Autoren: Christoph Rauwald und Elisabeth Behrmann
Mercedes-Benz will eine fast rekordverdächtige Anzahl neuer Modelle vorstellen, nachdem die erste Generation batterieelektrischer Autos nicht den gewünschten Erfolg brachte. Das berichteten die Nachrichtenagentur Bloomberg. Im Rahmen der Produktoffensive in den nächsten zwei bis drei Jahren wird der Stuttgarter Hersteller demzufolge auch mehr in sein einträgliches Angebot an konventionell angetriebenen Fahrzeugen investieren. Vor allem Top-Käufer "greifen immer wieder nach unseren Hightech-Autos mit Verbrennungsmotor", sagte Chief Executive Officer Ola Källenius in einem Interview.
"Wir brauchen Flexibilität für einen längeren Zeitraum, bis weit in die 2030er Jahre hinein", sagte Källenius, der an dem Ziel des Unternehmens festhält, bis 2039 CO2-neutral zu sein. "Wir sind nach wie vor entschlossen, in diesem Jahrzehnt elektrische Versionen der gesamten Produktpalette anzubieten, aber wir müssen sicherstellen, dass unsere Autos mit Verbrennungsmotor wettbewerbsfähig bleiben."
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Der Premium-Automobilhersteller hat seine Pläne für die Elektrifizierung zurückgeschraubt, nachdem die Nachfrage vor allem in Europa nachgelassen hat. Mercedes hinkt aber auch Konkurrenten wie BMW hinterher, nachdem sein Elektroauto-Angebot die Käufer mit hohen Preisen und Designfehlern abgeschreckt hat. Die Verkäufe von batteriebetriebenen Fahrzeugen gingen im ersten Quartal um neun Prozent auf 50.500 zurück, während der Absatz des Münchner Rivalen auf 82.700 Fahrzeuge anstieg.
Mercedes EQS verfehlt Erwartungen
Insbesondere der EQS, der seit 2021 erhältlich ist und als eine der bedeutendsten Markteinführungen seit Jahrzehnten gilt, hat die Erwartungen nicht erfüllt. Das zur Optimierung der Aerodynamik abfallende Dach der 109.500 Euro teuren Luxuslimousine war für viele Kunden mit Chauffeur zu eng geschnitten, vor allem unter Käufern in China, die auch Statussymbol-Details wie den charakteristischen dreizackigen Stern von Mercedes auf der Motorhaube vermissten.
Mercedes-Benz EQS (2024)
BildergalerieDer Verkaufsflop trug laut Bloomberg zu der Entscheidung von Mercedes bei, das ehrgeizige Ziel, bis 2030 nach Möglichkeit nur noch Elektroautos zu verkaufen, auf etwa 50 Prozent zurückzunehmen. Die schwache Nachfrage löste auch kostspielige Design-Upgrades aus. Der EQS bekommt mit dem jüngsten Facelift mehr Komfort auf den Rücksitzen und den Stern auf der Motorhaube zurück. Im ersten Quartal drückten die höheren Ausgaben für das von Mercedes so genannte "Lifecycle Management" teilweise auf die Rendite, die von 14,5 Prozent im Vorjahr auf neun Prozent fiel.
Nächstes Jahr wird die nächste Generation von Fahrzeugen auf neuer Basis eingeführt, angefangen mit dem CLA Coupé und später dem GLB SUV. Bei einer Vorpremiere in Sindelfingen demonstrierte Källenius, der sich mit seiner großen Statur auf die Rücksitze zwängte, dass selbst die kleineren Modelle ausreichend Platz bieten. Mercedes plant außerdem, im Jahr 2026 eine elektrische Kompaktversion der G-Klasse auf den Markt zu bringen.
Der CLA wird sowohl als Batterie- als auch als Verbrennungsmotorversion erhältlich sein. Zum Zeitpunkt seiner Markteinführung werde das Modell das aktuelle Portfolio bei einigen Fahrassistenzsystemen und der Rechenleistung anführen, sagte Källenius im Designzentrum des Unternehmens in Sindelfingen.
Verkauf des Daimler-Truck-Anteils als Option
Auch wenn Autos mit Verbrennungsmotor noch länger einträgliche Gewinne abwerfen werden, strebe das Unternehmen weiterhin Einsparungen im Einkauf, bei den Fixkosten und bei nicht unbedingt notwendigen Ausgaben an, sagte Källenius. Mercedes könnte auch bis zu 10,5 Milliarden Euro freisetzen, indem es seinen verbleibenden Anteil an der Daimler Truck verkauft, die 2021 ausgegliedert wurde. Die Haltefrist für die 35-prozentige Beteiligung des Autobauers läuft Ende des Jahres aus.
“Die Beteiligung stellt eine zusätzliche Reserve zu unserer industriellen Nettoliquidität dar", sagte Källenius und fügte hinzu, dass es noch keine Entscheidung gebe. Der Automobilhersteller konzentriere sich "voll auf die Bedürfnisse der Mercedes-Kunden".
Christian