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Fahrbericht Mercedes-AMG G63 4x4 hoch 2: Das Beste kommt zum Schluss

28.10.2022 10:03 Uhr | Lesezeit: 4 min
Im nächsten Jahr wird Mercedes mit seiner Ikone G-Klasse die Marke von einer halben Million gebauter Geländewagen erreichen.
© Foto: Mercedes

Im nächsten Jahr wird Mercedes mit seiner Ikone G-Klasse die Marke von einer halben Million gebauter Geländewagen erreichen. Das jetzt erschienene Extrem-Modell mit der Bezeichnung AMG G63 4x4 hoch 2 nennt Mercedes selbst den Letzten seiner Art.

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Mercedes holt den Wumms raus und beglückt betuchte Fans der legendären G-Klasse mit einer ultimativen Sonderserie des AMG G63. Der 4x4 hoch 2, also "Allradantrieb im Quadrat", getaufte Riese glänzt schon im Stand mit seinen Dimensionen. Mit 2,26 Metern übertrifft er den normalen G 63 deutlich. Ein Gehäuse für zwei Zusatzleuchten vorne am Dach, das nahtlos in einen schwarz-matten Dachgepäckträger übergeht, unterstreicht das Hochhaus-Feeling.

Das gleiche gilt für die Bodenfreiheit, eines der entscheidenden Kriterien im Gelände. Sie wuchs um mehr als elf auf jetzt 35 Zentimeter. Wer vom Auto aus zum Angeln aufbrechen will, kann auch in 90 Zentimeter tiefes Wasser abbiegen. Dann werden auch die Umrandungen der verbreiterten Radhäuser gefahrlos nass, die ebenso wie Außenschutzleisten und das Gehäuse für das Reserverad an der Hecktür aus sogenanntem Sichtcarbon bestehen.


Mercedes AMG G63 4x4 hoch 2

Mercedes AMG G63 4x4 hoch 2 Bildergalerie

Sich mal eben schnell auf das nappa-gepolsterte Podest hinterm Lenkrad zu schwingen, erfordert beim König aller G-Klassen etwas Übung und Geschick, vor allem aber auch Muckis. Linker Fuß aufs chromumrandete Trittbrett, unter dem die verchromten Sidepipes, also die Auspuff-Endrohre hervorlugen, Die rechte Hand muss dann das mit Microfaser ummantelte Lenkrad umklammern. Jetzt kann das eigene Körpergewicht mit Kraft aufwärts gezogen werden, bis auch der rechte Fuß auf der Einstiegsleiste Tritt fasst. Mit einer kleinen Verrenkung gelingt es dann, das rechte Bein im Fußraum vor dem Fahrersitz zu platzieren und die Fitnessübung mit Erfolg zu bestehen. Künftige Besitzer müssen wohl ihr Bestellverhalten im Nobelrestaurant auf den Prüfstand stellen, um im eigenen Auto auch wieder den Heimweg antreten zu können.

Einmal angekommen, empfängt der 4x4 hoch 2 seine Gäste mit Vertrautem. Das Cockpit mit seinen MBUX-Monitoren wurde aus dem normalen G 63 übernommen. Ebenso die Bedienung mit der Vielzahl an edel gestalteten Schaltern und Knöpfen. Da die Kunden in der Preisliste zahllose Extras wie Lederfarben, Türverkleidungen, Armauflagen oder Ziernähte ordern können, gleich kaum eines dieser Traumautos dem anderen. "Das breite Angebot an Optionen macht jedes einzelne Fahrzeug zu einem echten Unikat", sagt Emmerich Schiller, der Geländewagen-Chef der separaten Mercedes-Benz G GmbH.

Innenrraum mit neuem Innenspiegel

Neu ist der Innenspiegel, der Monitor statt Spiegel ist. Er zeigt ein gestochen scharfes, farbiges Kamerabild des Geschehens hinter dem Auto. Der normale Blick gen Heck ist schließlich durch das Reserverad versperrt. Diverse weitere Kameras informieren vor allem auf unwegsamem Geläuf, welche Gefahren da draußen drohen. Felsbrocken, tiefe Löcher oder Baumstämme können so entdeckt und umfahren werden. Alles übliche Funktionen einer G-Klasse.

