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Schadstoffe: Umweltministerin wirbt für blaue Plakette

11.04.2016 13:30 Uhr
Umweltzone Schild Feinstaub Plakette
Die Debatte über die Einführung einer blauen Plakette für Autos mit geringem Schadstoff-Ausstoß ist eröffnet.
© Foto: stockpix4u / Fotolia

Barbara Hendricks hat die neuen Pläne gegen Kritik verteidigt. Alexander Dobrindt findet sie hingegen unausgegoren und mobilitätsfeindlich.

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Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat die geplante Einführung einer blauen Plakette für Autos mit geringem Schadstoff-Ausstoß gegen Kritik verteidigt. Es werde nicht so sein, "dass 2017 plötzlich 13 Millionen alte Diesel aus den Innenstädten ausgesperrt werden", sagte Hendricks der "NRZ" (Montag) zu entsprechenden Medienberichten. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hatte die Pläne zuvor als vollkommen unausgegoren und mobilitätsfeindlich bezeichnet. "Das Ergebnis wäre ein faktisches Einfahrtverbot für Dieselfahrzeuge", sagte der CSU-Politiker der "Bild am Sonntag". Das werde er nicht akzeptieren.

Hintergrund des Streits ist ein Beschluss der Umweltminister von Bund und Ländern. Danach sollen Städte für Areale mit besonders schlechter Luft anordnen können, dass nur noch Autos mit blauer Plakette einfahren dürfen - also solche, die wenig Stickoxide ausstoßen. Die Verordnung dazu soll noch dieses Jahr wirksam werden.

Hendricks betonte, die Entwicklung der Plakette gehe auf eine Forderung aller 16 Bundesländer zurück, inklusive Bayern. Die Länder hätten ihr versichert, "dass auch sie nicht mit dem Holzhammer vorgehen wollen, sondern einen zielgenauen, stufenweisen Ansatz verfolgen". Jede Stadt oder Gemeinde kann nach den Plänen selbst bestimmen, wann und ob sie derartige Gebiete ausweist. Es soll keine Pflicht dazu geben.

Keine Lastwagen und Nutzfahrzeuge?

Die "Bild"-Zeitung und die "BamS" rechneten vor, dass rund 13 Millionen älteren Diesel-Pkw mit höheren Schadstoffwerten ein "Innenstadt-Verbot" drohen könnte. Betroffen wären auch Lastwagen und Nutzfahrzeuge. Eine blaue Plakette, die den Ausstoß von Stickoxiden berücksichtigt, hatten Umweltverbände lange gefordert. Die neuen Umweltzonen würden wohl kleiner ausfallen als die bisherigen Zonen für grüne Plaketten.

Die Grünen im Bundestag warfen Dobrindt vor, keine Konsequenzen aus der zu hohen Stickoxidbelastung in vielen Städten zu ziehen. Fraktionsvizechef Oliver Krischer erklärte: "Der Verkehrsminister hat während des ganzen Abgas-Skandals offensichtlich nichts kapiert. Den Beschluss aller Länder-Umweltminister gegen die Schadstoffbelastungen einfach nur abzutun, ist fahrlässige Ignoranz, denn schließlich geht es um die Gesundheit von uns allen." 

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ulrich Lange, erklärte, der Vorschlag zur Einführung einer blauen Plakette sei nicht zu Ende gedacht. "Er berücksichtigt insbesondere nicht, dass Dieselfahrzeuge erheblich zur Reduzierung des C02-Ausstoßes im Straßenverkehr beitragen." Die "Diskriminierung" von Dieselfahrzeugen sei fehl am Platz. 

Nach Angaben des Umweltministeriums ist Stickstoffdioxid gesundheitsschädlich, weil es die Atemwege reizt und zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen kann. 2015 waren die Werte an 60 Prozent der Luftmessstellen an belasteten Straßen in Ballungsräumen zu hoch.

Kfz-Gewerbe: Blaue Plakette schränkt Mobilität ein  

Kritik kommt auch vom DeutschenKfz-Gewerbe (ZDK). Wer etwa als Berufspendler auf die Sparsamkeit und Langlebigkeit des Dieselantriebs setze und die höheren Kosten durch eine entsprechend lange Nutzung amortisieren wolle, werde durch den Vorstoß der Umweltminister an der Nase herumgeführt, so ein ZDK-Sprecher. Zum einen drohe das Einfahrtverbot in die blauen Zonen, zum anderen müsse mit Wertverlust beim Verkauf gerechnet werden. Diese Entwicklung träfe auch das Kfz-Gewerbe.

