Die Feststellungen zu den "erlebbaren" Vorzügen bei gleichzeitig gewährleistetem Datenschutz gehören zu den wesentlichen Kernaussagen der aktuellen Studie zum Thema "Big Data in der Mobilität". Sie wurde kürzlich im Auftrag des Goslar Instituts für verbrauchergerechtes Versichern (GI) erstellt. Darin hinterfragen deren Autoren, vier renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die Grundlagen und Perspektiven der Mobilität von morgen. "Und die ist ohne die Nutzung und Verwertung von Mobilitätsdaten nun mal nicht vorstellbar", so das Credo nicht nur dieser Experten.
Langsame Annäherung an "automobile" Datenvielfalt
Inzwischen sind sich die Bürger darüber klar geworden, dass sie in ihrem direkten persönlichen Umfeld breite Datenspuren hinterlassen – sei es mittels der smartwatch am Handgelenk, im Gespräch mit "Alexa" und anderen Sprachservices, beim Nutzen des Internets oder mit der beliebten payback-Karte. Dies geschieht in der Regel freiwillig und bereitwillig, weil dies als vorteilhaft empfunden wird. Der Vielzahl an Daten, die von modernen Autos aufgezeichnet wird, werden sich die Konsumenten erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung bewusst. Doch auch diese Erkenntnis wächst zunehmend, wie die GI-Studie deutlich macht.
"Was bekomme ich eigentlich für meine Daten?"
Aus dieser Feststellung ergibt sich folgerichtig die Frage, was die Verbraucher als Gegenleistung erwarten bzw. welche Bedingungen sie erfüllt wissen wollen für ihre Bereitschaft zum sogenannten Data Sharing, also dem Teilen ihrer Daten, etwa mit Servicedienstleistern. Und da zeigt sich ein gewisser Egoismus, denn wenn die persönlichen Benefits stimmen, zeigen sich viele Verbraucher deutlich konzilianter bei ihrer Entscheidung darüber, ob sie Daten für die Nutzung durch Dritte freigeben wollen.
Bei diesen persönlichen Vorteilen rangieren Aspekte wie Orientierung (verkehrsabhängige Navigation in Echtzeit), Zeitersparnis (etwa durch weniger Staus sowie intelligente Verkehrsleitsysteme) und Bequemlichkeit (günstige Verbindungen) bzw. Stressreduktion (etwa durch autonome Fahrzeuge) ganz vorne. Ebenfalls positiv bewertet werden in der GI-Studie automatische Hinweise auf Wartungstermine und notwendige Reparaturen am Auto, die Überwachung der Einhaltung von Verkehrsregeln sowie Telematik-Tarife in der Kfz-Versicherung. Darüber hinaus wissen die Verbraucher grundsätzlich die Zugewinne an Sicherheit, Komfort sowie beim Klima- und Umweltschutz durch die Nutzung von Mobilitätsdaten zu schätzen.
Angst vor "Datenschindludrei" bremst Mobil-Konzepte
Dennoch ergaben die Befragungen für die GI-Studie eine nach wie vor verbreitete skeptische Grundhaltung bezüglich der Zustimmung etwa zur Nutzung jener Informationen, die von modernen Fahrzeugen generiert werden. Hier mangelt es den Betroffenen augenscheinlich noch an Vertrauen, dass mit ihren Daten kein "Schindluder" getrieben wird. In dieser Hinsicht fehle es noch an den erforderlichen rechtlichen bzw. regulativen "Leitplanken", bemängeln die Verfasser der GI-Studie. Ohne dieses Zutrauen aufseiten der Daten-Urheber seien jedoch keine zukunftsweisenden Mobilitätsservices und -konzepte realisierbar, warnen die Wissenschaftler.
Empfehlungen der Verbraucherschützer
Ähnlich bewerten diese Problematik auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) und Automobilclubs wie der ADAC. Ein fairer und verbraucherfreundlicher Zugang zu Fahrzeugdaten sei Voraussetzung dafür, dass innovative Mobilitätskonzepte für Verbraucher realisiert werden können, stellt etwa der VZBV fest. Der Dachverband der Verbraucherberatungen in Deutschland hält es für entscheidend, inwieweit die Nutzer Kontrolle über die Daten ihres Fahrzeugs haben. Verbraucher müssten ihre Datenhoheit ausüben können und dabei unterstützt werden, fordert der VZBV.
"Wenn Nutzer von vernetzten Fahrzeugen nicht wissen, an wen ihre Daten fließen und zu welchem Zweck diese genutzt werden, können sie keine souveräne Entscheidung treffen, ob und unter welchen Bedingungen sie Daten teilen möchten", erklärt VZBV-Vorständin Ramona Pop. Daher benötigten die Verbraucher mehr Transparenz und Kontrolle über die von ihnen erzeugten Daten. Als eine Kontrollinstanz, die diese Transparenz gewährleisten soll, schlägt der VZBV einen "Mobilitätsdatenwächter" vor. Über diese "Autorisierungsstelle" sollen die Fahrer mehr Kontrolle über ihre Fahrdaten erhalten. Der Mobilitätsdatenwächter würde transparent ersichtlich werden, warum Unternehmen bestimmte Informationen benötigen, wie lange sie gespeichert werden und welche Dritte auf sie zugreifen dürfen, so die Vorstellung der Verbraucherschützer. Eine Zustimmung zur Verarbeitung von Daten durch den Hersteller oder die Weitergabe an Dritte soll dabei beliebig oft erteilt und auch widerrufen werden können.
"Vertrauen auf breiter Front schaffen!"
Ohne ausreichendes Vertrauen aufseiten der Konsumenten werde es schwer bis unmöglich werden, deren Bereitschaft zu erlangen, Zugriff auf ihre Informationen zu gewähren, sind sich auch die an der GI-Studie beteiligten Wissenschaftler einig. Zwar ist bei den Verbrauchern inzwischen grundsätzlich eine sukzessive Abkehr von einer überwiegend negativen Sicht auf Big Data in der Mobilität erkennbar, wie die GI-Studie ausweist. Danach nimmt dieser Prozess insbesondere dort an Fahrt auf, wo die Verbesserungen durch die Nutzung von Daten, vor allem die eigenen Vorteile, sehr konkret erlebbar sind oder auch schon erfahren werden. Doch die Skepsis gegenüber einer intransparenten Datennutzung bleibt noch recht gegenwärtig. Deshalb gilt es, nicht nur die Benefits der "Big Data in der Mobilität" für jeden Einzelnen zu verdeutlichen und ebenfalls auf die gesamtgesellschaftlichen Vorteile davon aufmerksam zu machen, sondern auch die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Verbraucher ihre Daten vertrauensvoll für eine vertrauenswürdige Nutzung zur Verfügung stellen können, resümieren die Verfasser der GI-Studie. Denn davon würden letztlich alle Beteiligten profitieren... (kaf/wkp)