Ganz schön abgelegen, die weltweit größte Fabrik für leichte Nutzfahrzeuge in der Ortschaft Sevel nahe der Kleinstadt Alessa. Gen Westen der Blick auf die noch schneebedeckten Gipfel der Abruzzen. Im Osten ist nach knapp 20 Minuten die Adria-Küste erreicht. Der nächste Flughafen ist nach dem Gebirge benannt, aber gut 100 Autominuten entfernt. Hier startet und landet aber meist nur Ryanair. Auch die Expresszüge Freccia oder Italo, beide die italienische Antwort auf den deutschen ICE, machen einen Bogen um die Region. Die Spitzenmanager wählen für ihre Werksbesuche deshalb lieber den am Rand der riesigen Hallen gebauten Landeplatz für Hubschrauber.
Die nüchternen Zahlen sprechen für sich: 1,2 Millionen Quadratmeter Fläche, seit 1981 wurden 7.336.417 Millionen Fahrzeuge gebaut, 5.000 Beschäftigte in 15 Schichten pro Woche. Gut die Hälfte der Transporter sind die Klassiker mit Fahrerhaus und großem, abgeschlossenen Laderaum, 41 Prozent dienen als Basisfahrzeuge für Wohnmobile, die anderen als solche für Umbauten wie Kipper oder 14-sitzige Busse. Täglich verlassen 190 Autotransporter und zehn Güterzüge vollgepackt mit fabrikneuen Fahrzeugen das Areal.
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Die größte Halle ist gut 900 Meter lang, auf den Gängen wuseln fahrerlose Elektro-Karren, die zeitgenau Bauteile zu ihren menschlichen Kollegen bringen. Silberne, noch unlackierte Türen landen in maßgefertigten Boxen, aus denen sich die Greifarme der Roboter bedienen und sie dann funkensprühend in die vorbeikriechenden Rohkarosse auf dem Band montieren. Ein Fünf-Minuten-Zeitzeuge erlebt die Vielfalt: Da schiebt sich ein Fiat Ducato vorbei, gleich dahinter ein Opel Movano. Ebenfalls nur am schon angepappten Logo sind der Peugeot Boxer oder der Citroën Jumper zu identifizieren.
Stellantis-Transporterwerk in Sevel/Italien
BildergalerieMarktführer in Europa
Zum Quintett gehört auch der britische Opel-Zwilling Vauxhall Movano, zusammen mit den kleineren Transportern ist Stellantis Marktführer in Europa. Die heftigsten Rivalen kommen von Mercedes, Volkswagen und vor allem auch Ford. Stellantis will jetzt mit der neuen Generation seiner leichten Nutzfahrzeuge weiter punkten. Vor allem auch bei den elektrischen Modellen. Die zweite Stromer-Generation hat eine 110-kWh-Batterie an Bord, die für eine Reichweite bis zu 420 Kilometern sorgen soll. Die Sechs-Meter-Schiffe können nun auch an einer Schnellladesäule andocken und mit 150 kW "nachtanken".
Während die baugleichen Modelle der fünf Marken von hinten nur am Logo zu unterscheiden sind, gibt es von vorn gesehen unterhalb der Scheinwerfer leichte Nuancen, wie das Markenzeichen eingebettet ist. Ansonsten ist alles identisch. Opel und Vauxhall setzen auf LED-Matrix-Scheinwerfer, Peugeot auf sein digitales "I-Cockpit", Citroën auf seine verbesserten Komfortsitze und Fiat auf sein Netzwerk mit diversen Neuerungen für den Fahrer.
Opel Movano (2024)
BildergalerieAuf einen elektrischen Antrieb baut auch das amerikanische Schwestermodell RAM ProMaster EV, das vor Ort für den US-Markt gebaut wird. Einige Teile dazu kommen per Schiff aus Italien. Interessant auch für Europa: Die legendäre Marke RAM ist Spezialist für Pick-up-Modelle. Eine Variante mit rein elektrischem Antrieb ist der Ram 1500 REV, dessen 180-kWh-Akku für eine Reichweite von mehr als 600 Kilometern gut sein soll. Vielleicht eine Idee für Europa?
Gleichzeitig schielt Stellantis auf eine weitere Antriebsform. In Sevel sollen Varianten der großen Transporter neben den Verbrennern und Elektromotoren auch mit Wasserstoff-Brennstoffzelle vom Band rollen. Die schaffen dann eine Strecke von bis zu 500 Kilometern. Das Nachtanken mit Wasserstoff dauert nur rund sechs Minuten. Aber das ist noch Zukunftsmusik.