15. April 2024, 19:00 Uhr, Leipzig, Gerberstraße 15: Nichts erinnert an diesem Abend mehr an die unsägliche Aktion des Musikers Gil Ofarim, der am 5. Oktober 2021 ein von ihm selbst gefertigtes Video in die sozialen Medien hochlud, in dem er vorsätzlich falsch behauptete, an der Rezeption des Hotels "The Westin" Leipzig als Jude wegen seines Davidsterns diskreditiert worden zu sein. Erst zwei Jahre später (!), am 28. Oktober 2023, gestand Ofarim schließlich, sich die Vorwürfe nur ausgedacht zu haben. Vor Gericht kam er vergleichsweise glimpflich davon, während die Hotelkette ihrerseits einen erheblichen Image- und auch finanziellen Schaden davontrug.
Professionelles Ambiente
Weitere sechs Monate später trafen nun an dem eingangs genannten 15. April 2024 gut 100 von Copart Deutschland geladene Gäste im "The Westin" Leipzig ein: Freundliches Hotel-Personal, behagliches Ambiente, unaufgeregte Stimmung sind die ersten positiven Eindrücke beim Betreten der großzügigen Eingangshalle.
Und dann natürlich auch – wie man es vom Düsseldorfer Totalschadenverwerter als Gastgeber kennt – die persönliche Begrüßung durch die Frontleute Kai Siersleben, Florian F. Stumm, Lothar Rabeneik und Sophie Bischoff. Nichts bleibt irgendwelchen Unwägbarkeiten oder Zufällen überlassen: Sogar der rechte der beiden Turbo-Aufzüge ist alleine für die Copart-Gäste reserviert. Er führt sie ohne Zwischenhalt in wenigen Sekunden fast 100 Meter hoch direkt in den 27. Stock des mächtigen Hotels, in dem gleich anschließend die Einstimmung auf den tags darauf beginnenden Messekongress stattfinden wird.
Nachdem die Gäste sich schließlich, allesamt gut gesittet und pünktlich, im 27. OG über den Dächern Leipzigs – mit bestem Weitblick über die Stadt – eingefunden hatten, legte CEO Kai Siersleben auch direkt los – kurzweilig, pointiert, wie ihn die Branche seit vielen Jahren kennt: Seit 2019 ist er Chef von Copart Deutschland, das unter seiner Führung und in Zusammenwirken mit "seinem" Vertriebschef Florian F. Stumm in vergleichsweise kurzer Zeit eine marktführende Stellung erobert hat.
Dank an alle Geschäftspartner
"Copart Deutschland entwickelt sich ständig weiter. Wir sind heute bereits über 100 Leute und werden dieses Jahr mit Ihrer Hilfe 50.000 Fahrzeuge vermarkten", lauteten die Eingangssätze Sierslebens. Noch vor vier Jahren wäre die Zahl bei unter 10.000 gelegen, führte er weiter aus. Und er weiß natürlich auch, dass geschäftlicher Erfolg nur in gesunden Partnerschaften möglich ist, indem er sagt: "Allen, die heute hier sind und von unserer neuen, amerikanischen Geschäftsidee, die wir in den deutschen Markt eingeführt haben, überzeugt sind, danke ich deshalb sehr herzlich für ihr Vertrauen".
"Haben ein Top-Marketing"
Dass mittlerweile gut 10.000 Käufer an den Copart-Auktionen beteiligt sind, davon täglich rund 1.000 für rund 200 bis 300 Fahrzeuge und "dabei tolle Werte realisiert werden", benötige man auch "ein Top-Marketing". Genau dafür zuständig ist seine engagierte Kollegin Sophie Bischoff: "Sie bringt die entscheidenden Ideen und Impulse ein, dass wir die richtigen Käufer auf unsere Plattform bekommen", lobte der CEO ausdrücklich.
