Ohne Krawatte, in Jeans und Sneaker - Daimler-Boss Dieter Zetsche wagte sich am Sonntag ganz leger gekleidet an einen für ihn ungewöhnlichen Ort. Der Auto-Manager kam nach Münster zum Bundesparteitag der Grünen und stellte sich. Für seine Rede bekam er viel freundlichem Applaus und am Ende nur vereinzelte Buhrufe. Die Grüne Jugend hatte Zetsche zum Start seiner Rede im Saal mit einem Aufmarsch empfangen. Der Parteinachwuchs hielt Protestplakate in die Höhe und trug aufgeklebt den berühmten Zetsche-Schnäuzer. "Einigen von Ihnen steht das richtig gut", sagte der Manager und wartete ab, bis der Nachwuchs von der Parteitagsregie freundlich wieder zur Seite gebeten wurde.
Zetsche bekannte sich in seiner Rede zu den vereinbarten Klimaschutzzielen und betonte Übereinstimmungen mit den Forderungen des Grünen-Vorstands. "Die Grünen sagen, dass die Automobilindustrie nur überleben wird, wenn sie ein emissionsfreies Fahrzeug entwickelt. Das sehe ich genauso", sagte Zetsche zu den Delegierten. Applaus im Saal.
Im Vorfeld des Auftritts hatte es Proteste gegeben. Ein Autoboss auf dem Grünen-Parteitag? Einigen Mitgliedern der Umweltpartei war die Einladung von Parteichef Cem Özdemir bitter aufgestoßen. Tatsächlich hat eine Einladung wie diese Seltenheitswert - nicht nur bei den Grünen. Weder Zetsche noch andere Wirtschaftsbosse sind bei vergleichbaren Gelegenheiten die Regel. Wer ein Gesprächsangebot bekommt, sollte den Dialog auch annehmen, sagte der Daimler-Chef in Münster.
Grünen-Chefin greift Zetsche an
Grünen-Chefin Simone Peter hatte den Autoboss vor dessen Gastauftritt beim Bundesparteitag in Münster attackiert. "Eine halbe Milliarde Umsatz mit Militärfahrzeugen ist immer noch 500 Millionen zu viel." Mit zögerlichen Investitionen in Elektroautos und Tricks bei den Schadstoffwerten riskierten die Automobilkonzerne "radikale Brüche und Arbeitsplätze".
Die Grünen wollen von 2030 an keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr neu zulassen. "So stärken wir diejenigen, die an der Zukunft der emissionsfreien und nachhaltigen Mobilität mitwirken wollen", heißt es im Beschluss des Bundesparteitags. Das Datum schaffe klare Ziele und Planungssicherheit.
Der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, begrüßte grundsätzlich die Forderung der Grünen nach einem Verbot für Neuzulassungen von Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2030. Man müsse aber differenzieren - es gebe Motoren, die schneller von der Straße müssten. Gasmotoren könnten dagegen für den Übergang hilfreich sein. (dpa)
Andreas