Der einst mächtige Autoboss Carlos Ghosn (65) hat nach eigenen Angaben in Japan Post von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron erhalten. Das Schreiben sei ihm im November von Macrons Vorvorgänger Nicolas Sarkozy überbracht worden, sagte Ghosn der französischen Wochenzeitschrift "Paris Match". Angaben zum Inhalt machte der frühere Renault-Chef nicht. Der französische Staat hält an Renault 15 Prozent der Anteile.
Ghosn gab das Interview in Beirut - dorthin war er Ende Dezember unter bisher nicht ganz geklärten Umständen aus Japan geflüchtet. Der frühere Topmanager und Architekt des Autobündnisses mit Nissan war am 19. November 2018 in Tokio unter anderem wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und angeklagt worden. Im April 2019 wurde er unter strengen Auflagen auf Kaution aus der Untersuchungshaft entlassen. Er hatte die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen.
Ghosn wies im Interview die Annahme zurück, er habe ein gespanntes Verhältnis zu Macron. Er räumte aber Meinungsverschiedenheiten ein - "ein Unternehmenschef ist kein Ja-Sager". Macron hatte sich im Skandal um Ghosn im vergangenen Juni bei einem Japan-Besuch merklich zurückgehalten. Als Präsident könne er sich nicht öffentlich in einen Rechtsfall einmischen, hatte er gesagt.
Auf eine Frage des Blattes zu zweifelhaften Zahlungen eines Renault-Gemeinschaftsunternehmens mit Nissan mit Sitz im Amsterdam sagte Ghosn, er sei nicht aufgefordert worden, Kosten für Flugreisen oder Schenkungen an Universitäten zu rechtfertigen. Er sei damals für die französisch-japanische Autoallianz von Renault, Nissan und Mitsubishi und beteiligte Unternehmen verantwortlich gewesen. "Heute sind vier Menschen nötig, um mich zu ersetzen. Addieren Sie ihre Gehälter, die ihrer Mitarbeiter, ihre Reisen, ihre Kosten: Sie werden sehen, dass ich in Wirklichkeit ein Low-Cost-Chef war!" Anwälte von Ghosn in Japan teilten mit, dass sie mit der Verteidigung aufhörten. (dpa)