Ausgabe 11/2011: Solide Fundamente

Solide FundamenteDaimler Financial Services E Wachsende Märkte rund um den Globus, aber auch wie jeder einzelne Händler vor Ort seine Finanzdienstleistungsangebote lebt – das sind die Themen von DFS-Chef Klaus Entenmann.von Prof. Hannes BrachatFinancial Services gewinnen im Autohaus substanzielle Kraft. AUTOHAUS-Herausgeber Prof. Hannes Brachat sprach in Stuttgart mit dem CEO von Daimler Financial Services, Klaus Entenmann über Funktion und Bedeutung des deutschen Markts im weltweiten Verbund von Daimler Financial Services. AH: Herr Entenmann, Daimler ist weltweit in 170 Märkten vertreten, die Finanzdienstleistungssparte in 39, sprich, da kommen noch weitere Märkte hinzu?K. Entenmann: Wir prüfen zusammen mit den Vertriebskollegen von Daimler, in welchen Märkten ein weiteres Engagement Sinn macht. Aktuellstes Beispiel ist Indien. Dort ist einer der am schnellsten wachsenden Fahrzeugmärkte, und auch der Finanzdienstleistungsmarkt ist schon ausreichend entwickelt. Wir werden in Indien daher im zweiten Halbjahr 2011 mit einer eigenen Finanzdienstleistungsgesellschaft starten, zunächst für Pkw, nächstes Jahr auch im Lkw-Bereich für die neue Marke Bharat-Benz. Wachstum heißt für uns aber nicht nur Expansion in neue Märkte, sondern ein noch besseres Ausschöpfen vorhandener Märkte.AH: Sie tragen als CEO von Daimler Financial Services (DFS) die weltweite Verantwortung für die Finanzdienstleistungssparte. Wie ist der Aufbau und wie muss man dabei die Mercedes-Benz Bank Deutschland einordnen?K. Entenmann: DFS steuert weltweit alle Finanzdienstleistungen rund um die Daimler-Fahrzeuge, also für Pkw und Nfz, für Händler und Endkunden. Dazu sind wir in 39 Ländern mit eigenen Gesellschaften vertreten. Wir reden hier über ein Vertragsvolumen von derzeit rund 62 Mrd. Euro bei Leasing, Finanzierung und Händlerfinanzierung. Hinzu kommt ein großes Versicherungsgeschäft mit Endkunden und Händlern, aber auch für den Konzern, also für Bestände und Produktionsstandorte. 2010 haben wir rund 840.000 Policen abgeschlossen und sind um 20 Prozent gewachsen. Zur DFS gehört auch unser deutsches Tochterunternehmen Mercedes-Benz Bank, nach den USA unsere zweitgrößte Ländergesellschaft. Sie hat die Besonderheit, dass sie noch den englischen und spanischen Markt bei der Händlerfinanzierung mit betreut. AH: Wo sehen Sie die größten Potenziale?K. Entenmann: Das variiert von Markt zu Markt. In den USA ist Leasing die gängige Formel. In anderen Ländern mit hoher Inflation will der Kunde das Auto einfach nur finanzieren und besitzen. Das Gros unserer Kunden präferiert allerdings All-inclusive-Programme, gebündelt in einer Leasing-Flatrate. Und hier liegt die Chance für den Handel auf dauerhafte Kundenbindung. Wir als Finanzdienstleister können einen wesentlichen Mehrwert leisten, indem wir über die gesamte Vertragslaufzeit den Kontakt zum Kunden halten und den Kunden im Schadenfall zum jeweiligen Händler durchrouten. Das generiert zusätzliche Werkstatt- und Teileerlöse. Viele Händler haben das bereits verinnerlicht. Aber erst wenn die gesamte Verkaufsmannschaft so tickt, sind die Erträge nachhaltig. Das ist ein Kulturthema und damit Chefsache!Entwicklungen AH: Sie waren für die DFS über Jahre für den amerikanischen Markt