von der ERGO, hat bei der Bekanntgabe des Wechsels zu unseren Betrieben von Premium-Werkstätten gesprochen. Das geht weit über die Reparaturqualitäten hinaus. Unsere SPN-Werkstattpartner verfügen auch über eine hervorragende Serviceorientierung, sind lösungsorientiert und äußerst loyal. Wir haben eine Zufriedenheitsquote von 93 % der Versicherungsnehmer, was Arbeitsqualität und Servicelevel angeht – solche Zahlen kommen nicht von ungefähr.
Haben Sie ein paar Rahmendaten zum SPN-Partnernetz für unsere Leser parat?
D. Theocharidou-Sohns: Selbstverständlich. Wir verfügen über ein flächendeckendes Netzwerk aus mehr als 1.000 Instandsetzungsbetrieben, statistisch gesehen findet man etwa alle 19 Kilometer eine SPN-Werkstatt. Mit einer ungefähren Quote von 40 % Markenbetrieben und 60 % freien K&L-Spezialisten decken wir das ganze Schadenportfolio ab unter Einhaltung der Herstellervorgaben. Rund ein Drittel der SPN-Partner gehören großen Autohaus- oder K&L-Ketten wie Brass, Emil Frey, Lueg oder IRS und Fix Auto an und erfüllen somit höchste Qualitätsstandards. Wir freuen uns auch über die Zusammenarbeit mit der Leistungsmarke m.o.r.e des BVdP und dass somit absolute Unfallspezialisten Teil des SPN-Netzes sind. Und nicht zuletzt: Schon heute sind fast 100 Prozent der SPN-Partner für Hochvoltarbeiten an Elektro- und Hybridfahrzeugen geschult und damit fit für die Modelle der Zukunft. Wir haben auch Tesla-Stützpunkte im Netz und brauchen uns in Sachen Kompetenz mit Sicherheit nicht zu verstecken.
Loyale Partnerwerkstätten
Wie sieht es mit der Fluktuation bei den SPN-Partnern aus?
D. Theocharidou-Sohns: Das ist ebenfalls etwas, worauf wir sehr stolz sind: Betriebe wechseln eher in unser Netz, als es zu verlassen. Mehr als ein Drittel der SPN-Betriebe sind seit Beginn dabei. Wir werden also als zuverlässiger Schadensteuerer wahrgenommen und wir sind sehr dankbar für die Loyalität, die uns die Partner entgegenbringen.
Wo sehen Sie die Gründe für diese Treue der Werkstätten zur SPN?
D. Theocharidou-Sohns: Wir dürfen uns als Schadensteuerer immer wieder dieselbe Grundsatzfrage stellen: Wie können wir für unsere Netzkunden und deren Versicherungsnehmer maximale Dienstleistung realisieren? Maximal nachhaltig, ressourcenschonend, mit funktionierenden Prozessen und natürlich für alle Seiten – inklusive der Reparaturbetriebe – rentabel. Wer diese Aufgabe lösen will, darf sein Kerngeschäft verstehen und immer wieder neue Informationen verarbeiten, vernetzen und verknüpfen. Niemand kann sich heute mehr leisten, Innovationen aus dem Weg zu gehen, die das Kerngeschäft gefährden könnten. Um erfolgreich zu sein, braucht es eine gewisse Haltung, in verschiedensten Ausprägungen. Das kann sich in einem Prozess ausdrücken, in Digitalisierung, in Verwaltung. Offensichtlich erledigen wir diese Aufgaben zur Zufriedenheit unserer Partner und dürfen uns ständig neu hinterfragen und anpassen, um relevant zu bleiben.
Wie digital ist die SPN inzwischen?
D. Theocharidou-Sohns: Unser Digitalisierungsgrad ist sehr hoch. Wir verarbeiten Aufträge ausschließlich strukturiert und automatisiert. Unser SPN-Portal dient dabei als Drehscheibe für die Vernetzung aller Akteure. Unsere Werkstätten kommunizieren aus ihrer Autohaus-EDV oder K&L-Software heraus mit uns und können die Aufträge dort nahtlos bearbeiten. Im Moment arbeiten wir daran, die Qualität und den Umfang der strukturierten Information zu verbessern. Den Prozess mit Fokus auf die Reparaturfreigabe und Kostenübernahme weiter zu vereinfachen. Die Vernetzung zu weiteren Dienstleistern z.B. für die Schadenhöhenfeststellung zu optimieren. Alle Prozessaktivitäten, welche nicht unmittelbar mit der Reparatur zu tun haben, dürfen für unsere Partner so wenig Aufwand wie möglich machen.
Warum ist das mittlerweile so entscheidend?
D. Theocharidou-Sohns: Ein schlanker Prozess, wie wir ihn als SPN heute schon bieten, ist für die Partner unbezahlbar und damit gleichwertig oder sogar wichtiger als der reine Stundenverrechnungssatz. Abwicklungen außerhalb des SPN-Prozesses können selbstverständlich nach Aushang gegenüber den Auftraggebern verrechnet werden, erzeugen jedoch in der Regel weitaus mehr Personal- und Handlingkosten. Jeder Partner hat die Wahl, welche Prozesse für ihn dienlich sind.
Und wie sieht es mit den Stundenverrechnungssätzen bei der SPN aus?
D. Theocharidou-Sohns: Wir haben fixe Leitplanken, die für Marken-Autohäuser und K&L-Betriebe gelten. Regelmäßig gehen wir mit unseren Partnern in den Austausch und betrachten dabei das Gesamtpaket.
Frau Theocharidou-Sohns, herzlichen Dank für dieses Gespräch.
Daten und Fakten zum SPN-Werkstattnetz
Alle SPN-Partner sind zertifizierte Kfz-Meisterbetriebe.
Das SPN-Netz besteht zu 40 Prozent aus Markenbetrieben und zu 60 Prozent aus freien K&L-Betrieben.
Nahezu alle SPN-Werkstätten sind bereits heute für Hochvoltarbeiten an Elektro- und Hybrid-Fahrzeugen geschult und damit gerüstet für die Zukunft.
Hervorragende Abdeckung der Werkstattpartner in ganz Deutschland, im Schnitt alle 19 km eine SPN-Werkstatt.
Von rund 1.000 Werkstattpartnern sind 30 Prozent Gruppenstandorte, darunter echte Marktgrößen wie Brass, Emil Frey, Fix Auto oder IRS.
Partnerschaftliche Zusammenarbeit; mehr als ein Drittel sind seit Start der SPN als Teil des Netzwerks dabei.
93 Prozent der Versicherungsnehmer sind mit dem Gesamtvermittlungsprozess von der Schadenmeldung bis zur Abrechnung zufrieden.