Wer über Fiat Nutzfahrzeuge spricht, meint in der Regel den Ducato. Seit 40 Jahren ist er in der 3,5-Tonnen-Klasse das meist verkaufte Modell von Fiat Professional und Basis für unzählige Aus- und Aufbauten. 3,5 Millionen Stück wurden bisher in mehr als 80 Ländern ausgeliefert.
Zum neuen Modelljahr mussten Designer und Ingenieure nochmals ran und vor allem den E-Ducato auf Vordermann bringen. Denn so richtig pickelnd war der elektrische Transporter bisher nicht. Der Akku mit 47 beziehungsweise 79 kWh und höchstens 300 Kilometern Reichweite eher klein, der nur 122 PS starke E-Motor eher schwächlich. Das Ganze für mindestens 55.400 bzw. 72.000 Euro netto auch noch ganz schön teuer.
Größere Batterie: Reichweite wächst um 30 Prozent
Das Update auf eine 110 kWh große Batterie könnte jetzt die Verkaufszahlen nach oben treiben. Denn mit dem neuen Stromspeicher wächst die Reichweite um 30 Prozent auf praxistaugliche 420 Kilometer. Außerdem wollen die Italiener den Preis des E-Ducato um 25 Prozent senken. Kein Wunder, denn die Konkurrenz schläft nicht: Mercedes führt den e-Sprinter in zwei Motorisierungen und drei Akkugrößen ein, Ford hat mit dem bis zu 269 PS starken E-Transit eine echte Wuchtbrumme auf dem Markt und Renault dürfte den elektrischen Master 2024 komplett neu auflegen.
Jetzt kontert Fiat mit einem 200 kW / 270 PS starken E-Motor samt 410 Nm Drehmoment. Wechselstrom lädt der elektrische 3,5-Tonner an der Wallbox mit 11 kW, am Schnelllader füllt er seine Zellen in knapp unter einer Stunde mit bis zu 150 kW. Auch eine Wärmepumpe wird geliefert.
Erster Fahreindruck: Endlich fährt sich der E-Ducato wie ein vollwertiger Transporter. Er zieht souverän in jeder Situation durch, und dürfte jetzt auch mit schwerer Last mühelos zurechtkommen. Außerdem gab die neue elektrische Servolenkung auf unserer kurzen Testrunde genügend Rückmeldung, sodass sich der Transporter präzise ums Eck steuern lässt. Ob die üblichen drei Fahrmodi Eco, Normal, Power im gewerblichen Fahrzeug wirklich nötig sind, sei dahingestellt. Jedenfalls können aktive, mitdenkende Fahrer auf Knopfdruck Höchstgeschwindigkeit und Motorleistung begrenzen, um noch ein paar Kilometer Reichweite herauszukitzeln. Zudem lässt sich die Rekuperation über Schaltwippen am Lenkrad einstellen, vom freien Rollen bis zum Ein-Pedal-Fahren.
Armaturenbrett wirkt aus einem Guss
Im Innenraum und der Ausstattung haben die Italiener ebenfalls Hand angelegt. Das Armaturenbrett wirkt aufgeräumter und aus einem Guss, neue Türverkleidungen bringen zusätzliche Ablagen. Ab Werk ist jetzt ein monochromes, digitales 7-Zoll-Cockpit samt Rückfahrkamera an Bord. Alternativ bietet Fiat einen digitalen Rückspiegel und 360-Grad-Parksensoren an. Dank der elektrisch beheizbaren Windschutzscheibe entfällt mühsames Kratzen im Winter, Smartphones laden kabellos oder per Kabel über USB A und C. Außerdem sind mit dem Jahrgang 2024 alle neuen Fiat-Modelle vollständig vernetzt.
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Ob die Eckdaten auch die Nachfrage der Campingbranche wecken? Schon möglich, denn mittlerweile haben immer mehr Wohnmobilisten Lust, elektrisch zu verreisen. Zudem ist Fiat für Hymer, Pössl & Co neben Ford der wichtigste Lieferant von Fahrgestellen. Allerdings stehen schwere Batterien im Widerspruch zur Anforderung nach hoher Nutzlast. Für die Camperbranche zieht Fiat deshalb bereits Mitte 2024 den Joker: einen Brennstoffzellenantrieb mit 500 Kilometern Reichweite. Rund zwölf Kilo Wasserstoff bunkern die so im Boden verbauten Hochdrucktanks, dass sie den Laderaum nicht beeinträchtigen. Langes Laden entfällt: Ein Brennstoffzellenfahrzeug mit Wasserstoff zu betanken dauert keine fünf Minuten. Wird dann auch noch das Tankstellennetz wie von der EU angekündigt ausgebaut, sollte die E-Mobilität auch im Wohnmobilbereich in Fahrt kommen.
Wer das nicht abwarten kann, muss doch auf den guten alten Diesel setzen. Auch den haben sich die Ingenieure zum neuen Modelljahr vorgenommen. Die beiden stärkeren der drei Multijet-Motoren (120, 140 oder 180 PS) sind nun mit einem neuen Achtgang-Automatikgetriebe erhältlich. Aber das ist kaum mehr als eine Randnotiz des Facelifts.