verantwortlich und gelten als einer der profundesten Kenner automobiler Financial Services. Worin bestehen aus Ihrer Sicht in der mittelfristigen Rückschau die maßgeblichen Entwicklungen?K. Entenmann: Das Thema Finanzdienstleistungen hat in den vergangenen zehn Jahren eine viel stärkere Gewichtung erhalten. Dabei steht die Absatzunterstützung im Fokus und ist eng mit der Kundenloyalität verbunden. Das hatte vor 15 Jahren noch nicht diese Kraft. Wir können heute dem Kunden über ganzheitliche Pakete in einer attraktiven Leasingrate ein Plus an Ausstattung, ein höheres Produktsegment oder den früheren Umstieg auf ein neues Modell ermöglichen. Der Baukasten ist da, aber er wird noch lange nicht voll ausgeschöpft. Ich denke da auch an die komplette Flottenbetreuung. Und natürlich auch an die Elektromobilität, die bald eine größere Rolle spielen wird. PenetrationsratenAH: Kann man sagen, dass man die Potenziale in der Absatzfinanzierung – 30 bis 40 Prozent – noch weiter ausbauen kann, oder ist da bereits eine Sättigungsgrenze sichtbar? Gleiches im Leasinggeschäft, etwa beim Privatleasing?K. Entenmann: Beim Mercedes-Benz Pkw-Geschäft beispielsweise sind auf globaler Ebene rund 45 Prozent in der Absatzfinanzierung bzw. bei Leasinggeschäften bereits realisiert. Die Chance, dies noch auszubauen, ist aber durchaus gegeben. Wir haben Märkte mit hohen Barzahlerquoten, etwa China, wo es derzeit noch bis zu 80 Prozent im Luxussegment sind, was sich aber ändern wird, sprich, das Finanzdienstleistungsgeschäft hat weltweit noch Potenzial. In den angestammten Märkten haben wir die Chance, mit den neuen Mercedes-Modellen insbesondere im Kompaktwagensegment weiter zuzulegen und mit dem Fahrzeugabsatz von Daimler zu wachsen. Hier werden neue Kundensegmente angesprochen, mit denen auch wir Geschäfte realisieren können, etwa im Versicherungsbereich. Beim Kfz-Versicherungsgeschäft, in dem wir schon gut unterwegs sind, ist auch im Handel seit gut zwei Jahren eine deutlich höhere Akzeptanz auszumachen. Wir sehen das sehr stark unter dem Aspekt One-stop-Shopping. Das ist unser Handlungsmaßstab und sorgt für weiteren Aufwind. JubiläumsaktionenAH: Daimler hat im Januar die Erfindung des Automobils gefeiert. Wurden die Verkaufsunterstützungsmaßnahmen speziell für den Heimatmarkt konzipiert oder ist das weltweit angelegt?K. Entenmann: Wir haben solche Produkte nicht nur in Deutschland. Gemeinsam mit den Vertriebspartnern haben wir weltweite Marketingpakete aufgelegt. Auf der Produktseite bieten wir Sonderaktionen auf der ganzen Welt, etwa eine 1,25-Prozent-Finanzierung für bestimmte Baureihen unter anderem in Deutschland, China, Japan oder Korea. In Österreich ist es eine Jubiläums-Leasing-Aktion. Im Versicherungsgeschäft arbeiten wir mit Gutschriften beim Abschluss einer Autoversicherung.AH: Wie wurden diese Aktionen hierzulande angenommen?K. Entenmann: Die Mercedes-Benz Bank und der Mercedes-Benz Vertrieb in Deutschland haben mit dem Jubiläumszins für neue Modelle der A-, B-, C- und E-Klasse sowie dem Viano ein sehr attraktives Angebot geschnürt, das Kunden ins Autohaus bringt und Händler beim Verkauf unterstützt. Die 1,25-Prozent-Finanzierung ist ein voller Erfolg. Wir sehen das an deutlichen Zuwächsen bei unseren Pkw-Finanzierungen. Die Aktion zeigt