Seit mehr als zehn Jahren durchlebt das einstige Hauptquartier und wichtigster Produktionsstandort der längst verblichenen Automarke Saab im schwedischen Trollhättan einen wirtschaftlichen Schlingerkurs. Jüngster Tiefpunkt ist die nun verkündete Einstellung aller laufenden Aktivitäten durch den Nachfolgeeigner NEVS, der zugleich 320 seiner 340 Mitarbeitern gekündigt hat.
Die Maßnahme wird offiziell als "Winterschlaf" bezeichnet, um Kosten zu senken und somit eine Insolvenz abzuwehren. Noch scheint man die Hoffnungen an eine vielleicht doch noch bessere Zukunft des Trollhättan-Werks nicht vollständig aufgegeben zu haben.
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Planungen für einen Neustart gab es seit der endgültigen Saab-Pleite 2011 immer wieder. 2012 wurde das Unternehmen NEVS gegründet, das die Produktionsanlagen und Immobilien sowie Rechte an Fahrzeugen von Saab übernahm. Ziel war es, unter anderem mit Hilfe chinesischer Investoren, die Produktion von Fahrzeugen wie dem Saab 9-3 wieder aufzunehmen.
Dies gelang nur kurzzeitig. Es folgten Liquiditätsprobleme, weitere Kooperationsvereinbarungen mit neuen chinesischen Investoren, gescheiterte Produktionsanläufe und Umstrukturierungspläne. 2019 übernahm schließlich der chinesische Immobilien-Gigant Evergrande die Mehrheit an NEVS. Kurze Zeit später folgte eine Beteilung von NEVS an dem Sportwagenhersteller Koenigsegg in Höhe von 150 Millionen Euro, die mittlerweile wieder rückgängig gemacht wurde.
Ebenfalls 2019 wurden Pläne bekanntgegeben, den Solar-Stromer Sion des Münchener Start-ups Sono Motors künftig in Trollhättan produzieren zu wollen. Doch auch hier haben sich die Hoffnungen auf eine Zukunft als Auftragsfertiger zerschlagen. Parallel mit der Ankündigung von Sono Motors Ende Februar, alle Aktivitäten um den Sion einzustellen, hat NEVS seinen Winterschlaf bekanntgegeben. Da Mehrheitseigner Evergrande seit Jahren mit einer Schuldenkrise zu kämpfen hat, scheinen die Zukunftsaussichten für den Standort Trollhättan trüber denn je.