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Elementarschäden: Bund lässt die Länder bei Pflichtversicherung abblitzen

21.06.2024 16:09 Uhr | Lesezeit: 6 min
So sah es am 15. Juli 2021 im Ahrtal aus: Angesichts solcher Bilder mit massiven Zerstörungen auch von Privatbesitz erscheint es wenig nachvollziehbar, dass bis heute fast jedes zweite Gebäude in Deutschland weiterhin nicht gegen Elementarschäden versiche
So sah es am 15. Juli 2021 im Ahrtal aus: Angesichts solcher Bilder mit massiven Zerstörungen auch von Privatbesitz erscheint es wenig nachvollziehbar, dass bis heute fast jedes zweite Gebäude in Deutschland weiterhin nicht gegen Elementarschäden versichert ist.
© Foto: Stefan Goldmann, ADAC Luftrettung

Paukenschlag am gestrigen Donnerstagabend: Die Ampel-Regierung stimmte gegen das Votum aller 16 Ministerpräsidenten der Länder und lehnte die Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung ab. Die vom Bund vorgeschlagene Angebotspflicht geht den Ländern allerdings nicht weit genug.

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Nach den jüngsten Hochwasser-Schäden in Süddeutschland war der Ruf nach finanzieller Entschädigung durch die öffentliche Hand und mittels Spenden wieder deutlich vernehmbar. Nach wie vor ist im bundesweiten Schnitt mit 54 Prozent nur etwas mehr als jeder zweite Hausbesitzer gegen Elementarschäden versichert. Theoretisch ist damit auch in betroffenen Gebieten fast jeder Zweite ohne Deckungsschutz und somit auf Fremdhilfe "angewiesen".

"Irgendwer wird schon helfen..."

Viele setzen – trotz extremer Hochwasserschäden in den neuen Bundesländern schon in den ersten beiden Dekaden dieses Jahrunderts und der Ahrtal-Katastrophe 2021 – weiterhin entweder darauf, dass "schon nichts passieren" oder "der Staat helfen" werde.

Doch die immer wiederkehrenden Belastungen für die öffentliche Hand, der in der Regel in Eigenregie die komplette Infrastruktur ganzer Regionen neu aufbauen muss,  sind immens. Immer schwerer vermittelbar wird zudem, dass Bund und Länder auch denen "unter die Arme greifen" sollen, die sich zuvor jahrelang die Prämie für den notwendigen Zusatzbaustein "Elementar" bei ihrer Wohngebäudeversicherung gespart haben.

Freiwilligkeit oder Pflicht?

Die Ministerpräsidenten gehen weiterhin nicht davon aus, dass es alleine auf Basis des Freiwilligkeitsprinzips mit dem Elementar-Versicherungsschutz zügig(er) vorangehen wird. Man will aber auch die Länder-Haushalte – und damit die Steuerzahler – nicht auf Dauer mit Kosten für Entschädigung oder Wiederaufbau von unversicherten Immobilien belasten.

Schlussendlich gab die Ampel-Regierung um Kanzler Scholz am gestrigen Donnerstagabend der Forderung der Länder nach einer bundesweit geltenden Pflichtversicherung gegen Hochwasser- und andere Elementarschäden nicht nach.

Die Sorgen des Bundes

Bundesjustizminsister Marco Buschmann (FDP), der federführend in dieser Angelegenheit zuständig ist, machte die Ablehnung wie folgt deutlich: Wohnen in Deutschland würde sich durch eine Pflichtversicherung weiter verteuern, ferner müssten hohe bürokratische Hürden überwunden werden und der Staat käme trotzdem nicht aus der finanziellen Haftung heraus.

Buschmann setzt für den Bund stattdessen auf eine künftige Verpflichtung der Versicherer, jedem Besitzer eines Gebäudes eine Elementarschadenversucherung anzubieten. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unterstützt diesen Vorschlag. Der Grünen-Rechtspolitiker Lukas Benner, der gestern mit seiner Auffassung in den Medien zitiert wurde, sprach die richtigen Gedanken in Zusammenhang mit einer Pflichtversicherung aus: "Richtig ausgestaltet, fördert sie Prävention, gewährleistet Planungssicherheit für alle Betroffenen sowie eine solidarische Kostenverteilung".

Das GDV-Konzept – seit Jahren bekannt...

Die am einfachsten und schnellsten umsetzbare Lösung stellte übrigens der GDV bereits vor drei jahren explizit vor: Jeder Hausbesitzer erhält künftig ein Versicherungsangebot mit automatisch darin integrierter Elemenarschaden-Versicherung und einer Opt-out-Möglichkeit: Mit dieser könne er aktiv dem Elementarschutz widersprechen, muss ihn also nicht "verpflichtend" behalten. Entscheidet er sich für die aktive Abwahl, gibt es am Ende allerdings keine Entschädigungsleistung im Schadens- oder Totalverlustfall.

Dass die Umsetzung einer solchen Lösung auch heute schon – und ohne neue Gesetzesgrundlage – möglich ist, sieht man deutlich am Beispiel serviceorioentiert gefpührter Versicherungen wie der DEVK: Sie bietet den Elementarschutz schon seit Jahren automatisch mit an – aktive Abwahlmöglichkeit des Versicherungsnehmers inklusive. Damit hatte sie aber gerade in der Ahrtal-Katastrophe vor drei Jahren auch vielen ihrer Kunden die Existenz retten können (wir berichteten).

Gesetzliche Grundlage für Altvertrags-Umstellung nötig

Um auch Kunden mit Altverträgen ohne Elementarschadendeckung künftig besser schützen zu können, setzt sich nicht zuletzt der GDV in Berlin für ein Gesamtkonzept aus Prävention, Klimafolgenanpassung und Versicherung ein. Im Rahmen dessen wollen die Versicherer idealerweise alle Wohngebäude – und vor allem die mit alten Bestandspolicn – schnell und rechtssicher gegen Naturgefahren versichern.

Dafür würden sie bereits geschlossene Gebäudeversicherungen von einem Stichtag an automatisch auf Elementarschutz umstellen, sofern – auch hier – die Kunden nicht aktiv widersprechen. Für eine solch umfassende Kampagne zu einem bestimmten Stichtag braucht die Assekuranzwirtschaft laut GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen allerdings eine gesetzliche Grundlage. Neue Verträge würden den Schutz heute ohnehin im Regelfall bereits auf breiter Front beinhalten.

Ampel nahe am GDV-Konzept

Die Ampel-Regierung scheint mit ihren derzeitigen Vorschlägen übrigens dem GDV-Konzept schon sehr nahe zu kommen. Fraglich bleibt, warum man seit Ahrtal 2021 keine verbindlichen Regelungen treffen konnte und erst nach den aktuell neuen Hochwasserfluten wieder in die Diskussion eintritt.

Die Stichtags-Umstellung auf Elementarschadendeckung mit Opt-out-Möglichkeit wäre die schnellstmögliche Lösung mit der größten Breitenwirkung und dem Existenzschutz eines Großteils der Gebäudebesitzer – ohne Belastung von Staat und Steuerzahlern für Individualschäden. Danach könnte man sich – wenn überhaupt noch nötig – ohne zeitlichen Druck in Pro- und Contra-Diskussionen um eine ausschließliche Pflichtversicherung einlassen.

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