Die Rechnung mit dem spitzen Bleistift spricht eine klare Sprache: Elektrofahrzeuge müssen sehr häufig bewegt werden, damit sich ihr hoher Anschaffungspreis überhaupt irgendwann lohnt. Der finanzielle Vorteil herkömmlicher Verbrenner - Diesel für die Vielfahrer, Benziner für Wenigfahrer - sei noch auf Jahre gegeben und ein rascher Durchbruch der Batterieautos äußerst unwahrscheinlich.
Das ist eine Erkenntnis aus dem Kongress des Automobilverbands VDA, der am Freitag in Hannover endete. Eine echte Wende hin zum E-Auto bräuchte Anschub, berichtete etwa Detlev Schöppe, Branchenexperte beim Autozulieferer Continental. Frankreich zahle 7.000 Euro Prämie für Elektrofahrzeuge - natürlich erhöhe das die Attraktivität.
Folgerichtig scheint das politische Ziel hierzulande, wonach 2020 eine Million Elektroautos in Deutschland unterwegs sein sollen, ohne staatliche Subventionen anspruchsvoll. Die Szenarien für Wagen mit steckdosentauglichem E-Antrieb bewegten sich zwischen 150.000 und gut einer Million, erklärte Martin Wietschel vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) auf dem VDA-Kongress. Eine Studie des ISI zum Thema lässt am Millionen-Ziel Zweifel aufkommen.
Nach dem Willen der Bundesregierung sollen zwischen Alpen und Küste spätestens 2020 rund eine Million Elektroautos im Fahrzeugbestand sein. Gezählt werden dabei nicht nur rein batteriebetriebene Wagen, sondern auch Hybridformen, die Verbrennungsmotoren mit E-Antrieben kombinieren und wie reine Stromer an der Steckdose aufladbar sind.
Politik bleibt optimistisch
Berlin hatte sich stets zuversichtlich gezeigt und das Millionen-Ziel allenfalls «ambitioniert» genannt. "Ich bin sehr optimistisch, dass dieses Ziel erreicht werden kann", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Katherina Reiche (CDU), erst Ende Februar in Hannover. Aus Sicht der Wissenschaft tauchen nun aber deutliche Fragezeichen auf.
Das ISI hat im Auftrag der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) den möglichen Hochlauf der E-Mobilität vorausberechnet. Experte Wietschel sagte zwar: "Die Million ist möglich." Doch Unsicherheiten erschwerten derzeit noch eine konkretere Vorhersage.
Die Forscher machen drei Kernaussagen. Zunächst einmal sei nur sicher, dass vieles noch unsicher sei. Die Studie untersucht diverse Faktoren, die eine wesentliche Rolle spielen. Da seien etwa die Preisentwicklungen bei Batterien, beim Rohöl - daran hängen die Spritkosten - und natürlich die Strompreisentwicklung. Allein dieses Bündel habe einen großen Einfluss auf die Marktchancen von E-Autos.
Privatkäufer entscheiden erheblich über Erfolg
Zweitens: Neben den wichtigen Flottenkunden entscheiden Privatnutzer erheblich mit beim Millionen-Ziel. Sie müssten bereit sein, höhere Anschaffungskosten für die noch sehr teuren E-Fahrzeuge zu schultern. Wietschel sagte: "Der Einfluss der Mehrpreisbereitschaft ist groß."
Gut stünden die Chancen bei der Zielgruppe der gut verdienenden männlichen Vollzeitbeschäftigten um die 45 Jahre mit Familie, die technologieaffin sowie umweltbewusst sind und im Eigenheim wohnen, von dem aus sie oft in Ballungsräume hineinpendeln. Pro Jahr müsse die Fahrleistung über 15.000 Kilometern liegen; Hybride müssten zu mehr als 80 Prozent elektrisch fahren, damit es wirtschaftlich wird. Immerhin: "Ein nennenswerter Anteil an Fahrprofilen erfüllt diese Prämissen", bilanziert die Studie. Allerdings stelle die besagte Zielgruppe wiederum nur rund ein Drittel der privaten Pkw-Besitzer.
Und drittens besagt die Analyse, das Millionen-Ziel könne nur "unter günstigen Rahmenbedingungen (...) ohne Kaufförderung erreicht werden". Im Koalitionsvertrag ist die Rede von günstigen Krediten für die E-Mobilität - Subventionen also. Details sind aber noch unklar. (dpa)