Im Einzelnen wurden folgende Vorüberlegungen in den AK eingebracht, den Helmut Trentmann, Präsident des Bund gegen Alkohol und Drogen im Straßenverkehr e. V. (Hamburg) leitete und in dem mit Dr. Holger Niehaus, Richter am Landgericht Düsseldorf, RA Carsten Staub (Mettmann) sowie Prof. Dr. Stefan Tönnes, Leiter der Abteilung Forensische Toxikologie, Institut für Rechtsmedizin (Frankfurt/Main) als weitere Experten vortrugen:
Alkohol und Cannabis bzw. dessen Wirkstoff THC unterscheiden sich grundlegend in den Auswirkungen auf die Fahrweise und das Unfallrisiko. Stand der Wissenschaft ist, dass sich hinsichtlich der Wirkung bzw. des Verkehrsunfallrisikos Wirkstoffkonzentrationen entsprechend den zum Alkohol anerkannten "Grenzwerten" wissenschaftlich nicht etablieren lassen.
Die kardinalen Fragenkomplexe
In diesem Zusammenhang stelle sich aus juristischer Sicht die Frage, ob im Verkehrsstrafrecht Cannabiskonsumenten gegenüber Alkoholkonsumenten privilegiert werden, da es keinen Grenzwert für absolute Fahruntüchtigkeit bezogen auf den Wirkstoff THC gibt. Die weiter behandelten Fragen lauteten:
• Braucht es überhaupt einen Grenzwert der absoluten Fahrunsicherheit für THC, oder reichen die Sanktionen mit einer Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG und die Strafbarkeit nach den Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung zur relativen Fahruntüchtigkeit aus?
• Ist der Grenzwert von 1 ng/ml THC sowohl für die Verantwortlichkeit nach § 24a StVG als auch als das Bemessungskriterium für die relative Fahrunsicherheit ein nicht vertretbares Kriterium, gegen das im Rahmen der Verteidigung aktiv opponiert werden sollte.
• Ist die Diskussion um einen Grenzwert für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht nicht überflüssig, zumal wegen der fahrerlaubnisrechtlichen Folgen die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs hinreichend geschützt ist?
Die verabschiedete Resolution
Nach seinen zweitägigen Beratungen gab der AK II folgende Empfehlungen:
1. Der Konsum von Alkohol oder Cannabis und die Teilnahme am Straßenverkehr sind im Sinne der Verkehrssicherheit grundsätzlich voneinander zu trennen.
2. Nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft können für Cannabis weder im Strafrecht noch im Ordnungswidrigkeitenrecht mit Alkohol vergleichbare Grenzwerte festgelegt werden.
3. Der aktuell angewandte Grenzwert von 1,0 ng THC pro ml Blutserum liegt so niedrig, dass er den Nachweis des Cannabiskonsums ermöglicht, aber nicht zwingend einen Rückschluss auf eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung zulässt. Dies führt in der Praxis dazu, dass in einem nicht vertretbaren Umfang Betroffene sanktioniert werden, bei denen sich eine "Wirkung" im Sinne einer möglichen Verminderung der Fahrsicherheit aus wissenschaftlicher Sicht nicht tragfähig begründen lässt.
4. Der Arbeitskreis empfiehlt, dem Gesetzgeber aufzugeben, den derzeit angewandten Grenzwert für die THC-Konzentration von 1,0 ng THC pro ml Blutserum angemessen heraufzusetzen. (wkp)