Freie Fahrt auf Busspuren, reservierte Parkplätze und Sonderkennzeichen – mit weiteren Privilegien im Straßenverkehr will die Bundesregierung Elektroautos zum Durchbruch verhelfen. Das Kabinett billigte am Mittwoch eine weitere Anschubhilfe. Mit dem sogenannten Elektromobilitätsgesetz sollen rein batteriebetriebene Fahrzeuge, Plug-In Hybride und Brennstoffzellenautos bevorzugt werden.
So soll ab dem Frühjahr 2015 Kommunen das Recht eingeräumt werden, kostenlose Parkplätze für die umweltfreundlichen Autos zu reservieren und ihnen die Nutzung von Busspuren zu erlauben. Dies wird von vielen Großstädten allerdings abgelehnt oder kritisch gesehen. Auch neue Nummernschilder speziell für E-Autos werden in vielen Städten abgelehnt.
Spezielles Kennzeichen
Elektrofahrzeuge sollen künftig auf einen Blick erkennbar sein. Mit einem Kfz-Sonderkennzeichen soll sichergestellt werden, dass die Privilegien nicht von den Falschen genutzt werden. Zufahrtsverbote sollen aufgehoben werden. Im Ausland zugelassene Fahrzeuge sollen ebenfalls profitieren und dazu eine Plakette erhalten.
Die Bundesregierung will deutlich mehr E-Autos auf die Straßen bringen. Ziel ist, dass es im Jahr 2020 eine Million Wagen in Deutschland gibt. Zum Vergleich: Anfang des Jahres waren bundesweit insgesamt 43,9 Millionen Autos zugelassen. Nur 0,2 Prozent davon – weniger als 100.000 – waren Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge. Als größte Probleme gelten eine relativ geringe Reichweite, hohe Anschaffungskosten und eine kaum ausgebaute Infrastruktur. Kaufprämien lehnt die Bundesregierung ab.
Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hofft, dass mit den Maßnahmen sowie "einer steigenden Auswahl an E-Modellen und einer anwachsenden Zahl an E-Autos auf den Straßen" der Absatz steigt. Das Nein zu Prämien begründete er damit, "dass dann Kaufpreise erhöht werden und nicht die Attraktivität". Laut Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) können Kommunen dort fördern, wo es am meisten Sinn mache. Kommunale Spitzenverbände äußerten sich unterschiedlich.
VDA fordert steuerliche Anreize
Die Autoindustrie sprach von einem richtigen Schritt. Der Branchenverband VDA fordert aber weiter auch steuerliche Anreize. "Damit die Elektromobilität richtig Fahrt aufnimmt, sollte die Politik den Hebel zuerst bei den Firmenwagen ansetzen", erklärte VDA-Präsident Matthias Wissmann. Unternehmen, die E-Autos anschaffen, sollten Kosten von der Steuer absetzen können.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte die Pläne als "Privilegierungsgesetz für große und schwere Hybridautos". Es bediene vor allem Interessen der Hersteller von Luxusautos. Ähnlich der Umweltverband NABU: "Zukünftig soll nach dem Willen der Bundesregierung auch ein Porsche Cayenne mit elektrischer Reichweite von 30 Kilometern auf diesen Busspuren fahren." Auch die Grünen monierten, gefördert würden in erster Linie schwere Gelände- und Sportwagen mit E-Motor deutscher Hersteller.
SPD will Änderungen
SPD-Fraktionsvize Sören Bartol dringt auf Änderungen. In den Beratungen sollte man noch einmal darüber nachdenken, was genau unter E-Fahrzeugen zu verstehen sei: "Der kleine Zusatzmotor mit einer Reichweite von 30 Kilometer macht einen SUV (sportliche Geländewagen) noch nicht zu einem reinen Elektrofahrzeug."
Die von außen aufladbaren Hybridautos dürfen laut dem bis 30. Juni 2030 befristeten Gesetz höchstens 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Ihre rein elektrische Mindestreichweite soll mehr als 30 Kilometer betragen. Ab 2018 werden wenigstens 40 Kilometer gefordert. (dpa/rp)
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