Mit einer Verzögerung von einem Dreivierteljahr hat der Autobauer Ford die Serienproduktion seines ersten Elektro-Pkw gestartet, der im großen Stil in Europa hergestellt wird. Die ersten Stromer des Modells Ford Explorer rollten am Dienstag in Köln vom Band und wurden Kunden übergeben. Ford hatte knapp zwei Milliarden Euro investiert, um die Produktionsstätte auf Elektrokurs zu trimmen. Ursprünglich hatte es im September losgehen sollen, doch wegen eines neuen Batteriestandards dauerten die Vorbereitungen länger als erwartet.
Die Herstellungskapazitäten des neuen Stromer-Werks liegen bei 250.000 Autos pro Jahr. Neben dem Explorer – einem kompakten Geländewagen – soll noch ein weiteres Elektromodell gefertigt werden. Allerdings werde man diese Kapazität nicht schon nächstes Jahr brauchen, sagte der Vertriebschef von Ford in Deutschland, Christian Weingärtner. "Die Kapazität ist genau richtig, um mit dem Markt mitzuwachsen." Verkaufsziele nannte er nicht.
Später Einstieg in den Elektromarkt
Der Autobauer ist bei der Elektromobilität spät dran, Konkurrenten wie Tesla, VW und andere Autobauer sind vorgeprescht, auch China mischt mit. Auf die Frage, wie Ford als Neuling so spät noch erfolgreich in den Elektromarkt rein kommen will, sagte Weingärtner, jetzt sei der richtige Zeitpunkt, schließlich sei Elektro keine Nische mehr. "Jetzt wächst der Markt und er ist groß genug, dass wir eine Fabrik vernünftig laufen lassen können."
Ford Explorer (2024)
BildergalerieFord setzt bei dem Auto auf Bauteile von VW – die sogenannte Plattform des Pkw samt Batterie kommt aus Wolfsburg. Die Batterie lässt sich den Angaben zufolge binnen 26 Minuten von zehn auf 80 Prozent auffüllen, ihre Reichweite liegt bei 602 Kilometern und der Einstiegspreis beträgt 48.500 Euro. Eine günstigere Explorer-Variante mit einer schwächeren Batterie soll später auf den Markt kommen und 42.500 Euro kosten.
Explorer als erstes Elektro-Massenprodukt
Der US-Konzern hat schon einmal ein Elektroauto in Deutschland produziert, von 2013 bis 2018 wurde eine BEV-Version des Focus in Saarlouis hergestellt – dies allerdings nur in kleiner Stückzahl und ohne großen Erfolg. Ein anderes Elektroauto von Ford ist noch auf dem Markt, der Sportwagen Mustang Mach-E wird in Mexiko hergestellt – auch dies ist eher ein Nischenprodukt. Der Explorer aus Köln ist für den US-Konzern nun die erste große Elektro-Massenproduktion im Pkw-Bereich.
- Ford: Stark bei den Nutzfahrzeugen – und wie läuft es bei den Pkw?
- Ford E-Transit Custom im Test: Überlegen mit E
- Analyse zur Elektroauto-Wende: Mercedes besser, VW fällt zurück
Branchenkenner äußerten sich zurückhaltend über die wirtschaftlichen Perspektiven von Ford als Elektroauto-Hersteller. "Ford legt spät los und hat ein schlechtes Timing, da die Nachfrage am E-Auto-Markt derzeit schwächelt", sagt Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut Bochum. "Die Konkurrenten haben Überkapazitäten, die sie zu relativ niedrigen Preisen in den Markt drücken – das verschlechtert die Situation von Ford noch zusätzlich."
In Köln hat Ford rund 13.000 Beschäftigte und damit deutlich weniger als noch vor einigen Jahren. In dem Werk wurde jahrzehntelang der Kleinwagen-Klassiker Ford Fiesta produziert, sein letztes Exemplar rollte vergangenes Jahr vom Band.