Sachverhalt
Die Kläger sind zusammen einkommensteuerpflichtig. Sie leben mit ihren zwei volljährigen Kindern in einem Haushalt. Das Wohnhaus liegt zusammen mit der Betriebsstätte auf einem Grundstück. Beide Kinder waren in Ausbildung und die Steuerpflichtige arbeitete als Aushilfe auf Minijob-Basis im Betrieb. Im Betriebsvermögen befanden sich ein Firmenwagen eines Mitarbeiters, ein BMW, sowie ab dem 23. Februar 2015 der streitgegenständliche Ford Ranger. Der Listenpreis des Ford beläuft sich auf 44.458 Euro. Es wurde kein Fahrtenbuch geführt. Die Kläger versteuerten die Privatnutzung des betrieblichen Pkw BMW X3 mit der sogenannten Ein-Prozent-Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG. Für den betrieblichen Ford nahmen die Kläger hingegen keine Versteuerung eines Privatanteils vor. Weiter hatten sämtliche Familienmitglieder uneingeschränkte Zugriffsmöglichkeit auf den Pick-up. Insgesamt hielten die Kläger noch drei Kleinwägen (teilweise hintereinander) im Privatvermögen, die hauptsächlich für die Kinder bestimmt waren, aber auch bei Bedarf von den Klägern genutzt wurden.
Auffassung des Finanzamts
Das Finanzamt ging von einer privaten Mitbenutzung des betrieblichen Ford Ranger aus, da der Beweis des ersten Anscheins für eine private Mitbenutzung des PKWs spreche. Infolgedessen setzte es die Privatnutzung mit der Ein-Prozent-Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Halbsatz 1 EStG an, da kein Fahrtenbuch vorhanden war.
Finanzgericht (FG) Münster
Gegen diese Wertung des Finanzamts richtete sich die Klage vor dem FG Münster (FG Münster, Urteil v. 16.8.2022 - 6 K 2688/19 E). Das FG entschied unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung zugunsten der Kläger, d.h. es sah keine Veranlassung für eine private Mitbenutzung.
Entscheidung des BFH (BFH, Urteil v. 16.1.2025 - III R 34/22)
Der BFH hob das Urteil auf und wies die Klage ab. Der Beweis des ersten Anscheins kann durch den sogenannten Gegenbeweis erschüttert werden. Die einfache Behauptung, den betrieblichen Pick-up habe keiner privat genutzt, reicht dafür nicht aus. Vielmehr muss der Steuerpflichtige einen Sachverhalt substantiiert darlegen und ggf. auch beweisen, der die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des der allgemeinen Erfahrung entsprechenden Geschehens ergibt. Der Vollbeweis des Gegenteils ist hingegen nicht erforderlich. Der Beweis darüber, dass eine private Nutzung des Pickups nicht stattgefunden hat, ist also nicht zu erbringen. Nach Auffassung des BFH liegt eine solch substantiierte Sachverhaltsdarlegung gerade nicht vor. Es fehle an einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Aus den festgestellten Tatsachen des FG kann weder bei einer Einzelbetrachtung noch in ihrer Zusammenschau die Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs abgeleitet werden.
Die teilweise als Tatsache festgestellten Argumente der Kläger, wie etwa das Fahrzeug sei der Familie für eine Privatnutzung zu groß gewesen, die Werbefolien sprechen für die ausschließliche betriebliche Nutzung, eine betriebsbedingte Verschmutzung liege vor oder der BMW sei als Familienwagen vorhanden, überzeugten den BFH dabei nicht. Nach Auffassung des BFH reichen die vorgebrachten Argumente nicht für eine Erschütterung des Anscheinsbeweises aus, so dass ein Fehler der Rechtsanwendung vorliegt und der BFH nicht an die Würdigung des FG gebunden ist.