National wie international reifte die DRS Hagelschaden GmbH mit Stammsitz Hamburg schon früh zu beeindruckender Größe. 40.000 im Jahr 2017 mit mehr als 1.200 Mitarbeitern in nur 89 Tagen reparierte Kfz-Hagelschäden für einen Automobilhersteller in Lateinamerika sind auch heute noch einsamer Weltrekord.
Inzwischen gehören weitere namhafte Unternehmen wie das Hagelschaden-Zentrum, das HPI-Zentrum, FormPur und andere zur DRS Gruppe. Im Firmenverbund kommen aktuell mehr als 50 Hagelscanner und über 100 LED-Lichttunnel zum Einsatz. Schwere Kumulschäden kann DRS nach eigenem Bekunden deutschlandweit an 35 Standorten gleichzeitig bedienen, zudem mit bis zu 3.000 Kunden am Tag über ein eigenes Call-Center kommunizieren und mit 650 Mittelklassefahrzeugen für Ersatzmobilität sorgen. Zum Full-Service von DRS tragen zusätzliche fünf Smart-Repair-Zentren sowie acht eigene K&L-Betriebe bei.
Mit Danny Ralf Stepputis, dem Unternehmensgründer und Vorstandsvorsitzenden der DRS Holding AG – das ist die Dachorganisation des Unternehmensverbundes –, sprach AUTOHAUS über aktuelle Entwicklungen und künftige Herausforderungen:
AH: Herr Stepputis, wie beurteilen Sie das zurückliegende Hageljahr?
D. Stepputis: Als eher durchschnittlich. Wir waren für mehr gerüstet, hatten also Kapazitäts-Überhänge, mit denen wir andererseits aber unseren Kunden aushelfen und deren Spitzen abbauen konnten. 2023 steht mit 1,3 Milliarden Euro Hagelschaden an Kfz in den Statistiken der Versicherer und stellt keinen Vergleich zu dem überdurchschnittlichen Hageljahr 2021 dar. Besonders allerdings war in 2023 die Intensität der Schäden mit durchschnittlich mehr als doppelt so hohen Reparaturkosten wie in den Vorjahren. Gebiete wie Kassel, Bad Tölz und Königsbrunn traf es besonders schwer.
Reparaturzeit-Anstieg wegen Schadenschwere
Sie hatten also zahlenmäßig weniger, aber dafür arbeitsintensivere Schäden?
D. Stepputis: Ja, eindeutig. Auch wegen der Komplexität in der Bearbeitung dieser Fälle. Die ergab sich aus der Schadentiefe mit einem ungewöhnlich hohen Anteil an Karosserie- und Lackierarbeiten. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Hagelschadens beträgt in der Regel 3 bis 5 Tage mit der DOL-Methode (Dellenentfernen ohne Lackieren). 2023 lag die durchschnittliche Reparaturzeit in den schwerer betroffenen Gebieten, wie z.B. Kassel, bei 21 Tagen. Allein durch diese lange Fahrzeugstandzeit verringerte sich der Werkstattdurchsatz ganz erheblich und es kam zu längeren Wartezeiten für freie Termine. Ein hohes Aufkommen an Ersatzteilbestellungen mit zum Teil sehr langen Lieferzeiten befeuerte die Situation zusätzlich.
Was bedeutete das für Ihre Kunden und Auftraggeber?
D. Stepputis: Da die Quote an wirtschaftlichen Totalschäden ebenfalls sehr hoch lag, führte dies auch zu Mehraufwand für die Sachverständigen durch die Fahrzeug-Einstellung in die Restwertbörsen. Zum anderen kamen die Hagelereignisse zeitlich sehr kurz hintereinander. Das hat nicht nur die Versicherer an ihre Leistungsgrenzen gebracht. Auch viele Dienstleister und unsere Marktbegleiter kamen nicht mehr nach und mussten stark improvisieren. Das wiederum führte zu langen Wartezeiten für einen Besichtigungstermin und ging somit zu Lasten der Kunden, die sich darüber verständlicherweise bei ihren Versicherungen beschwerten.
"Hagel die am meisten unterschätzte Schadenart"
Hat dies Konsequenzen für die Zukunft? Wenn ja, wie sehen diese aus?
D. Stepputis: Die Versicherer haben enorme Anstrengungen und Veränderungen in den letzten sechs Monaten unternommen. Dabei stand die intensive und kritische Auseinandersetzung mit den eigenen Prozessen und den Dienstleistern im Fokus. Denn Hagel ist die wahrscheinlich am meisten unterschätzte Schadensart im Kfz-Bereich. Da man aber wegen der klimatischen Veränderungen davon ausgehen muss, dass Hagelereignisse künftig weiter zunehmen und auch intensiver ausfallen, muss man besser denn je darauf vorbereitet sein. Denn auch die Anforderungen an Kosteneffizienz und Kapazitäten sind enorm gestiegen.
Sie scheinen sich auf diesen Wandel auch strukturell bereits gut vorbereitet zu haben?
D. Stepputis: In der Tat. DRS vereinigt in seiner Gruppe viele namhafte Hageldienstleister und verfügt dadurch eindeutig über das größte Netzwerk und Know-how in der Branche. Wir verstehen uns schon lange nicht mehr nur als Dienstleister, sondern vielmehr als Lösungsanbieter. Aus diesem Grund haben wir mehrere Großkunden im Versicherungsbereich dazugewonnen, die unserer Größe und Stärke Vertrauen schenken.