Es sei noch nicht lange her, dass die Politik die Verbraucher zum Kauf von sparsamen Dieselfahrzeugen aufgerufen habe, um den CO2-Ausstoß insbesondere in den Städten wirksam zu bekämpfen. Das Kfz-Gewerbe fordere daher mehr Verlässlichkeit bei politischen Entscheidungen, so der ZDK-Sprecher. Gefordert sei eine Politik mit Augenmaß, die neben berechtigten Umweltanliegen auch die Mobilitätsbedürfnisse sowie auf Treu und Glauben getroffene Investitionsentscheidungen der Steuerzahler berücksichtige. Wie bereits zahlreiche Politiker bewerte auch der ZDK den Plaketten-Vorschlag als realitätsfern, der zurück in die Schublade gehöre. (dpa)

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KOMMENTARE


Marco Schulz

11.04.2016 - 09:24 Uhr

Warum sind unsere Politiker nur absolut unfähig ? Eine Idee in die Welt hinausposaunen bevor feststeht wie , was ,wann, wofür. Im Handel haben wir jetzt unsere Euro5 VFW und Jahreswagen und die Kunden sind verunsichert und zurückhaltend weil Sie ja nicht wissen ob Sie mit dem neuen Auto nächstes Jahr noch in die Stadt dürfen. An welches Ministerium darf ich meine Lohnersatzforderung stellen ?


wallibelli(E.Kühlwetter)

11.04.2016 - 10:30 Uhr

Diesmal muss ich Herrn Dobrindt beipflichten: Wenn Laien Verordnungen planen, kann nur Murks rauskommen. Wie will man heute einen EU 4/5 Diesel abgestellt am Straßenrand von einem Benziner unterscheiden? Am Auspuff geht das nicht mehr. Die sind bei den neueren Modellen gleich. Und Motorbezeichnungen fehlen immer öfter außen am Fahrzeug. Deshalb kamen einige findige "Experten" in der Sitzung auf die Idee, auch den Benzinern mit EURO 6 blaue Plaketten zu verpassen. Die älteren sollen draußen bleiben, da sie zuviel Feinstaub produzieren. Dieser Vorwurf betrifft nur Benziner mit DI-Motoren, die inzwischen den größten Bestand darstellen. Was die wenigsten wissen, mit EURO 6 gab es keine Vorgaben zur Reduktion der Benziner-Feinstaubgrenzen gegenüber EURO 4 / 5. Die kommt erst mit EURO 6c ab Herbst 2017. Dann gelten wie beim Diesel nur noch 4,5mg/km Feinstaubausstoß. Benziner werden ab dann wahrscheinlich einen Feinstaubfilter haben, den man auch unter älternen DI-Benzinern montieren kann. Den Filter gibt es seit Herbst letzten Jahres. Nachrüstung kostet ca. 100-140,-€. Sanktioniert man nur Diesel-PKW entfällt eine Überwachung des ruhenden Verkehrs. Man hat LKWs und Transporter wegen des Warenwirtschaftssystems in den Städten zunächst außen vorgelassen, zu Taxis gibt es keinen Hinweis. Die sind zzt. noch zu ca. 90% mit Diesel Euro 4 und Euro 5 bestückt. Sollten die Ausnahmen erhalten, gibt es einen Aufstand beim ausgeschlossenen Publikum. Das könnte sich im BT-Wahljahr 2017 revanchieren. Was auch immer die "Experten" vorhaben: Wenn EURO 5-PKW, die noch bis Ende September 2015 als Neuwagen eine Erstzulassung erhielten, schon gut ein Jahr später Fahrverboten -egal wie umfangreich unterliegen- dann gibt es einen Aufstand in der Bevölkerung. Diese Fahrzeuge sind in D-Land nicht mehr zu vermarkten. Das hat der Ausschluß von Autos mit roter und gelber Plakette gezeigt. Ich bin mir sicher, dass sofern keine Klarheit über das weitere Vorgehen besteht, es negative Auswirkungen im Verkauf von gebrauchten EURO 5 PKW gibt. Vielleicht ist das ja gewollt, da es den Neuwagenverkauf belebt, was nicht nur den Städten hilft, sondern auch dem VW-Konzern, der mit allen Marken in D-Land ja weit mehr als die Hälfte an Diesel verkauft.