Damit die geladenen Gäste bei dem gegenständlichen Treff auch etwaige Fragen stellen können, war es für Kai Siersleben gleichwohl selbstverständlich, die "komplette Vertriebsmannschaft, angeführt von Florian Stumm", mit nach Leipzig zu bringen. Namentlich stellte er darüberhinaus auch "IT-Boss" Quoc Tri Dung Trinh (offizielle Bezeichnung: Director of Technology & Product) und Tobias Lucks (Director of Operations, People & Culture and Legal) vor. Letzterer ist laut Siersleben der Verantwortliche "für unsere Plätze, Operations und alles, was wir hier auf der Bühne versprechen".
Fokus auf CashforCars und Copart Dealer Service
Ebenfalls kein Geheimnis machte der Copart-Deutschland-Chef aus den Zukunftsplänen, die das heute in Düsseldorf ansässige Unternehmen anstrebt: "50.000 Autos sind uns natürlich nicht genug. Wir wollen deshalb mit Versicherungsgesellschaften, Flotten und Ihnen allen auch über unsere weitere Plattform CashforCars wachsen. CashForCars bei Copart ist laut Siersleben "im wesentlichen von zwei Personen aufgebaut worden", nämlich Osama El-Toufaili (Director of Sales Automotive Copart) und Patryk Rosbond (Pricing Manager bei CashforCars), die Beide auch das entsprechende Plattform-Team leiten.
Osama El-Toufaili baue zudem mit Copart Dealer Service (CDS) gerade einen weiteren, neuen Bereich mit auf. Über CDS sollen v.a. bei Versicherungen und Flotten bzw. Leasinggesellschaften genau die Autos akquiriert werden, die "möglichst eine Beschädigung sowie ein gewisses Alter haben" und bei Copart ebenfalls "optimal vermarktet werden können".
Medienmacher mit "schwimmender" Redaktion
Die anschließende halbe Stunde gehörte ab jetzt Gastredner Gabor Steingart (61), dem früheren Leiter des Hauptstadtbüros des Spiegel in Berlin (2001-2007) und danach (bis 2010) des Spiegel-Büros in Washington. Danach war Steingart bis 2018 Chefredakteur und Herausgeber des Handelsblatts, ehe er (ebenfalls noch in 2018) das Medienunternehmen Media Pioneer gründete, das u.a. das Schiff "The Pioneer One" als "schwimmenden" Redaktionssitz betreibt, auf dem regelmäßig Politiker, Wirtschaftsgrößen und andere Interviewgäste geladen sind, die dann in Steingarts täglichen "Morning Briefings" oder entsprechenden Podcasts zu Wort kommen. Der Politik- und Wirtschaftsjournalist, Autor und Medienunternehmer wurde u.a. mit verschiedensten Preisen für seine Arbeiten ausgezeichnet.
Übertreibung als journalistisches "Geschäftsmodell"...
Auf dem Copart-Abend reflektierte Steingart zunächst "über die Welt, in der wir leben und die im Moment etwas düster ist". Anschließend widmete er sich der "Rolle der Journalisten" und ging höchst kritisch "mit denjenigen" um, "die ihr Geschäftsmodell dahingehend geändert haben, die Leute aufzuwühlen – vor allem via Internet". Für ihn sind "das vorwiegend ,Kollegen‘, die weder in der Wahrheits-, noch in der Faktenfindung zu Hause sind, sondern die Überschriften und Zwischentitel machen, Bilder aussuchen, sich Übertreibungen ausdenken, um damit die Leser aufzuwühlen und wütend zu machen, weil diese genau dann auch weiterlesen".
Steingart wörtlich: "Das ist kein Kompliment an meine Kolleginnen und Kollegen, denn bei diesem Geschäftsmodell steht letztlich keinerlei Erkenntnisgewinn im Zentrum, sondern rein die Übertreibung. Weil da wird dann geklickt, klingelt die Kasse und lässt sich Werbung mit verkaufen. Das muss man verstehen und für sich selbst einordnen, dass das eigentlich ein gravierender Vorgang ist", der mit sachlich sauberem und faktenbasiertem Journalismus nichts zu tun habe.
Nach diesen Betrachtungen über die neue, digitale Spezies mancher Journalisten ging Gabor Steingart über in seine geopolitische Situation mit den Kriegen in der Ukraine sowie im Nahen Osten und ordnete auch die Handlungsweisen der regierenden Politiker entsprechend seines persönlichen Weltbildes mit ein.
