Von Lars Nicolaysen und Annika Graf, dpa
Seit Jahren hatte Nissan dieses Ziel vor Augen. Im Juli dann feierte Europa-Vertriebschef Guillaume Cartier den "historischen Moment": Im ersten Halbjahr übertrumpfte Nissan die Marke Toyota auf dem europäischen Markt. Noch im Juni hatte Cartier abgewiegelt. Er werde nichts Verrücktes anstellen, um den Auto-Giganten Toyota in Europa den Rang unter den asiatischen Herstellern abzulaufen.
Ein Grund zum Feiern? Eher nicht. Die japanischen Autobauer stehen in Europa in einem Verdrängungswettbewerb. In Deutschland sank ihr Marktanteil nach Daten des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) in den vergangenen 20 Jahren von knapp zwölf Prozent auf etwa neun Prozent. Gleichzeitig stieg der Anteil der ausländischen Importeure von 31 auf 36 Prozent. Vor allem die südkoreanischen Hersteller verbesserten ihre Position auf dem deutschen Markt seit Mitte der 1990er Jahre von etwa 1,5 Prozent auf 5,1 Prozent.
Damals hatten die japanischen Autos noch den Ruf, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis mitzubringen, heißt es von den Japan-Experten der Beratung Roland Berger. Doch dieses Attribut liefern inzwischen auch andere ausländische Marken - allen voran Südkoreaner wie Hyundai oder Kia, aber auch die zum VW-Konzern gehörende tschechische Marke Skoda, die damals noch kaum eine Rolle gespielt hatte.
Dabei ist die Nachfrage nach ausländischen Autos nicht gestiegen. "Sowohl Europa als auch die USA sind reife, konsolidierte Märkte", sagt Jan Dannenberg von der Strategieberatung Berylls. Die Autokäufer seien häufig heimisch orientiert. Knapp zwei Drittel des Marktes gehören den europäischen Herstellern, seit zehn Jahren hat sich daran kaum etwas geändert. "Die Marke Daihatsu, die zum Toyota-Konzern gehört, hat sich aus dem europäischen Markt schon zurückgezogen", betont Dannenberg.
Deutschland ist ein harter Markt
In Großbritannien, wo es quasi keine heimischen Autohersteller mehr gibt, sei der Marktanteil ausländischer Marken deutlich höher, sagt ein Sprecher von Toyota Deutschland. Trotzdem will man das Autoland Deutschland nicht aufgeben. "Deutschland mit seiner reichen und langen Automobilgeschichte und -kultur ist ein stark vom Wettbewerb bestimmter Markt, aber wir sehen das als unschätzbare Gelegenheit an, mehr über das Herstellen von immer besseren Autos zu lernen", sagt eine Konzernsprecherin. Auch für Mitsubishi Motors ist Deutschland zwar ein sehr harter Markt, aber dennoch einer der wichtigsten Märkte, noch vor Ländern wie England und Frankreich, wie ein Konzernsprecher sagt.
Nissan hatte es zuletzt auch in Deutschland geschafft, seinen Marktanteil zu steigern. Was auf europäischer Ebene gelang, meisterte der Toyota-Konkurrent auch hierzulande. "Wir sind die führende japanische Marke in Deutschland zum ersten Mal nach 17 Jahren", jubiliert man bei Nissan in Japan. Doch mit 41.500 Neuzulassungen kommt der Autobauer gerade mal auf einen Marktanteil von 2,2 Prozent. Toyota steht bei zwei Prozent.
Qualitätsprobleme
Ob der Wille allein hilft? "Zuletzt machten den Japanern auch Qualitätsprobleme zu schaffen", sagt Berylls-Experte Dannenberg. Deutlich früher als die deutschen Hersteller setzten sie auf Modulstrategien. Sie bauten bereits vor zehn bis 15 Jahren ähnliche Teile ein, was sich im Falle von Rückrufen fatal auswirken kann. Gleichzeitig gelinge es den Japanern nicht, sich von anderen Marken abzusetzen. Vor allem den kleineren Herstellern fehle es an Marketing-Macht, um sich als die Marke der Wahl abzusetzen, so die Einschätzung bei Roland Berger.
Peter Fuß von der Wirtschaftsberatung Ernst & Young ist sich deshalb sicher, dass sich die vielen japanischen Hersteller auf lange Sicht nicht halten können. "Wieso braucht Japan so viele Marken?", fragt er. Sein Argument: Auf lange Sicht können nur Hersteller mit Premium-Marken überleben - dazu gehört neben Toyotas Lexus auch Nissans Infiniti. "Alle anderen haben zu kämpfen." Und so wird der Wettkampf zwischen den japanischen Herstellern in Deutschland wohl eher zu- als abnehmen, wenn auch mit Augenmaß.
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Andreas Hartmann
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