B.Liebig

11.04.2016 - 11:30 Uhr

@wallibelli: Entlich mal ein paar Fakten. Danke!Hier wird von Laien nur wieder ein Teil des Themas betrachtet. Das Durchschnittsalter der PKW in Deutschland liegt bei ca. 8,5 Jahren.Dieselfahrzeuge werden i.d.R. länger gehalten und haben eine höhere Fahrleistung. 3 Liter Diesel erzeugen eben soviel CO2 wie 4 Liter Benzin.Betrachtet man die unterschiedliche Energiesteuer, Mehrwertsteuer darauf und die Erdölbevorratungsabgabe dann subventioniert der Staat den Diesel gewaltig.3 Liter Diesel erbringen 2,85€ Abgaben, während 4 Liter Benzin doch 4,95€ einbringen.Aber über den x-mal größeren NOx-Ausstoß sprechen die Politiker nicht. Und die "blaue Plakette" wird es nicht umsonst geben.


egon samu

12.04.2016 - 07:24 Uhr

Frau Bundesministerx wollte auch mal in die Schlagzeilen kommen. Sei es auch noch so auffälliger Unsinn. Hauptsache auffallen. Auch unangenehm ist genehm...


Frank Oesterle

12.04.2016 - 09:43 Uhr

Was mich stört ist die totale Entfernung von der Realität. Das ganze Umweltzonengedöns bringt überhaupt nichts, die einzige vernünftige Lösung ist die vollständige Abschaffung. Nur: hierüber redet niemand mehr. Warum? Vor 15 Jahren kam auch noch niemand auf die Idee, dass CO2 eine Auswirkung auf das Klima hat, was ja auch stimmte. Und heute? Die ständige Wiederholung von Absurditäten hat dazu geführt, dass dies heute auch niemand mehr weiß. Und wir müssen uns mit den Folgen dieser Absurditäten tagein tagaus beschäftigen, anstatt man uns etwas Vernünftiges machen ließe. Gute Nacht Deutschland/Europa.


Bernd Schürmann

12.04.2016 - 12:08 Uhr

Leider tragen die Statements der Politiker weder zur Lösung des Problems bei, noch lassen Sie die notwendige Sachkenntnis erkennen: Die Verteilung der Schadstoffe hält sich nicht an die eingerichteten Umweltzonen. 20 % aller zugelassenen Fahrzeuge mit EURO 3 und schlechten emittieren 80 % des PKW Schadstoffausstoß, daran könnte man zielführend arbeiten. Energieversorger, Haushalte und verarbeitendes Gewerbe produzieren zusammen mehr Stickoxide als der PKW Verkehr und müssen Teil der Problemlösung sein. Leider schafft man es mit Sachlichkeit nicht auf die Titelseiten der Zeitungen . Das ist das Problem.


MP

12.04.2016 - 12:21 Uhr

Die Politikerkaste - egal welcher Einfärbung - war schon immer gut darin, Werte seiner Untergebenen zu vernichten... meist von der Großindustrie und deren Lobby motiviert... Diese unsinnigen Feinstaubplaketten und die schwachsinnigen Umweltzonen sind das beste Beispiel. Es gibt wohl Länder, welchen diesen Unfug abgeschafft haben... niemals bei uns... Ich kann mich noch gut an die massiven Umweltbelastungen vor 30 oder 40 Jahren erinnern, vom Zweitaktmief in der ehemaligen DDR ganz zu schweigen. Wer Mobilität will, der muß gewisse negative Auswirkungen akzeptieren. Ich denke aber, daß die aktuellen Auswirkungen im Vergleich zu früher marginal sind. Es gibt wahrlich dringendere Aufgaben in unserem Land und in Europa, als auch noch die letzte stelle hinter dem Komma zu bereinigen. (...)


Michael Kühn

12.04.2016 - 13:01 Uhr

@ Vielen Dank für Ihr Expertenwissen, dem stimme ich komplett zu !!! - Ich möchte hierzu noch eine Tatsache hervorheben: Dieser, von Ihnen beschriebene Wertverlust der betroffenen Fzg. bedeutet gerade für die einfache arbeitende Bevölkerung, auch Rentner, einen erheblichen KAUFKRAFTVERLUST. Der Inzahlungnahmepreis für GW wird so tief in den Keller gehen, so daß für sehr viele Bürger ein NW nicht mehr realisiert werden kann. Willkommen in der Zukunft: "im Pferdekutschen-Zeitalter mit Pferdeäpfeln u. PferdeUrin-Gestank in den Innenstädten." - Mit einem lachendem Grüßle MK


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