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Mercedes-Niederlassungsverkauf: "Riesenchance für investmentstarke Handelsgruppen"

25.01.2024 14:49 Uhr | Lesezeit: 4 min
Jürgen Stackmann auf der IAA 2019
Jürgen Stackmann
© Foto: VW

Jürgen Stackmann kennt sich in die Vorstandsetagen der Autoindustrie aus. Für AUTOHAUS erklärt der ehemalige Branchenmanager, welche Überlegungen hinter der jüngsten Ankündigung von Mercedes-Benz, seine Handelsniederlassungen in Deutschland auf den Prüfstand zu stellen, stecken.

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AH: Mercedes-Benz stellt seine Niederlassungen ins Schaufenster – Ausverkauf oder "smart move"?

Jürgen Stackmann: Die Entscheidung des Mercedes-Vorstands, die deutschen Niederlassungen zu verkaufen, erscheint mir logisch und folgerichtig, birgt aber für den Hersteller sicherlich auch Risiken.

AH: Warum logisch und folgerichtig?

J. Stackmann: Mercedes-Benz hat sich entschlossen, das echte Agentursystem in Europa einzuführen und befindet sich mitten in dessen Umsetzung. Aus dem Pilotmarkt Österreich erreichen mich klare Signale, dass nach rund einem Jahr Einführungs-Schmerzen die Agentur für den OEM und den Handel inzwischen recht rund läuft – ein gutes Zeichen auch für den deutschen Markt. Die echte Agentur ermöglicht eine zentralisierte nationale Vertriebssteuerung inklusive Preis, Kundengruppe und Vertriebskanal. Zudem hat sich Mercedes wohl ca. 25 Prozent Direktverkauf vertraglich zusichern lassen.

AH: Wozu braucht der Konzern dann eigentlich noch eigene Handelsbetriebe?

J. Stackmann: Da wäre natürlich die gelebte Darstellung und Vermittlung der Markenwerte über die Mitarbeiter

AH: … Aber tun das die besten freien Mercedes-Partner nicht auch in hervorragender Manier?

J. Stackmann: Da wäre die Fähigkeit zum Vertriebs-"Push" – und der bleibt auch in einem Agentursystem bestehen. Das können freie Partner für den Hersteller sicherlich auch lösen, zumal das Wettbewerbsrecht ehedem "Waffengleichheit" zwischen eigenem und unabhängigem Handel einfordert. Die Entscheidung zum Push und den notwendigen Mitteln dafür verbleibt also, wie bislang auch, weitgehend beim Hersteller.

AH: Wie steht es um die Repräsentanz der Marke in strategischen Flagship-Stores?

J. Stackmann: Die stehen bereits und sind rentabel für niemanden führbar. Hier wird Mercedes auch weiterhin mit Subventionen unter die Arme greifen müssen um die dicken Brocken schmackhafter zu machen – wohl in der Regel in "Paketen" mit wirtschaftlich interessanteren Betrieben. Das lässt sich weitgehend vertraglich regeln. Unterm Strich steht hier für mich zuerst einmal eine Riesenchance für aktive, größere und investmentstarke Handelsgruppen auf dem Papier. Möge das Rennen beginnen! Das Mercedes-Team um Britta Seeger wird sich sicherlich gut überlegt haben, dass dieser Schritt endgültig sein wird – einmal verkauft ist halt "weg".

AH: Und für Mercedes?

J. Stackmann: Mercedes braucht Geld zur Finanzierung der Transformation zum "Zero emission"-Luxushersteller. Dazu leistet der Verkauf der eigenen Organisation sicherlich einen Beitrag. Wichtiger für die Börsennotierung ist wahrscheinlich aber die Senkung der Struktur- und Vertriebskosten durch das Outsourcing von ca. 8.000 Mitarbeitern mit Gehaltsstrukturen deutlich oberhalb des üblichen Handels-Branchenschnitts.

AH: Hierhin liegt wahrscheinlich auch das höchste kurzfristige Risiko für MB. Was denken Sie: Werden der Betriebsrat und die vielen Mitarbeiter diesen Weg mitgehen oder nicht?

J. Stackmann: Das werden die kommenden Wochen und Monate zeigen.

AH: Herzlichen Dank!

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KOMMENTARE


Thom

26.01.2024 - 06:14 Uhr

Traumtänzer mit gehörig Abstand zur Realität.


Rudi S.

26.01.2024 - 18:12 Uhr

Schneller Verkauf. Schnelle Rendite in der Bilanz! Aber dann ist das Tafelsilber weg, Herr Kallänius! Und dann? Ein kompetenter Investor wird Ihnen dann schon lernen, wie ein Konzern gelenkt wird! Schnellschussmanagement!


J.Schwab

27.01.2024 - 12:12 Uhr

Das Agentursystem hat sowohl für den Kunden als auch für den Autovertrieb große Nachteile. Eine Kundenbindung besteht nicht mehr. Es werden Monopolstrukturen aufgebaut. Der Händler vor Ort hat praktisch nichts mehr zu sagen. Er kann nur noch den teueren und schwierigen Betrieb der Werkstatt übernehmen. TESLA zeigt es, dass dies immer auf Kosten des Service geht. Aber mittlerweile ist der Kunde wohl Mercedes nicht mehr sehr wichtig.


FW

29.01.2024 - 08:49 Uhr

Für mich eine naheliegende, strategische Entscheidung. Der Handel wird digitaler und geht immer mehr online. Über das Agentursystem hat der Hersteller weiterhin Einfluss ohne Infrastruktur vorhalten zu müssen. Im Service führt der Wechsel zu BEV führt mittelfristig zu erheblich geringerem Ertrag bei weiterhin hohen Kosten. Es wird sicher sehr spannend zu erfahren, mit welchem Geschäftsmodell die Standorte mittel- und langfristig rentabel sein werden.


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