Von Rebecca Krizak, dpa
Das Zelt im Garten muss noch aufgebaut werden. Doch so viele Gäste wie der ehemalige VW-Chef Carl H. Hahn zu seinem 90. Geburtstag an diesem Freitag (1. Juli) erwartet, werden kaum dort hineinpassen. Etwa 250 Freunde und Familienmitglieder wollen mit ihm feiern. Die Gratulanten hat Hahn deshalb auf zwei Tage verteilt, die Feier bis zum Samstag verlängert.
Das passt zu einem Menschen, der auch Jahre nach seiner Pensionierung jeden Tag zur Arbeit geht und auch dort die Zeit einfach verlängert. Eine eigene Stiftung, die sich mit Bildung befasst, hat Hahn gegründet. Außerdem ist er Mitglied in verschiedenen Kuratorien und Vorständen. Teil einer sich verändernden Welt zu sein, hält ihn fit. "Bei meiner Pensionierung hat noch kein Mensch mit dem Internet gearbeitet und niemand ein Handy in der Tasche gehabt. Bei dieser Veränderung dabei zu sein zu können, ist ein Geschenk", erklärt er.
Zum Autobauer VW kam der in Chemnitz geborene Industriellen-Sohn 1954 als Leiter der Exportförderung. Von 1959 bis 1964 leitete er "VW of America". Zurück in Wolfsburg, wurde er Vorstandsmitglied und Verkaufschef für den Konzern. Nach Differenzen um die Unabhängigkeit von Audi mit dem damaligen VW-Chef Rudolf Leiding verließ Hahn VW 1972 und übernahm die Führung der damaligen Continental-Gummi-Werke AG in Hannover.
VW wird europäischer Marktführer
Zehn Jahre darauf kehrte er überraschend als VW-Vorstandsvorsitzender nach Wolfsburg zurück. Unter seiner Führung wuchs das Unternehmen zum europäischen Marktführer heran. In Hahns Ära fiel der Kauf von Seat und Skoda ebenso wie die Weichenstellung für Geschäfte mit China – die heute mit Abstand wichtigste Verkaufsstütze des Konzerns. Er sei ein Mann mit Benzin im Blut, sagte einst Ferry Porsche über Hahn.
1993 übernahm Ferdinand Piëch den Chefposten, Hahn wechselte noch bis 1997 in den Aufsichtsrat. "Ich bin froh, dass ich die Chance hatte, immer am richtigen Ort zu sein. Sei es bei VW, bei Continental oder später wieder bei VW", sagt er rückblickend.
Vor drei Jahren starb Hahns Frau Marisa, mit der er vier Kinder hatte. Das sei ein tiefer Einschnitt in seinem Leben gewesen, erzählt er. Bald kürzer zu treten oder tatsächlich die Arbeit zu beenden – daran denkt Hahn aber nicht. "Ich freue mich immer auf den Urlaub. Aber das ganze Jahr lang Urlaub zu haben, kann langweilig sein – oder kostet viel Geld."
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