"Fachkräftemangel ist nicht gottgegeben"
Der Ampel-Koalition in Berlin stellte er, wie man es von ihm kennt, durchweg keine guten Noten aus: "Der Fachkräftemangel hat sich ja bis in die Regierung durchgefressen. Mit künstlicher Intelligenz kann das nur besser werden."
Fachkräftemangel sieht Steingart aber auch als ein Stück hausgemachter Politik: In Zusammenhang mit einfachen Arbeiten werde derzeit an 5,5 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld ausbezahlt. "Das sind mehr Menschen, als die Bundesländer Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Saarland an Einwohnern haben. Man hat also einfach mal mutwillig drei Bundesländer vom Arbeitsmarkt weggenommen. Wenn ich auf diese Weise den Staat quasi in eine Lohnkonkurrenz schicke bei über 5,5 Mio. Menschen und drei Bundesländer rausnehme, dann muss ich feststellen, dass unser Fachkräftemangel nicht einfach so gottgegeben ist. Aber ich hoffe ja, dass einmal eine Regierung kommt, die ein paar Grundrechenarten beherrscht. Denn wenn ein Arbeiter fürs Nichtarbeiten genug Geld kriegt, dann wird er auch nicht arbeiten. 2.400 bis 2.600 EUR ist derzeit der Stand, den Sie mit 3 Kindern bekommen. Wir brauchen also ein paar Politiker, die das durchschauen. Und die brauchen auch gar nicht neo-liberal zu sein."
"No way für die heutige Regierung in zwei Jahren"
In einem launischen Vergleich mit dem früheren Staatssystem der DDR sagte Steingart: "Diese Politiker brachte man nicht los. In unserem System wird von den jetzt Regierenden in zwei Jahren aber keiner mehr im Amt sein, weder der famose Wirtschaftsminister, noch der Bundeskanzler. No way. Das wird nicht passieren."
Olaf Scholz habe die letzte Wahl nicht gewonnen, sondern vielmehr habe sie der Konkurrent (Armin Laschet, d. Red.) verloren, als er in einem für ihn peinlichen Moment während der Ahrtal-Katastrophe 2021 lachend fotografiert wurde. Was Steingart ebenfalls nachhaltig missfällt, ist für ihn die Tatsache, dass "wir das einzige Land sind, das derzeit nicht performt. Das macht Ihnen allen, gleichwohl ob Versicherungs- oder anderes Unternehmen, natürlich Probleme".
"Digitalisierung wird den Fachkräftemangel relativieren"
Dennoch zuversichtlich zeigte sich der Wirtschafts- und Politikjournalist bei seinem offensichtlich festen Glauben an die künftigen technischen Errungenschaften und die Digitalisierung. An kleinen Beispielen wie Armbanduhren, mit denen man heute bereits selbst seinen Puls, Blutdruck und andere Vitalfunktionen messen könne, zeigte er auf, dass man künftig nicht unbedingt den Weg zum Arzt antreten müsse, um einen aktuellen "Ist-Status" zu erfahren. "Vieles wird man morgen schlicht nicht mehr brauchen, wir stehen am Beginn einer neuen digitalen Welt, die auch den heute so viel beklagten Fachkräftemangel relativieren wird", so Steingart wörtlich.
Neue Innovationen werden nach seinem Dafürhalten "unheimlich schnell kommen, und sie werden uns allen helfen. ChatBots und noch Vieles mehr werden unser Leben verändern und es sogar noch verbessern."
"Trump wird nicht gewinnen"
Wichtigstes Credo seiner "außenpolitischen" Vortragsreise: "Trump wird die kommende Wahl nicht gewinnen. Die Trump-Euphorie trägt nicht durchs ganze Land. Die Amerikaner sehen durchaus das Wertesystem bei Joe Biden und dessen Programm. Stolperer oder Versprecher sind ihnen am Ende egal." Den europäischen Kontinent ordnet er im Übrigen wirtschaftlich "prinzipiell nicht schwächer als die USA" ein. Walter K. Pfauntsch