Die deutsche Autoindustrie blickt mit gemischten Gefühlen auf 2012. Nach dem Rekordjahr 2011 stehen die heimischen Hersteller und Zulieferer eigentlich gut da. Allerdings bereitet die Entwicklung in den von der Schuldenkrise betroffenen europäischen Staaten Kopfzerbrechen. "Die Automobilindustrie steht vor einem harten Arbeitsjahr", sagte Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), am Montagabend beim VDA-Neujahrsempfang vor 600 Gästen in Berlin. Der Wettbewerb werde schärfer.
Trotzdem rechnet der Verband 2012 mit weiter steigenden Verkäufen. Erwartet wird ein Wachstum des globalen Automarkts um vier Prozent auf rund 68 Millionen Pkw. Treiber sollen wieder Nord- und Südamerika, China, Indien und Russland sein. "Schon heute ist jedes fünfte Auto, das weltweit verkauft wird, eine deutsche Konzernmarke. Und wir haben uns zum Ziel gesetzt, auch in diesem Jahr Marktanteile zu gewinnen", erklärte Wissmann.
Die deutsche Autoindustrie hatte das vergangenen Jahr mit neuen Höchstständen bei Produktion, Export und Umsatz abgeschlossen (wir berichteten). So stiegen die Ausfuhren um sieben Prozent auf 4,5 Millionen Einheiten; die Pkw-Inlandsproduktion legte um sechs Prozent auf rund 5,9 Millionen Fahrzeuge zu. Gut liefen die Geschäfte vor allem in den USA und China. Auch in Indien legte die Branche zu.
Die anwesenden Politiker rief der VDA-Präsident auf, die Industrie als "Fundament für Wachstum, Wohlstand und Arbeitsplätze" zu stärken. Besorgt äußerte sich Wissmann über die so genannten "Sixpack-Verordnungen" des Europäischen Rates und des EU-Parlaments, mit denen zukünftig auch Länder mit Leistungsbilanzüberschüssen zu Strafzahlungen gezwungen werden können: "Es ist bedenklich, dass dieses Gesetz überhaupt in dieser Form verabschiedet wurde. Exportstärke dient dem EU-Binnenmarkt insgesamt und trägt gerade in der jetzigen Situation zur Stabilisierung Europas bei", sagte er.
Steinmeier: Europa braucht Neuorientierung
Auch Gastredner Frank-Walter Steinmeier wies auf die Herausforderungen für Deutschland als global ausgerichtete Exportnation hin. "Die Finanzkrise im Euroraum ist das größte Risiko. 60 Prozent unserer Ausfuhren gehen nach Europa, sechs Prozent nach China. Es kann Deutschland also auf Dauer nicht gut gehen, wenn es Europa schlecht geht", sagte der SPD-Fraktionschef. Europa brauche daher eine Strategie der industriellen Erneuerung. Steinmeier: "Wir müssen die Weichen stellen (...) durch einen Richtungswechsel zur Realwirtschaft." (rp)