exemplarisch die Vorteile der engen Zusammenarbeit von Finanzdienstleistungen und Vertrieb bei Daimler. Werbliche PräsenzAH: Financial Services gelten im Autohaus als „viertes Standbein“. Schaut man sich aber die werbliche Präsenz in den Ausstellräumen an, wird sie der eigentlichen Bedeutung nicht hinreichend gerecht.K. Entenmann: Ich war bei vielen Händlern weltweit und sehe das nicht so. Ich denke z. B. an meinen aktuellen Besuch in der MB-Niederlassung in München. Grundsätzlich liegt es aber an der Präferenz des einzelnen Händlers, welche Banner, Schilder, Prospekte u. a. er aktiv einsetzt. Immer wichtiger ist, dass heute im Internet die verschiedenen Finanzierungs- und Servicelösungen in den Vordergrund gerückt werden. Da gilt es, unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen. Nehmen Sie als Beispiel die neue iPhone Service App, die wir gemeinsam mit dem MBVD entwickelt haben, als praktischen Helfer für unterwegs und bei Pannen. Nochmals, wir verkaufen Konzepte! Es gibt aber nichts, das man nicht noch besser machen könnte. Also arbeiten wir daran. RestwertentwicklungAH: 2008 und 2009 gab es erhebliche Restwertverluste. Sie haben ab Januar 2010 neue Spielregeln eingezogen, die in der MB-Organisation sehr positiv aufgenommen wurden. Wo stehen wir heute? Auch in der grundsätzlichen Frage der Restwertsteuerung. K. Entenmann: Ich rede über das Thema aus weltweiter Sicht. Im Grundsatz ist festzustellen, dass Daimler in Sachen Restwert sehr gut aufgestellt ist. Die Restwertpolitik kann nur gemeinsam zwischen der Leasinggesellschaft und der Vertriebsorganisation auf Basis von Marktdaten in den einzelnen Ländern gestaltet werden. Das beginnt mit der Preispolitik, geht über die Preisvorschau und Markteinschätzung bis hin zur Volumenplanung und setzt auch eine sensible Abstimmung mit der Gebrauchtwagenseite voraus. In Deutschland werden die Pkw-Restwerte durch DAT, also einen unabhängigen Dritten, ermittelt. AH: VW offeriert seit Januar 2011 die Neuwagenanschlussgarantie in Eigenregie. Das ist gleichzusetzen mit einer Vollgarantie auf fünf Jahre. Sind derartige Leistungspakete auch bei DFS angesagt?K. Entenmann: Mercedes-Benz bietet dies schon an. Das Garantie-Paket gilt europaweit bei allen autorisierten Händlerbetrieben, mit einer Laufzeit bis zu zehn Jahre. Der Kunde hat eine Rundum-sorglos-Lösung, deren Koordination ein Dienstleister übernimmt. Das muss man sich im jeweiligen Markt anschauen. Eine Abwicklung komplett in Eigenleistung ist auch denkbar.MobilitätskonzepteAH: Mercedes übt in Ulm mit dem Mobilitätskonzept Car2Go. Welche Konzepte sind in Zukunft denkbar, die über Financial Services abgedeckt werden können?K. Entenmann: Car2Go hat den Sinn, eine neue Form der Mobilität in urbanen Zentren aufzuzeigen. Wir haben Hamburg, Amsterdam, Vancouver als weitere Standorte. Das sind Projekte, aus denen man lernen kann. Noch haben wir überall unterschiedliche Bezahlsysteme und Tarife. Denken Sie an die verschiedenen Varianten von Kartensystemen. Hier kann zukünftig über die Finanzdienstleistungen vieles verknüpft werden. Und für gewerbliche Kunden und Firmenflotten heißt die Aufgabenstellung: Wie können wir noch mehr an Flottenflexibilität zur Verfügung stellen? z

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