Vor dem Druck auf den Startknopf informiert der zuständige Ingenieur über eine weitere Besonderheit des Top-Modells. Der potente Auftritt ist vor allem der sogenannten Portalachse geschuldet, dem technischen Highlight des 4x4 hoch 2. Dabei sind die Räder wesentlich tiefer als in Höhe der Achsmitte montiert. Da so keine Kraft übertragen werden kann, wird dafür ein spezielles Getriebe in den Radträgern genutzt. So schafften die Techniker die enorme Bodenfreiheit. Die Vorteile werden aber erst im Gelände erlebbar. Doch zunächst steht die normale Landstraße im Testprogramm.

Der Achtzylinder bollert wohlig los

Die dumpfen Bässe sind seit Jahren die Begleitmusik nicht nur in den Spitzenmodellen der G-Klasse. Wenn Mercedes vom "Letzten seiner Art" spricht, geht es um eben jene acht Zylinder. Um den fraglos nicht mehr zeitgemäßen Verbrauch zu drücken, wandern die Motoren ins Museum. Bis die Verbrenner irgendwann völlig verschwinden, setzt auch die hauseigene Edelschmide AMG auf zwei Zylinder weniger. Die Sechszylinder bringen dann zwar mehr Leistung, aber eben nicht mehr die akustische Untermalung, die sich vor allem an Tunnelwänden oder in Häuserschluchten unserer Städte bemerkbar macht. Lärmempfindliche Städter werden es locker verkraften, die Fans hoffen auf künstliche, virtuelle Töne.

Die Breite und Masse des 4x4 hoch 2 verlangt auf den engen Straßen mit Gegenverkehr etwas Eingewöhnung. Erst dann stellt sich die Faszination ein, die einen Kraftbolzen mit 430 kW / 585 PS nun mal ausmacht. Je nach gewähltem Fahrprogramm dreht die Neungang-Automatik die einzelnen Stufen gnadenlos aus, um vor der nächsten Kurve genauso heftig die perfekten Bremsen in Stellung zu bringen. Ein durchaus erhabenes Gefühl stellt sich ein, auf den normalen Verkehr da draußen herabschauen zu können. Aber eigentlich ist das ja nicht die Spielwiese für den wohl besten privaten Geländewagen der Welt.

Steile Wege kein Problem

Seine Domäne beginnt da, wo der Asphalt endet, die Wege steiler und schmaler werden und die Natur dem Fortkommen Hindernisse entgegenstellt. Gleich drei Differenzial-Sperren verhindern das Durchdrehen einzelner Räder, bewähren sich auf rutschigem Geröll oder beim Passieren tiefer Furchen. Steile Aufstiege, die zu Fuß nur von Kletterprofis bewältigt werden sollten, packt die G-Klasse ganz locker. Ebenso abenteuerliche Schräglagen oder scheinbar waghalsige Bergabfahrten.

Selbst wenn es unterm Auto mal kracht und knirscht, bleibt der Beifahrer mit Mercedes-Ausweis gelassen. "Genau darauf ist die G-Klasse vorbereitet", beruhigt er. Hüten sollte man sich aber vor Büschen am Wegesrand, deren dicke hölzerne Zweige einem der gut 40 bestellbaren Lackfarben ans Blech wollen. Die denkbare Wasserdurchfahrt mit bis zu 90 Zentimetern Tiefe muss allerdings ausfallen. Die üblichen Bäche sind hier nahe der französischen Mittelmeerküste im heißen Sommer ausgetrocknet.

300.000 Euro sind für das technische Meisterwerk im traditionellen barocken Off-Road-Kleid fällig. Allerdings ist der 4x4 hoch 2 so gut wie ausverkauft. Interessenten können also nur auf Rücktritte der bisherigen Besteller hoffen.

 

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