Die Daimler AG schränkt die Belieferung mit jungen Gebrauchtwagen ein. Laut einem Rundschreiben des Stuttgarter Herstellers an die Handelspartner, das AUTOHAUS Online vorliegt, sollen voraussichtlich ab 1. Januar 2011 so genannte "neuwagennahe" Fahrzeuge mit einer Laufleistung bis 8.000 Kilometer und einem Alter bis 15 Monate nur noch den Niederlassungen sowie autorisierten Händlern und Servicepartnern mit Neufahrzeugvermittlungsrecht zur Verfügung stehen.
Der Mercedes-Benz-Vertrieb vermarktet seit Jahren Gebrauchtwagen über die konzerneigene "Drehscheibe". Bislang hatten auch freie Händler Zugang zum Angebot des Herstellers. Da nun jedoch vermehrt junge Gebrauchte mit neuwertigem Zustand vorhanden seien und in direktem Wettbewerb mit Neuwagen stünden, habe man sich für einen neuen "selektiven Vertriebskanal" mit eigenem Vertriebsvertrag entscheiden, hieß es. Der Verkauf der jungen Gebrauchten an nicht autorisierte Wiederverkäufer ist dabei ausdrücklich untersagt. Dazu zählen auch freie Händler sowie Servicepartner ohne Vermittlungsrecht. Laut der aktuellen AUTOHAUS-Händlernetzstatistik gehören dem deutschen Daimler-Netz neben 445 Handelspartnern 477 Servicebetriebe mit Neuwagenvermittlung sowie 79 Werkstätten ohne Vermittlungsrecht an.
Die Veränderung im Drehscheibengeschäft ist Bestandteil des Marktsteuerungsmodells, das das Geschäft mit Neuwagen und neuwagennahen Autos vernetzt regeln soll. Daimler will damit nach eigenen Angaben zusätzliche Kundenpotenziale im Privatsegment erschließen, den autorisierten Retail wirtschaftlich voranbringen und die Wettbewerbsposition von Mercedes-Benz ausbauen.
Vertragspartner zufrieden
Händlerverbandspräsident Peter Ritter sieht durch die Kanalisierung in ein autorisiertes Netz den Vertragshandel gestärkt: "Junge Gebrauchte kommen nur dorthin, wo ein Stern auf dem Dach ist." Der Verband der Vermittler und Servicepartner für Mercedes-Benz (VVMB) beurteilt das Marktsteuerungsmodell "grundsätzlich positiv". Für die Mehrheit der Verbandsmitglieder bedeute dies eine positive Entwicklung in allen Geschäftsfeldern. Seit fast einem Jahr stehe man mit dem Hersteller in intensiven Verhandlungen zur Neuregelung des Fahrzeuggeschäfts bei autorisierten Servicebetrieben.
Volkswagen hatte bereits zum 31. Dezember 2009 seinen Servicepartner die GW-Lieferung einseitig aufgekündigt (wir berichteten). Mit der Neuregelung sollten die Qualitäts- und Beratungsstandards in diesem Bereich sichergestellt und die Erträge der Händler verbessert werden. Auch Audi vertreibt Jahreswagen seit 1. Mai 2010 ausschließlich über die Vertragshändler. Der Hersteller begründete die Konzentration der GW-Verkaufsaktivitäten auf den Handel mit der mangelnden Kompetenz der Service-Betriebe hinsichtlich Fahrzeugvermarktung und -übergabe. (se)
C. Fredebeul
Bernd Ernst