Für Porsche-Chef Matthias Müller droht Europa ohne einen nachhaltigen Kraftakt gegen die schwelende Schuldenkrise global den Anschluss zu verlieren. Wolle die Staatenunion ihren gewohnten Wohlstand wahren, brauche es rasch grundlegende politische Reformen. "Wenn Europa nicht irgendwann mal zu sich findet und ein kompaktes Gebilde wird, das auch entsprechend kompakt gesteuert wird, dann werden wir mittel- und langfristig gegen China und Amerika wirtschaftlich ins Hintertreffen geraten", sagte Müller auf der US-Automesse in Detroit im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Mit Blick auf Europas gesamten Automarkt sagte der Manager: "Ob wir jemals wieder die Zahlen von 2007 erreichen - ich glaube da muss man in absehbarer Zeit skeptisch sein. Also in den nächsten ein, zwei, drei Jahren kommen wir in die Regionen glaube ich nicht mehr."
Für Porsches Luxuswagengeschäft, dessen Absatz 2012 in allen zentralen Verkaufsregionen zweistellig gestiegen war, sei eine Prognose schwierig. "Wir müssen jetzt einfach auf Sicht fahren und schauen, wie sich die Dinge entwickeln. Rein aus Porsche-Sicht bin ich gedämpft optimistisch und kann auch ruhig schlafen." Dennoch habe die Krise auf Porsches Heimatkontinent fraglos erheblichen Einfluss auf den Gewinn: "Die Ergebnisbeiträge in Europa sind die höchsten. Deswegen reicht es nicht aus, das volumenseitig zu kompensieren."
Im Umkehrschluss seien aber stagnierende oder gar sinkende Erträge noch nicht programmiert. "Der richtige Zeitpunkt, erstmalig über eine Prognose für 2013 zu sprechen, das wird im März sein, wenn wir den Jahresabschluss von 2012 vorliegen haben und das erste Quartal hinter uns." Dennoch sei neben dem Druck in Europa auch noch ein weiterer Geldfresser absehbar, da 2013 der kleine Bruder der Geländelimousine Cayenne anlaufe. "Wir haben bei dem Macan erhebliche Investitionen zu tätigen. Sowohl für das Produkt als auch für die Infrastruktur. Und der Ertrag wird sich dann erst ab 2014 einstellen."
Neue Ideen auf der Modell-Agenda
Zu neuen Baureihen - der Macan ist die fünfte - sei noch nichts ausgemachte Sache. Die Entscheidung gegen einen Mini-Roadster enge die Wahl aber spürbar ein. "So viele Möglichkeiten hat ja Porsche nicht, nachdem wir einen 550 Spyder zunächst mal verworfen haben - weil die Zeit noch nicht reif ist für unsere Marke und vielleicht auch für den Markt noch nicht." Porschetypischere Ideen stünden nun auf der Agenda - etwa der Ende 2013 startende Supersportler 918 Spyder für fast 800.000 Euro Startpreis. "Ein anderes Thema könnte eben tatsächlich ein Panamera-Junior sein. Das könnte ich mir gut vorstellen", sagte Müller über eine kleinere Panamera-Limousine, die dann gegen die Mercedes-E-Klasse und den 5er BMW antreten würde.
Wieder ein satter Jahresbonus
Fest absehbar sei dagegen der weitere Ausbau der derzeit schon gut 17.000 Köpfe zählenden Belegschaft. "Die Zielmarke für 2020 ist 20.000 Mitarbeiter. In diesem Jahr werden es etwa 1.000 Mitarbeiter sein, die wir uns zusätzlich suchen."
Der aktuellen Belegschaft kann Müller Hoffnung machen, diesmal wieder einen satten Jahresbonus zu kassieren. "Natürlich werden wir die Mitarbeiter an dem Erfolg wieder beteiligen - dass der sich beim Jahresabschluss einstellt, unterstellen wir jetzt einfach mal. Ich bin so froh, dass wir so hochmotivierte Mitarbeiter haben, da bin ich gerne bereit, mal einen Hunderter mehr draufzulegen als einen zu wenig. Da wird es bestimmt keinen Ärger geben." 2012 hatten alle Tarifbeschäftigten der Porsche AG - egal ob Küchenkraft oder Ingenieur - 7.600 Euro Bonus bekommen.
Michael Kühn