USA als Fingerzeig für Hagel in Europa
Wie wird das Hageljahr 2024 insgesamt wohl ausfallen?
D. Stepputis: Das kann uns leider niemand vorhersagen. Wir in der DRS Gruppe stellen uns auf ein sehr hagelintensives Jahr 2024 ein. Ein guter Gradmesser aus unserer Erfahrung ist das Auftreten von Hagel in den USA. Hier beginnt die Saison bereits im Februar und damit deutlich früher als in Europa. Gibt es in den USA viel Hagel, so hatten wir in der Vergangenheit auch immer ein starkes Hageljahr bei uns. Zweifelsohne kann die diesjährige Saison in den USA bereits jetzt als herausragend bezeichnet werden: Es gab bereits sehr viele Ereignisse, bei denen die Schäden verheerend stark waren. Dazu gab es bei uns im ersten Halbjahr 2024 extrem viel Niederschlag. Wenn bei den sehr feuchten Böden jetzt die Hitze einsetzt, haben wir viel Feuchtigkeit in der Atmosphäre, wodurch das Hagelrisiko stark ansteigt. Von daher rechnen wir mit mehr Hagel und mehr Schäden bei uns als im Jahr 2023. Für uns sind Hagelereignisse nicht mehr der Zufall, der sie nach außen zu sein scheinen. Und genau deshalb sind wir auf den Punkt exakt vorbereitet.
Für 2024 offensichtlich ja sogar noch mehr, oder?
D. Stepputis: Durchaus. Wir haben hohe Investitionen in Personal und Betriebsausstattung getätigt. Mit dem bundesweiten Aufbau weiterer Standorte und Lagerkapazitäten verkürzen wir unsere Reaktionszeit und den Start von erforderlichen Sammelbesichtigungen. Zudem haben wir im ersten Halbjahr mehr als 100 neue Mitarbeiter in verschiedenen Bereichen der DRS-Gruppe eingestellt. So verfügen wir jetzt in Dresden über ein eigenes, hochmodernes Callcenter, das uns in die Lage versetzt, mehr als 3.000 ausgehende Anrufe am Tag zu tätigen. Darüberhinaus bekam unsere eigene Schadensoftware Sky eine neue Ausbaustufe und ist jetzt direkt mit all unseren Kunden per Schnittstelle verbunden, um schnellere Datenübertragungen und Datensicherheit zu gewährleisten. Zusätzliche 100 Lichttunnel mit modernster LED-Technik und über 50 HaSt-Hagelscanner setzen wir in den Besichtigungshallen ein.
Damit stoßen Sie eindeutig aber auch in eine neue Dimension des gesamten Schadenabwicklunsprozesses vor!
D. Stepputis: Wir wollen die Sammelbesichtigung ganz bewusst auf ein neues Level heben – nicht nur in technischer Hinsicht, sondern auch beim Kundenerlebnis. Ergebnis dieser Maßnahmen ist eine komplett neue Ausstattung für unsere Besichtigungsstandorte: Neue Tische, Stühle, Theken, ein neues Konzept für den Kunden-Wartebereich und eine bessere Beschilderung in den Hallen, damit sich die Kunden leichter zurechtfinden. Insgesamt haben wir über 50 Tonnen neues Material angeschafft, das in dieser Saison zum Einsatz kommt. Damit sind wir in der Lage, mehr als 35 Sammelbesichtigungen parallel durchzuführen.
Faktor 4 bis 12 gegenüber Wettbewerbern
Das ist fürwahr eine echte Hausnummer! Wie sehen Sie sich damit eigentlich selbst am Markt und gegenüber Ihren Mitbewerbern platziert?
D. Stepputis: Der durchschnittliche Hageldienstleister ist in der Lage, drei Sammelbesichtigungen gleichzeitig durchzuführen. Die größeren Dienstleister am Markt können bis zu acht Sammelbesichtigungen gleichzeitig darstellen. Unser Firmenverbund kann hier in etwa das 4- bis 12-fache leisten. Zudem können wir über unseren Fuhrpark den Kunden 650 eigene Ersatzfahrzeuge anbieten, die von unserer internen Logistik mit mehreren LKW an jeden Einsatzort verbracht werden können. Und wie Ihnen ja bereits bekannt ist, stehen uns für komplexere Reparaturen zudem 8 eigene Karosserie- und Lackier-Betriebe zur Verfügung. Damit halten wir alle Kernfähigkeiten einer zügigen und verlässlichen Bearbeitung von Hagelschäden in der eigenen Hand. Diese verlässlichen Voraussetzungen schätzen unsere B2B- wie auch B2C-Kunden gleichermaßen.
Wie sehen Sie die Zukunft im Bereich der Hageldienstleistungs-Branche?
D. Stepputis: Ich gehe davon aus, dass wir Schadensbilder wie im Jahr 2023 häufiger sehen werden. Das heißt, der Anteil an Lack- und Karosseriearbeiten wird gegenüber der lackschadenfreien Ausbeultechnik weiter ansteigen. Zudem werden die Anforderungen an die Hageldienstleister zunehmen und komplexer. Der Kunde wünscht sich einen Alles-aus-einer-Hand Service. Genau das ist es, was wir in der DRS Gruppe schon heute leisten. Wir erhöhen die Kundenzufriedenheit mit einer Steigerung unserer Qualität in allen Bereichen und sind gleichzeitig in der Lage, Kosten einzusparen, indem wir fein abgestimmte Prozesse mit unseren Kunden definieren.
Vielen Dank, Herr Stepputis, für dieses informative Gespräch.