Von Michael Gebhardt/SP-X
Jetzt also hat es auch den Boxster erwischt, vorbei die Zeit des frei atmenden Motors. Mit dem Facelift ändert sich an der Optik zwar nicht viel – am auffälligsten ist das schwarze Band zwischen den Heckleuchten –, dafür aber unter der Haube umso mehr. Zukünftig zwingt nämlich auch dem kleinen Zuffenhausener ein Turbolader die Luft mit Gewalt in den Motor. Und noch schlimmer: Er muss zwei Brennkammern abgeben, fährt fortan nur noch mit einem Vierzylinder-Boxer vor. Während Enthusiasten die Hände über dem Kopf zusammenschlagen, gibt es objektiv nichts, was dagegen spricht: Die Aufladung bringt mehr Leistung, bei weniger Verbrauch. Aber kann das die Kunden überzeugen? Ab Ende April muss es der mindestens 53.646 Euro teure Boxster mit dem neuen Namenszusatz 718 unter Beweis stellen.
Spätestens nach einer Probefahrt dürften die meisten Interessenten ihre Zweifel über Bord werfen. Ja, der neue Motor ist standesgemäß. Ihn in den, neuerdings in Anspielung an vierzylindrige Ahnen aus den 1950er-Jahren zusätzlich 718 genannten Boxster zu bringen, war aber gar nicht so einfach: Zwar haben die Aggregate für Boxster und Boxster S weniger Zylinder, doch der Turbolader nimmt einiges an Platz in Anspruch. Das Basistriebwerk wartet zukünftig mit zwei Litern Hubraum auf und kommt auf 220 kW / 300 PS und 360 Newtonmeter Drehmoment, die dank des Turbos schon bei 1.950 Umdrehungen anliegen. Das S-Modell bekommt einen halben Liter mehr Platz für die Verbrennung und einen Lader mit variabler Turbinengeometrie. Das Ergebnis: 257 kW / 350 PS und satte 420 Newtonmeter.
Und wehe wenn die Losgelassen: Knapp unterhalb von 2.000 Touren fallen sie komplett über die Hinterachse her und katapultieren den rund 1,4 Tonnen schweren Zweisitzer nach vorne. Fahrer und Sozius werden von den straffen Sitzen förmlich aufgesogen – und die Mundwinkel verziehen sich zu einem Lächeln. Sechs Zylinder? Wozu? Vor allem Otto-Normal-Porschefahrer profitiert von den neuen Motoren. Dank des Turbos braucht es keine hohen Drehzahlen mehr: Früher waren schon drei-, viertausend Touren nötig, um zackig vom Fleck zu kommen, jetzt gelingt der Kavalierstart an der Ampel auch Ungeübten kinderleicht. Knapp über dem Leerlauf schiebt der Boxster ordentlich an, und zum Überholen reicht ein kurzes Zucken mit dem rechten Fuß. Die Schaltvorgänge überlässt man dabei am besten dem Doppelkupplungsgetriebe (PDK, rund 2.800 Euro), das seine sieben Gänge souverän und in Windeseile sortiert. Wer die Gangwechsel lieber selber vornimmt, bekommt den 718 aber auch als Handschalter.
Knurren statt röcheln
Auch die ambitionierten Fahrer brauchen den Turbo nicht zu fürchten. Wer will, schaltet in den Sport-Modus der den Boxster spürbar strafft und dreht die Gänge bis zum Begrenzer aus – der schiebt erst jenseits der 7.000er-Markierung den Riegel vor. Dank der Dynamic-Boost-Funktion hält der Motor den Ladedruck aufrecht, wenn man kurz vom Gas geht. So steht sofort wieder die gesamte Kraft zur Verfügung, sobald man das rechte Pedal nur leicht niedertritt; ein Sauger könnte es kaum besser machen. Über den Response-Button am Lenkrad lässt sich außerdem der Boost-Modus aktivieren: Der schaltet für 20 Sekunden alle Systeme auf maximale Beschleunigung – ideal um den Hintermann abzuhängen. Einziges Manko: Der Sound. Der wurde durch den Turbo deutlich sonorer, tiefer. Statt zu röcheln, verleiht der Porsche seiner Kraft jetzt knurrend Ausdruck. Am besten dringt der Klang nach wie vor ohne das Stoffdach ans Ohr. Wie gut, dass es nur kurzweilige neun Sekunden dauert, bis das Verdeck sich hinter den Sitzen verstaut hat. Das funktioniert sogar noch bei Stadttempo.
Den etwas entschärften Klang macht der Stuttgarter spätestens mit nochmals verbesserten Fahreigenschaften wieder wett: Der Zweisitzer lenkt dank einer direkteren Lenkung noch präziser ein, die steifere Hinterachse sorgt in der Kurve für noch mehr Stabilität und eine auf Wunsch erhältliche mechanische Quersperre im Heck trägt das Ihre zur Fahrdynamik bei. Ab 120 km/h drückt außerdem der ausfahrbare Spoiler den Porsche in Richtung Asphalt und sorgt für mehr Bodenhaftung. Der Boxster ist aber nicht nur sportlicher, sondern sogar etwas komfortabler geworden. Dank optionaler, adaptiver Dämpfer fühlen sich nun auch rückengeschädigte wohl, solange sie den Normalmodus nicht verlassen. Apropos Fahrmodus: Wer es sich zutraut, kann die elektronischen Regelsysteme in die Schranken weisen und mit dem Boxster nochmal deutlich mehr Spaß haben. Profis können den Stabilitätswächter sogar komplett deaktivieren.
Und wie sieht es nun mit dem Verbrauch aus? Nur noch 6,9 Liter soll der Boxster brauchen, der S nimmt sich im Mittel 7,3 Liter – jeweils mit PDK, die Handschalter gönnen sich gut einen halben Liter mehr. Wer den 718 standesgemäß bewegt, wird die Papierwerte aber nur als Phantasiezahl kennen, zehn Liter oder mehr sind bei flotter Fahrt keine Seltenheit; das abgenutzte Sprichwort "Turbo läuft, Turbo säuft" wollen wir hier nicht noch einmal bemühen. Den eigenen Kontostand sollte man vor dem Kauf aber ohnehin gut prüfen, denn beim Einstiegspreis wird es selten bleiben: Die Aufpreisliste hält teure Köstlichkeiten wie LED-Scheinwerfer, Navigation und Onlinezugang für das neue, größere Infotainmentsystem oder die Keramikbremsen – für stolze 7.320 Euro bereit. Nur in Sachen Fahrerassistenz findet sich außer einem Totwinkel-Warner und Parksensoren nichts. Der Endpreis wird aber trotzdem nur selten unter 70.000 Euro bleiben liegen, aber vielleicht lässt zukünftig ja am Hotel sparen: Mehr als ein Kurzurlaub ist mit den beiden kleinen Kofferräumen (vorne 150 Liter, hinten 125 Liter) nämlich nicht drin.